Bestechungsversuch: Wiesn-Schausteller verurteilt

Klaus Renoldi junior bietet Beamten Fußball-Tickets und Champagner an - mit Folgen für seine Wiesn-Zulassung.
von  Thomas Gautier
Die Achterbahn „Höllenblitz“ steht jährlich auf dem Oktoberfest: Der Besitzer des Fahrgeschäfts (l.) ist jetzt wegen Bestechungsversuchs verurteilt worden — mit Folgen für die Wiesn?
Die Achterbahn „Höllenblitz“ steht jährlich auf dem Oktoberfest: Der Besitzer des Fahrgeschäfts (l.) ist jetzt wegen Bestechungsversuchs verurteilt worden — mit Folgen für die Wiesn? © dpa/Gregor Feindt

Klaus Renoldi junior ("Höllenblitz") bietet Beamten in Bremen Fußball-Tickets und Champagner an. Das könnte große Folgen für seine Wiesn-Zulassung haben.

München - Explodierende Wasserbomben, Nebelschwaden, ein reißender Wasserfall und Wasser spuckende Minenarbeiter: In seiner Achterbahn „Höllenblitz“ auf der Wiesn setzt Klaus Renoldi auf Knalleffekte. Jetzt sorgt er für den nächsten Kracher.

Renoldi und sein Vater, Klaus Renoldi senior, sind vom Amtsgericht Bremen rechtskräftig zu Geldstrafen auf Bewährung verurteilt worden. Der Grund: Bestechungsversuch!
Der 39-Jährige gehört zu einer der größten Schaustellerfamilien Deutschlands. Seit 2007 ist er mit seinem „Höllenblitz“ auf dem Oktoberfest vertreten, seine Mutter Trudi führt seit 2009 das Festzelt „Wildstuben“.

Nach Steuerhinterzieher Sepp Krätz gerät nun ein weiterer Wiesn-Akteur ins Zwielicht! Wie die AZ exklusiv erfuhr, prüft das Wirtschaftsreferat bereits Renoldis Zulassung fürs Oktoberfest.

Fliegt jetzt der Nächste von der Wiesn?

Alles beginnt Anfang 2013 in Bremen: Das Bewerbungsverfahren für den Bremer Freimarkt läuft. Da entscheidet sich, welche Gastronomen und Schausteller auf das größte Volksfest des Nordens dürfen. Es geht um viel Geld, die Weser-Wiesn hat jährlich vier Millionen Besucher. Die Bremer Schausteller Renoldi wollen gute Plätze ergattern – und gehen dafür aufs Ganze.

Am 30. Januar 2013 besuchen Vater und Sohn Renoldi den Bremer Staatsrat für Inneres und Sport, Holger Münch. Nicht im Büro – zu Hause. Sie wollen laut Staatsanwaltschaft Bremen über die Platzvergabe sprechen. Und sie haben zwei Flaschen Champagner dabei – für Münch und seine Frau. Dumm nur: Münch war bis 2011 Polizeipräsident der Hansestadt. Er weist Schausteller samt Schampus ab. Dann schreibt er einen Vermerk an die ZAKS – die „Zentrale Antikorruptionsstelle“.

Am 10. Februar steht Klaus Renoldi junior erneut bei einem wichtigen zuständigen Sachgebietsleiter im Stadtamt – wieder bei dem zu Hause. Diesmal hat er zwei Fußballkarten dabei, laut „Radio Bremen“ für das Bundesligaspiel FC Bayern gegen Werder Bremen (6:1). Auch hier blitzt Klaus Renoldi ab, auch hier schreibt der Beamte einen Vermerk an die ZAKS.

Dafür handeln sich Klaus und Klaus zwei Strafbefehle ein. Laut der Pressesprecherin des Amtsgerichts Bremens, Katrin Gillinger, gab es daraufhin „zunächst einen Strafbefehl gegen Herrn Renoldi junior mit 135 Tagessätzen und gegen Herrn Renoldi senior mit 90 Tagessätzen“.

