Besser und billiger
2. Röhre: Neue Berechnungen kommen auf einen Kosten-Nutzen-Faktor von 1,7 statt bisher 1,15. Die Stammstrecken-Kritiker sind skeptisch. Heute Anhörung über alle Bahnprojekte in der Stadt.
MÜNCHEN Der Baubeginn sollte schon oft sein, und jetzt gehen die Pläne für eine zweite S-Bahnstammstrecke wieder in eine heiße Phase: Heute ist im Landtag eine Expertenanhörung zu allen Münchner Bahnproblemen von der S-Bahn bis zum Regionalverkehr. Und schon wieder gibt es einen „Durchbruch“: Mit einer Neuplanung der Route soll die Stammstrecke unschlagbar günstig alle Konkurrenzpläne wie S-Bahn-Südring oder Nordtunnel abhängen. Eine Entscheidung wird heute allerdings nicht gefällt.
Im ersten Sparplan für den zweiten S-Bahntunnel wurde beim Ostbahnhof der Tunnelast Richtung Süden gestrichen. Neu ist jetzt: Auch die „Pasinger Kurve“ und der Fernverkehr auf der Strecke der S1 werden herausgenommen. So wird die Wirtschaftlichkeit mit einem Kosten-Nutzen-Faktor von 1,15 auf 1,7 verbessert. „Das ist ein phantastisches Ergebnis, dass bundesweit kaum erreicht wird“, freute sich OB Christian Ude (SPD). „Demgegenüber fallen die anderen Varianten ab.“ Die lägen für Nordtunnel und Südring bei knapp über oder unter 1,0. Der Wert 1,0 wird von der Bahn als nicht realisierbar abgelehnt. Kritiker sind über den neuen Wert erstaunt: „Das ist schöngerechnet!“
Udes Forderung: „Mit Rücksicht auf die S-Bahnkundschaft, die Planung für die Olympischen Spiele und den engen Zeitplan darf keine weitere Zeit vertrödelt werden.“ Jetzt müsse „tatkräftig in Angriff genommen“ werden, „was die Staatsregierung längst beschlossen hat, und was die Stadt, die Landkreise, die Wirtschaft und Experten des MVV befürworten“. Der Landtag müsse schnell die Grundsatzentscheidung für die zweite Röhre und die Flughafenanbindung auf der Linie der S8 fällen. Ebenso müssten sofort die Verhandlungen für die Untertunnelung beginnen. Ude: „Weiter Glasperlenspiele lehne ich ab.“
Zuwachs bei den Kosten dank Inflation
Der Grüne Tunnelkritiker Martin Runge warnt im Vorfeld der Anhörung vor einer enormen Kostensteigerung der zweiten Röhre: Der Freistaat hat im Nachtragshaushalt den Ansatz um 200 Millionen Euro erhöht. Zuletzt waren die Kosten für den zweiten Tunnel im Jahre 2006 auf 1,52 Milliarden Euro geschätzt worden. Das Wirtschaftsministerium hat jetzt die „inflationsbedingte Kostenentwicklung“ hinzuaddiert.
Hat auch die Münchner CSU die zweite Stammstrecke mit ihrer späten Kritik blockiert? „Die Wende kam, weil die jetzige Tunnelplanung nicht das ist, wovon jahrelang die Rede war“, so der Münchner CSU-Landtagsabgeordnete Markus Blume: „Es gibt im Umland weniger Ertüchtigungsmaßnahmen und in München weniger Haltestellen.“ Außerdem will die Münchner CSU, dass nicht nur über die Stammstrecke geredet wird, sondern über alle Bahnprobleme des Bahnknoten München: S-Bahn, Regionalverkehr und Europamagistralen.
Willi Bock