„Belohnen statt strafen“: Eine Perspektive trotz Hartz IV
„Es muss sich etwas ändern“: Die AWO hat das Gesetz schon mal überarbeitet und fordert ein neues Anreizsystem. Arbeitssuchende sollen selbst Vorschläge für den Weg zurück auf den Arbeitsmarkt machen können.
MÜNCHEN Fünf Jahre Hartz IV – „und es läuft nicht rund“, sagt Thomas Beyer. Der bayerische Landesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO) stellte gestern die Verbesserungsvorschläge seines Verbandes in München vor. „Denn das SGB II hat Konstruktionsfehler.“
475 000 Hartz-IV-Empfänger gibt es in Deutschland. „Besonders schlimm ist, dass 129210 Kinder unter 15 Jahren in den Bedarfsgemeinschaften leben“, so Beyer, der auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag ist. „Für breite Bevölkerungskreise steht das SGB II, also Hartz IV, nicht für ein Gesetz zur Hilfe in der Not“, stellt der Sozialdemokrat fest. „Es steht stattdessen für sozialen Abstieg, Armut, Ausgrenzung und Diskriminierung.“
Das soll sich ändern. Doch wie sollen Arbeitslose wieder an einen Job kommen? „Belohnen statt strafen“, fordert die AWO und fordert ein „Anreizsystem. „Dem Arbeitssuchenden muss die Möglichkeit gegeben werden, selbst eigene Vorschläge für seinen Weg zurück auf den Arbeitsmarkt machen zu können“, so der Wohlfahrtsverband.
Aber freie Stellen sind rar. Deswegen soll ein öffentlich geförderter Arbeitsmarkt geschaffen werden, damit auch Menschen, die sonst chancenlos sind, Beschäftigung bekommen. „Auch um der Würde willen“, betont Beyer.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts soll die Politik eine sofortige, eindeutige und transparente Regelung zu den Regelsätzen einführen. Mittelfristig will die AWO eine eigenständige Kindergrundsicherung. Und außerdem müsse eine Trendwende in der Arbeitsmarktpolitik her: Mindestlöhne, Verhinderung des Missbrauchs von Lohnsubventionen durch Arbeitgeber, Begrenzung der Leiharbeit. „Und weg muss die Angst der Menschen vor Hartz IV.“ Barbara Brießmann
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