Bertermanns Flucht zu den Freien Wählern
Der Stadtrat und Landtagsabgeordnete Otto Bertermann verlässt frustriert die FDP
München - Einer der führenden Freidemokraten Bayerns verlässt das sinkende Schiff: Otto Bertermann (67), Vize-Fraktionschef im Landtag und gleichzeitig Stadtrat in München, schwimmt ans Ufer der Freien Wähler. In der FDP ist der Groll groß: Denn Bertermann hatte das mit keinem Wort angekündigt und auch gestern bis zur Fraktionssitzung der FDP um 14 Uhr keine Signale gesendet. Die liberalen Chefs erfuhren das von den Journalisten.
Otto Bertermann (von Beruf Arzt und in beiden Häusern als ausgewiesener Gesundheitsexperte sehr geschätzt) geht wohl aus Frust: Denn bei der Kandidatenreihung für den nächsten Landtag wurde er am 12. Januar auf den schlechten 14. Platz der Oberbayern-Liste abgeschoben.
„Bertermann wurde böse abgestraft und dadurch nach hinten durchgereicht“, erzählt ein Freidemokrat der AZ: „Denn viele in der FDP nehmen es ihm übel, dass er zwei politische Jobs hat.“ Und beide werden gut bezahlt: Als Vize-Fraktionschef im Landtag und als Stadtrat in München. Das sind mindestens rund 10100 Euro im Monat als Landtagsabgeordneter (Diäten und Kostenpauschale) und 2326,33 Euro plus Sitzungsgelder als Stadtrat.
Die Basis murrt: Trotz des hohen Gehalts habe er kein Stimmkreisbüro eingerichtet, was eigentlich jeder Mandatsträger macht. Die Freien Wähler sind wohl für Bertermann für die Landtagswahl am 15. September ein sicherer Boden, als die in Umfragen untergehende Bayern-FDP.
Vor der Presse argumentierte Bertermann gestern anders: Sein Wechsel sei „sachlich begründet“. Ihn habe die Haltung der Bundes-FDP zur „passiven Sterbehilfe“ geärgert. Dies sei eine „rote Linie“. Er fühle sich deshalb „in der liberalen Familie nicht mehr wohl“.
Von einem inhaltlichen Zerwürfnis wissen weder die Parteifreunde im Stadtrat, noch die im Landtag. Selbst als seine Kollegen der Rathaus-FDP gegen die zweite Stammstrecke in München stimmten, konnte er problemlos wie die FDP im Landtag dafür stimmen.
Die Freien Wähler freuen sich. Deren Vorsitzender Hubert Aiwanger meinte, dies bedeute eine „personelle und inhaltliche Stärkung“.
Die FDP im Münchner Rathaus verliert durch Bertermanns Flucht den Fraktionsstatus: Es sind dann nur noch vier Stadträte. Das bedeutet auch weniger Geld: Denn Michael Mattar bekommt ohne den Status als Fraktions-Chef keine doppelte Aufwandsentschädigung mehr. Umgekehrt bekommt die Ausschussgemeinschaft von Freien Wählern, ÖDP und Bayern-Partei Fraktionsstatus: Mit Otto Bertermann sind sie fünf Stadträte.
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