Betrüger entführt und geschlagen: Bewährungsstrafe für Selbstjustiz

Ein 33-jähriger Landwirt musste sich vor dem Amtsgericht München verantworten. Er hatte zusammen mit zwei Freunden einen Autohändler entführt und verprügelt - der selber wiederum auch nicht gerade ein Unschuldslamm ist und die Gruppe zuvor mies abgezogen hatte.
Lukas Schauer |
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Wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung verurteilte das Amtsgericht die Angeklagten.
Wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung verurteilte das Amtsgericht die Angeklagten. © Nicolas Armer/dpa

München - Auch wenn er einen - aus seiner Sicht - guten Grund gehabt haben mag: Selbstjustiz zu üben ist nie die beste Idee, das musste in diesem Fall auch der 33-Jährige aus dem Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz erfahren: Das Amtsgericht München verurteilte den Landwirt und seine beiden Mitangeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten mit Bewährung und erlegte ihnen die Zahlung von je 3.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung auf.

Ihr Fall darf aber durchaus als kurios wie spektakulär gelten. Was war passiert? Der 33-Jährige hatte Vertrauen zu einem 24-jährigen Autohändler aus München gefasst, weil der ihm einen Käufer vermittelt hatte, der dem 33-Jährigen auch schon eine Anzahlung geleistet hatte. So weit, so gut.

Betrüger ergaunert sich 375.000 Euro

Was der Landwirt nicht wusste: der 24-Jährige war bereits mehrfach wegen Autobetrügereien vorbestraft. Dieses Mal allerdings ergaunerte er sich mit einer vermeintlichen Goldschatz-Geschichte viel Geld. Eines Tages fragte er den 33-Jährigen, ob dieser nicht etwas von dem angeblich in Rumänien gelagerten Gold haben wolle. Wollte er natürlich - und zahlte deswegen insgesamt rund 375.000 Euro an den 24-Jährigen. Das Geld sei nötig für den Transport. Von seinen beiden Freunden lieh sich der 33-Jährige extra noch 50.000 Euro.

Ende April 2020 wurde den dreien dann aber bewusst, dass der Autohändler sie abgezogen hatte. Sie beschlossen, sich zu rächen und das Geld zurückzuholen. Sie lockten den 24-Jährigen im Mai zu sich. Dieser gab an, das Geld in seiner Wohnung zu haben. Dort angekommen, sprang er aus seinem Auto und flüchtete sich ins Haus, wohin ihm die Gruppe nach Eintreten der Tür folgte. Bevor dem 24-Jährigen jemand helfen konnte, zog ihn die Gruppe um den Angeklagten aus dem Haus, verfrachtete ihn in den Kofferraum seines BMW X5 und fuhr in ein Waldstück, um ihn dort zu verprügeln.

Erst Prügel für den Betrüger, dann für die Entführer

Der Händler erklärte nun, das Geld in Vaterstetten zu haben. Also packte die Gruppe ihn wieder in den Kofferaum und machte sich auf den Weg. Dann stoppte plötzlich der Bruder des 24-Jährigen die Fahrt. Er hatte den BMW und die Situation zuvor erkannt und kam seinem Bruder nun zu Hilfe. Als er sein Auto auf der Straße quer stellte, wollte der Angeklagte herum fahren. Dabei erwischte er jedoch seine Lebensgefährtin, die ebenfalls an der Aktion beteiligt war und verletzte sie so schwer, dass kurzzeitig eine Amputation des Unterschenkels im Raum stand.

Nun kamen noch weitere Familienangehörige des Händlers dazu und vermöbelten ihrerseits den 33-Jährigen und seine Freunde - selbst dann noch,  als die Polizei bereits vor Ort eingetroffen war.

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Selbstjustiz vor Gericht: Bewährungsstrafen

Vor Gericht gestand der 33-Jährige Tat. Die Richterin wertete den Umstand, dass "es sich um eine Ausnahmesituation, bei der der Angeklagte  um ca. 375.000 Euro durch diverse Tathandlungen seitens des Geschädigten betrogen worden war" und er nicht nur sein eigenes Geld, sondern auch das seiner Freunde verloren hatte, zu seinen Gunsten. "Zu Lasten der Angeklagten sprach an erster Stelle, dass sie sich der Selbstjustiz bedient haben. Auch wenn die Tathandlungen an sich spontan erfolgt sein dürften, hatten sie den Geschädigten zunächst gelockt und für eine personenmäßige Überzahl gesorgt. Darüber hinaus wurde der Geschädigte erheblich verletzt", so das Gericht weiter.

Der Autohändler, der durch die Tat neben einem Würgetrauma diverse Prellungen, blutende Wunden und erhebliche Schmerzen erlitten hatte, wurde seinerseits am 21.12.20 durch ein anderes Schöffengericht des Amtsgerichts München wegen Betruges - noch nicht rechtskräftig - zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.

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7 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Futurana am 15.01.2021 17:33 Uhr / Bewertung:

    Ich bog mich vorübergehend lachen als ich den Bericht las. Wie doof haben die sich denn angestellt? Ist ja fast wie in einem schrägen Krimi. Die Strafe? - zu gering. Selbstjustiz geht gar nicht.

  • am 15.01.2021 16:34 Uhr / Bewertung:

    Der Ausgagspunkt? Betrüger werden heute "weich" behandelt, siehe Hönes. Keinstenfalls mit den im Gesetz vorgesehenen Strafen - da wird die Strafe in der Verhandlung auch noch ausgehandelt. Die Folgen sind Unrecht, Gewalt und Marlon Brando als Pate: "Wärst Du zu mir gekommen, wäre Dir und Deiner Tochter Gerechtigkeit widerfahren!" Was helfen die besten Gesetze der Welt - bei einer seit Jahrhunderten unfähigen Richterschaft?

  • Le Bavarois am 15.01.2021 19:52 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von

    Bei Leuten wie Ihnen finde ich die fehlende Klarnamenpflicht besonders bedauerlich. Man möchte doch einmal wissen, wer sich da regelmässig mit seinen bildungs- und wissensfernen Beiträgen (von "Kommentaren" zu reden verbietet sich von selbst) vor der Leserschaft produziert.

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