Das Gericht legte als Tagessatz 100 Euro netto an – ging also von einem monatlichen Nettoverdienst von nur 3000 Euro aus. Renoldi junior hätte also 13 500 Euro, Renoldi senior 9000 Euro zahlen müssen. Das akzeptierten die Schausteller nicht – und legten laut Gillinger Einspruch ein: „Von den Verteidigern wurde dann einiges vorgetragen.“

Die Entscheidung fiel jetzt vor wenigen Tagen: „Daraufhin wurde keine Geldstrafe mehr, sondern eine Geldstrafe auf Bewährung verhängt“, sagt Gillinger. „Das heißt: Man wird verurteilt wegen einer Tat und wird verwarnt. Die Bewährung bei beiden dauert ein Jahr an. Wenn da nicht gegen Auflagen verstoßen wird, müssen diejenigen keine Geldstrafe bezahlen."

Ein mildes Urteil – das schwere Konsequenzen in München haben könnte.
Klaus Renoldis „Höllenblitz“ wurde laut Wolfgang Nickl vom Referat für Arbeit und Wirtschaft am 28. April zugelassen. Von den Ermittlungen gegen Renoldi habe man gewusst, so Nickl – die Zulassung habe er trotzdem bekommen, da bis zu einem Urteil die Unschuldsvermutung gelte.

Von der jetzigen Verurteilung habe man erst durch die Anfrage der AZ erfahren. Nickl: „Das Referat für Arbeit und Wirtschaft recherchiert nun den Sachverhalt und lässt juristisch sowie gewerberechtlich prüfen, ob eine Verurteilung von Herrn Renoldi nachträglich zur Versagung der Zulassung führen kann.“

Wie die AZ erfuhr, hätte Renoldi durch die Verurteilung sogar fast seine Schausteller-Erlaubnis verloren: Die Hansestadt Bremen hatte ein Verfahren zum Widerruf seiner Reisegewerbekarte eingeleitet – die berechtigt Schausteller zur Ausübung ihres Berufs im Bundesgebiet.

Weil sich aber herausstellte, dass der Sitz seiner Firma in München ist, wandte sich Bremen an das Kreisverwaltungsreferat (KVR). „Am 30. April haben wir vom Kreisverwaltungsreferat in München die Nachricht bekommen, dass das Widerrufsverfahren eingestellt worden sei“, so Rose Gerdts-Schiffler, Pressesprecherin des Senators für Inneres, zur AZ.

Das KVR habe mitgeteilt, es habe Klaus Renoldi junior lediglich abgemahnt. Steuersünder Sepp Krätz hatte es sofort die Konzession für sein „Andechser am Dom“ entzogen. Klaus Renoldi junior wollte sich auf AZ-Anfrage nicht äußern.

Die Familie Renoldi ist seit 1976 ständig auf der Wiesn vertreten. Erst mit der Achterbahn von Klaus Renoldi senior, die sein Sohn und seine Frau 1999 übernahmen. Seit 2009 ist Trudi Renoldi mit ihren „Wildstuben“ auf dem Festgelände – und das als Bremerin. Das sei kein Hindernis, so Nickl: „Ein Wohnsitz in München ist nicht grundsätzlich Voraussetzung für die Zulassung zur Wiesn. Ortsansässigkeit wird jedoch positiv bewertet.“

Seitdem geht es bergauf für die Wirtin aus dem Norden: Anfangs hatte die Wildstuben 271 Plätze und stand versteckt in Straße 2/Ost – direkt neben dem „Höllenblitz“. Seit 2012 steht der Betrieb am Top-Wiesn-Eingang in der Matthias-Pschorr-Straße – aus „gestalterischen Gründen“, sagt Nickl. Für 2014 wurden vom Stadtrat 751 Plätze genehmigt, also mehr als doppelt so viele wie noch vor fünf Jahren.

Übrigens: Die Renoldis haben auch in München Verantwortliche besucht.
Hier sei aber alles korrekt abgelaufen, so Nickl: „Es ist üblich, dass Bewerber in den Diensträumen der Verwaltung alljährlich vorsprechen, zum Beispiel um Neuerungswünsche vorzustellen“, sagt der Sprecher. Das habe auch die Familie Renoldi getan, sagt Nickl. „Privat gab es mit Mitarbeitern der Verwaltung keinen Kontakt.“
 

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