Bettwanzen-Plage auch in München? Experte klärt über Befall und Bekämpfung auf

Die kleinen Tiere geistern gerade durch alle Medien. Ist auch München betroffen? Ein Experte erklärt, wie sich ein Befall verhindern lässt und wie man sie wieder loswird.
von  Carmen Merckenschlager
Eine Taschenlampe gehört zur Standartausrüstung von Schädlingsbekämpfer Jason Puschmann.
Eine Taschenlampe gehört zur Standartausrüstung von Schädlingsbekämpfer Jason Puschmann. © Daniel von Loeper

München - Bei dem Gedanken fängt es am Körper an zu jucken: Bettwanzen haben sich im eigenen Zuhause eingenistet. In Paris ist derzeit von einer regelrechten Plage die Rede. In Hotels, in Zügen, überall scheinen sich die kleinen Wanzen wohlzufühlen und saugen dabei das Blut von Touristen und Einheimischen gleichermaßen. Bilder der Schädlinge in der U-Bahn oder im Zug kursieren im Internet.

Als Gründe für die anwachsende Plage wird häufig der Tourismus genannt. München hat schließlich auch viele Touristen. Juckt es die Münchner also schon zurecht?

Konkrete Zahlen dazu gibt es nicht. Bettwanzen sind nicht meldepflichtig. Deshalb liegen dem Münchner Gesundheitsreferat dazu keine Daten vor, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilt.

Bettwanzen werden laut Umweltbundesamt zwischen 4 und 8,5 Millimeter groß.
Bettwanzen werden laut Umweltbundesamt zwischen 4 und 8,5 Millimeter groß. © Imago

München ist noch kein Bettwanzen-Hotspot

Auch beim Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Bayern ist man bisher völlig unbesorgt. Vonseiten der Gäste liegen der Dehoga keinerlei Beschwerden vor. "Nach erfolgter Rücksprache mit einigen Hoteliers besteht das Problem in München nicht", heißt es.

Schädlingsbekämpfer Jason Puschmann (34) beurteilt die Bettwanzen-Lage indes ein wenig anders. Zwar gäbe es längst noch keine Plage in München, aber "ein leichter Anstieg ist auf jeden Fall zu verzeichnen", sagt Puschmann.

Der gebürtige Schwabe ist gelernter Schädlingsbekämpfer und arbeitet mittlerweile selbstständig in München. Gesehen hat er dabei schon einiges an Schädlingen, die sich in Münchner Wohnungen eingenistet haben. Von der Bettwanze bis zu Ratten über Schaben, Puschmann rückt dem Getier zu Leibe.

Gegen Münchner Bettwanzen arbeitet er fast täglich. "Gestern war ich sechs Mal wegen Bettwanzen draußen. Heute viermal", erzählt er der AZ vergangene Woche. Ein leichter Anstieg sei bei den Parasiten zu verzeichnen, Zustände wie in Paris befürchtet er aber für München nicht.

Bettwanzen: Die kleinen Quälgeister wird man nur schwer wieder los

Aber wie kommt es überhaupt zu den unfreiwilligen Mitbewohnern? Galten Bettwanzen doch laut Umweltbundesamt in Deutschland fast als ausgerottet. Gründe dafür sieht Puschmann zum einen ebenfalls im Tourismus. "In München sind Menschen aus aller Welt zu Gast. Nicht nur zur Wiesn. In Koffern reisen die Bettwanzen dann mit", sagt der Fachmann.

Deshalb sieht Puschmann besonders Hotels in der Pflicht, auf einen möglichen Befall zu achten. Vor allem Aufklärung sei wichtig. "Reinigungskräfte müssen diesbezüglich geschult werden. Das ist bei etwaigen Sprachbarrieren nicht immer ganz einfach. Aber wichtig ist, wenn es zu einem Befall kommt, dass frühzeitig gehandelt wird."

Er erinnert sich an einen Auftrag in einem Hotel in München, bei dem die Bettwanzen viel zu lange Zeit hatten, sich auszubreiten. "Das ganze Kopfteil des Bettes war bereits vom schwarzen Blutkot der Wanzen bedeckt. Das muss vorher auffallen", sagt er.

Frühes Handeln macht die Beseitigung der Parasiten einfacher. Laut Puschmann gibt es zwei Möglichkeiten, um die Insekten wieder loszuwerden. Zum einen eine thermische, zum anderen eine chemische Behandlung.

Bei der thermischen Behandlung wird ein Gegenstand, wie zum Beispiel ein Koffer auf über 60 Grad erhitzt, um die Insekten abzutöten. Bei einem großen Befall muss die ganze Wohnung stark aufgeheizt werden. Heizung hochdrehen hilft da aber nicht. "Ein Herr mit einem Befall hat mir mal erzählt, dass seine Dachgeschosswohnung im Sommer ohnehin sehr warm werde. Ob das nicht reiche? Da kann ich nur sagen: Nein!", so Puschmann. Mit speziellen Heizlüftern rückt der Schädlingsbekämpfer dann an. Dafür braucht es einen Starkstrom-Anschluss, das sei alles sehr aufwendig und dadurch nicht ganz günstig. "Aber es ist sehr effektiv, weil nicht nur die lebenden Tiere, sondern auch die Larven und Eier zerstört werden", erklärt der Schädlingsbekämpfer.

Außerdem gibt es die Möglichkeit, mit Gift gegen die Tiere vorzugehen. Puschmann rückt dann mit Schutzanzug und Sprühgerät an, um die befallenen Stellen zu behandeln. "Die Tiere finden sich im Bett, hinter Leisten, teils sogar hinter Steckdosen. Je nach Befall. Das ist dann eine richtige Detektivarbeit", erklärt der 34-Jährige.

