Beim Spaziergang Strom sparen? München bekommt vorerst keine Energy Floors

München - Sie nennen sich "Energy Floor" (dt. Energie-Boden), leuchten bei jedem Schritt auf und verwandeln Fußbewegungen in Energie. Obendrauf sind sie mit Solarzellen bestückt, die auch noch die Sonnenenergie aufsaugen.
Baureferentin: Installation von Energy Floors "derzeit nicht zielführend"
Die Stadtratsfraktion der CSU/Freien Wähler hatte im August 2022 beantragt, diese "intelligenten" Bodenfliesen auch in der Münchner Innenstadt zu testen, handelte sich jetzt aber eine Absage ein.
"Aus Sicht der Stadtwerke München und des Baureferats ist die Installation von sogenannten Energy-Floor-Modulen in öffentlichkeitswirksamen Flächen in Innenstadtbereichen derzeit nicht zielführend", heißt es in einer entsprechenden Stellungnahme von Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer. "Sollten sich bei künftigen Vorhaben Standorte als eventuell geeignet erweisen, werden wir den Einbau von Energy-Floors erneut prüfen", ergänzte die Architektin.
Sogenannte Energy-Floor-Module bestehen aus Bodenplatten mit integrierten Solarmodulen und Bewegungssensoren. Sonnenenergie sowie die beim Betreten der Module erzeugte kinetische Energie wird in elektrische Energie umgewandelt. Die durch die Module erzeugte Energie kann durch eine LED-Beleuchtung oder sonstige digitale Anzeigen wie zum Beispiel Stromzähler sichtbar gemacht werden.
Sind Energy Floors den Belastungen von Schwerlastfahrzeugen gewachsen?
Die Möglichkeiten des Einsatzes von Solarmodulen als Bodenbeläge insbesondere in hochfrequentierten Flächen der Innenstadt oder auch in Radwegen seien bereits in Beschlüssen des Stadtrates in den Jahren 2015 und 2019 ausführlich behandelt worden, erklärte Jeanne-Marie Ehbauer.

Sie verwies darauf, dass die Module eine ausreichende Rutschfestigkeit und Stabilität gegenüber der Belastung durch Betriebsfahrzeuge des Unterhalts, der Reinigung und des Winterdienstes aufweisen und die Belastungen von Schwerlastfahrzeuge ohne Schäden überstehen müssten.
Manuel Pretzl: "Die Münchner Innenstadt ist der perfekte Ort für ein Pilotprojekt"
Die Oppositionsfraktion im Stadtrat hatte sich gewünscht, dass mit den Engery Floors die Nachhaltigkeit "in das Bewusstsein junger Menschen" gebracht und der "Austausch zwischen Öffentlichkeit und Technologie" weiterentwickelt werden könnte.
"Die Münchner Innenstadt ist der perfekte Ort für ein Pilotprojekt: Hier werden täglich Millionen Schritte gelaufen. Ein riesiges Energiepotenzial! Es wäre doch toll, wenn die Fußgänger erleben könnten, dass ihre Bewegung direkt in Strom für Elektroautos, Beleuchtung oder Handys umgewandelt wird," sagte CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl dazu.
Das Baureferat nahm Kontakt zur Rhein Energie AG auf, die auf dem Gelände ihrer Hauptverwaltung in Köln-Neuehrenfeld in Kooperation mit dem niederländischen Unternehmen Energy Floors im Jahr 2019 eine entsprechende Testfläche mit Energy-Floor-Modulen nutzte, um sie auf ihre Praxistauglichkeit zu testen.
Energy-Floors-Test in Köln: Kaum Energie gewonnen
Jeanne-Marie Ehbauer: "Hierbei hat sich herausgestellt, dass die Module bis maximal 250 Kilogramm belastbar sind. Eine Befahrung durch Fahrzeuge (Reinigung, Unterhalt, Lieferverkehr) ist grundsätzlich nicht möglich und durch geeignete Maßnahmen wie zum Beispiel Abpollerung und Sicherung zwingend zu verhindern, um Beschädigungen zu vermeiden."
Zudem habe gewonnene Energie aus der Testfläche von vier Quadratmetern gerade einmal ausgereicht, um das System der LED-Beleuchtung zu unterhalten bzw. zu betreiben. Die Kosten der Module lagen den Angaben zufolge im fünfstelligen Bereich, weiteres Geld musste für den Anschluss an das Stromnetz ausgegeben werden.
Auch die Stadtwerke München (SWM) als Eigentümerin von womöglich besser kontrollierbaren Privatflächen wie dem Stachus-Untergeschoss bat das Baureferat um eine Stellungnahme.
Die SWM verfügten über keine Flächen im öffentlichen Raum, die sich für die Installation von Energy-Floors eignen würden, hieß es in dem Statement – das Stachus-Untergeschoss sei an einen privaten Betreiber verpachtet, "der sich entsprechend für eine solche Installation entscheiden müsste". Allerding stehe dort angesichts der hohen Passantenfrequenz die Sicherheit des Bodenbelags im Vordergrund.
Stadtwerke: "Eine solche Installation hätte lediglich Spielzeug-Charakter"
"Bei Vorliegen entsprechender technischer Anforderungen und Gegebenheiten würden die SWM selbstverständlich eine Installation an das öffentliche Netz anschließen. Allerdings würde dies eine Einspeisung in das allgemeine Netz bedeuten und keine spezifische Nutzung für bestimmte Funktionen ermöglichen", teilten die Stadtwerke mit.
Mit Blick auf die Erfahrungen aus Köln raten die SWM von einer Umsetzung im hochfrequentierten öffentlichen Raum ab: "Eine solche Installation hätte lediglich 'Spielzeug-Charakter'."
Energy Floors: Vorbild Rotterdam
Die speziellen Böden sind beispielsweise bereits in Rotterdam im Einsatz. Dort reagieren die einzelnen Kacheln auf die Fußbewegung der Passanten und geben Energie ab. Außerdem kann der Boden programmiert werden, so dass er mit den Fußgängern "auf eine unterhaltsame und aufregende Weise" interagiert.
Zudem sammeln die Kacheln auch Daten: Sie messen die Anzahl der vorbeifahrenden Autos, der Radfahrer und der Fußgänger und können auch den Verkehr oder die Straßenbeleuchtung regeln.