Behandlung im Bus: Versorgung für Hilfsbedürftige in München
München - Wie eine Arztpraxis ist das Innere des weißen Busses ausgestattet, der vor einer Notunterkunft für Wohnungslose in München steht. Für Not leidende Menschen ist dieser Bus eine wertvolle Anlaufstelle. Mehrmals pro Woche fahren Teams der Hilfsorganisation Ärzte der Welt zu Menschen, die keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Mit an Bord sind ehrenamtlich tätige Ärzte, Assistenten und Dolmetscher.
Viele Patienten haben keine Krankenversicherung
Nach Angaben von Ärzte der Welt waren im vergangenen Jahr etwa drei Viertel der Patienten (73 Prozent), die das erste Mal zum Behandlungsbus kamen, ohne jeglichen Krankenversicherungsschutz. Fast 90 Prozent waren obdachlos oder übernachteten in Notunterkünften.
Seit dem Beginn der Corona-Pandemie sei die Zahl der Bedürftigen gestiegen, sagt Cevat Kara, Leiter von open.med München, einem Projekt von Ärzte der Welt. Zwischen dem 17. März und 13. Mai hätten die Helfer 70 neue Patienten im Behandlungsbus aufgenommen – im Vorjahr waren es im selben Zeitraum 34.
Zu den Patienten gehören Menschen, die aufgrund der Grenzschließungen in Deutschland festsitzen und nicht zurück in ihr Heimatland kommen. Auch deutsche Staatsbürger, die durch die Krise ihre Arbeit verloren haben, wenden sich vermehrt an das open.med-Team in München. Nach Ansicht von Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) zeigt sich gerade in Krisenzeiten, "wie wichtig das unterstützende Angebot der Hilfsorganisationen ist".

Etliche Herausforderungen in Corona-Zeiten
Zu Beginn der Corona-Pandemie sei vor allem die Beschaffung der Schutzausrüstung eine Herausforderung gewesen, erzählt Projektleiter Kara. Während des Einsatzes tragen die Helfer Mundschutzmasken, um sich und die Patienten zu schützen. Außerdem sind die Busse durch Absperrbänder von den wartenden Patienten abgetrennt.
An einem Montagabend steht der Behandlungsbus - zusammen mit einem zweiten Transporter für die Aufnahme neuer Patienten - auf dem Gelände der Bayernkaserne. Regen prasselt auf die Windschutzscheiben und die wenigen Patienten, die trotz des schlechten Wetters gekommen sind, haben die Kapuzen tief in ihr Gesicht gezogen. Fast alle tragen einen Mund-Nasen-Schutz. Bevor die Wartenden zu den Ärzten im Bus vorgelassen werden, erkundigt sich Kara bei ihnen nach Symptomen, die auf eine Covid-19-Erkrankung hindeuten.
In der Unterkunft in der Bayernkaserne finden obdachlose Menschen einen Schutz für die Nacht. Solche Gemeinschaftsunterkünfte sind aber während einer Pandemie auch mit Risiken verbunden. "Man kann nicht garantieren, dass die Leute ständig Distanz wahren, das geben die Räumlichkeiten nicht her", sagt der Projektleiter.

Corona-Tests vor Ort sind möglich
Sollten Menschen Symptome einer Covid-19-Erkrankung zeigen, können die Ärzte der Hilfsorganisation vor Ort Tests durchführen. Jenen Patienten, die älter als 55 Jahre alt sind oder Vorerkrankungen haben, können die Helfer außerdem eine Bescheinigung für die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe ausstellen. Damit können die Menschen in einer anderen Unterkunft untergebracht werden.
Die Stadt München hat dafür alternative Unterbringungsmöglichkeiten eingerichtet. Außerdem hat der Stadtrat beschlossen, voraussichtlich ab dem 1. Juli bis Ende des Jahres eine zusätzliche Quarantäneunterkunft mit maximal 90 Betten anzumieten. "Je nach Entwicklung der Fallzahlen aufgrund der Corona-Pandemie ist sowohl eine längere Nutzung für diesen Zweck denkbar als auch eine vorzeitige reguläre Belegung möglich", teilte die Stadt mit. Auch in anderen bayerischen Städten wurden die Unterbringungsmöglichkeiten ausgeweitet, unter anderem in Nürnberg, Augsburg und Regensburg.
Neben dem mobilen Behandlungsbus bietet open.med München tägliche Sprechstunden in ihrer Anlaufstelle in der Dachauer Straße an. Insgesamt engagieren sich bei der Hilfsorganisation in München mehr als 100 Dolmetscher, Ärzte und Therapeuten ehrenamtlich. Trotzdem betont Kara: "Wir wissen, dass das, was wir anbieten, nicht dem Standard in Deutschland entsprechen kann. Deswegen sehen wir es als unsere Hauptaufgabe, Menschen so weit zu begleiten, dass sie wieder ins reguläre System kommen."
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