Manchmal hilft nur noch Gift gegen das Ungeziefer: Dann rückt Puschmann mit Schutzanzug an. Bettwanzenbefall beginnt meist am Kopfteil, denn die Tiere werden von menschlichem Atem angezogen.
Manchmal hilft nur noch Gift gegen das Ungeziefer: Dann rückt Puschmann mit Schutzanzug an. Bettwanzenbefall beginnt meist am Kopfteil, denn die Tiere werden von menschlichem Atem angezogen. © Daniel von Loeper

Finger weg von Mittelchen aus dem Internet

Strikt lehnt Puschmann eine Behandlung mit selbstgekauften Mitteln aus dem Internet ab. "Das sage ich nicht, weil ich mehr Geld verdienen möchte", sagt er. Ein Bettwanzenbefall müsse aber immer vom Fachmann behandelt werden. "Die Mittel, die es für wenige Euro im Internet gibt, haben einen viel zu geringen Wirkstoffgehalt. Sonst würden sich die Leute zu schnell selber vergiften. Stattdessen führen die Mittel zu Resistenzen bei den Tieren. Ein Befall lässt sich damit aber nicht beseitigen!", warnt er.

Je nach Behandlungsart, Wohnungsgröße und Stärke des Befalls verlangt Puschmann zwischen 400 und 1.200 Euro. "Das sind aufwendige Verfahren. Bei chemischen Behandlungen müssen wir mindestens zwei Mal kommen. Aber nur so wird man den Tieren Herr", sagt Puschmann.

Auch warnt er vor möglicher Abzocke: "Ich kenne eine Dame, die hat 1.200 Euro dafür bezahlt dass ihr ein einfacher Fogger (ein Vernebler von Gift, d. Red.) in die Wohnung gestellt wurde. Das ist Abzocke. Auch bei sofortiger Barzahlung müssen die Alarmglocken losgehen."

Wichtig also: Wenn es zum Befall kommt, sollte der Fachmann konsultiert werden. Anzeichen für einen Bettwanzenbefall sind kleine schwarze Flecken, zuerst am ehesten im Bereich des Kopfteils des Bettes sowie Stiche. "Nicht jeder reagiert auf die Bettwanze." Aber die Stiche treten anders als bei Mücken in "Straßen" auf. "Die Bettwanze sticht nicht nur einmal, sondern mehrmals zu", weiß Puschmann.

Bettwanzen gibt's nicht nur in Haushalten mit mangelnder Hygiene

Gefährlich sind die Käfer nicht. Auch über den hygienischen Zustand einer Wohnung sagen sie nichts aus. "Ich habe auch schon bei sehr reichen, sehr gepflegten Menschen Bettwanzen entfernt", erzählt Puschmann. Nicht zu unterschätzen sei aber die psychische Belastung, die die Tiere hervorrufen können. "Manche ziehen deshalb aus ihrer Wohnung aus, weil sie Ängste oder Schlafstörungen wegen der Bettwanzen entwickeln." Auch Puschmann selber träumt immer wieder mal von Bettwanzen, wenn er besonders heftigen Befall gesehen hat: "Dann aber doch lieber noch im Traum als im eigenen Bett."

Und was, wenn man im Urlaub ist? So beugen Sie vor

Die Unterkunft, die im Internet noch so schmuck aussah, wirkt vor Ort vielleicht nicht mehr so ansprechend und ein Bettwanzenbefall schießt dem Reisenden durch den Kopf. Der Schädlingsbekämpfer hat Tipps, wie sich im Urlaub die Gefahr, Bettwanzen mit nach Hause zu schleppen, auf ein Minimum reduzieren lässt.

  • Selbst die Matratze anheben: Die Wanzen sind nachtaktiv. Am Tag lässt sich aber bei einem Befall der Kot der Tiere erkennen. "Der Blutkot der Bettwanze besteht, wie der Name schon sagt, zu großen Teilen aus menschlichem Blut. Es sind dunkle kleine Flecken, die sich mit einem angefeuchteten Finger leicht verwischen lassen", erklärt Puschmann. In dem Fall sollte der Gast am besten um ein neues Zimmer bitten und die Unterkunft auf den Befall aufmerksam machen.
  • Koffer so weit wie möglich vom Bett entfernt ablegen: "Auch auf extra Kofferablagen können sich die Tiere eingenistet haben", so der Schädlingsbekämpfer. Das Gepäck also am besten außerhalb des Schlafzimmers aufbewahren.
  • Schlafanzug im Bett belassen: Einmal aus dem Koffer ausgeräumt, sollte der Schlafanzug im Bett verbleiben. "Bei Abreise verstaut man den Schlafanzug am besten in einer dichten Plastiktüte. Verschlossen im Koffer kann da kaum noch etwas passieren. Vor Abreise am besten auch noch Duschen gehen", erklärt Puschmann.
  • Heiß waschen: Den benutzten Schlafanzug zu Hause direkt bei mindestens 60 Grad in die Waschmaschine geben. "Das tötet die Bettwanzen ab", weiß Puschmann.

Häufig wird auch empfohlen, den Koffer – wieder zu Hause angekommen – erst einmal in der Badewanne zu lagern, weil dann abwandernde Wanzen schnell erspäht werden können.

Wer sich trotz Maßnahmen nicht wohlfühlt und auf Nummer sicher gehen will, dem rät Puschmann zu einem Besuch beim Schädlingsbekämpfer. "Ein Koffer kann leicht thermisch behandelt werden. So ist man auf der ganz sicheren Seite", so der Experte. 

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