Begrenzte Zeit für Gäste in Münchner Restaurants: Was hinter der Taktik steckt

München - Gemütlich essen gehen und danach den Abend ausklingen lassen, ganz ohne Zeitdruck – so richtig funktioniert das in manchen Restaurants nicht mehr.
Zeitlimits beschränken die Verweildauer – wer etwa über ein Buchungsportal einen Tisch reserviert, bekommt dann gleich mitgeteilt, dass der Platz nicht länger als für eineinhalb oder zwei Stunden zur Verfügung gestellt wird. Dann sind die nächsten Gäste dran.
Juristin erklärt: Zeitlimits geben den Restaurants mehr Planungssicherheit
"Gerade sehr beliebte Gaststätten geben gerne einen konkreten Zeitraum vor, für den ein Tisch reserviert werden kann", sagt Tatjana Halm, Juristin bei der Verbraucherzentrale Bayern. Dies gebe den Restaurants mehr Planungssicherheit "und gegebenenfalls mehr Umsatz". Das sei grundsätzlich erlaubt, wenn es vorab angekündigt werde, sagt Halm.
Auch bei der L'Osteria gibt es feste Zeit-Slots
Auch die in München ansässige Kette L'Osteria handhabt das so. "Der Time-Slot beträgt bei uns 1,5 Stunden beziehungsweise 90 Minuten", antwortet die L'Osteria auf AZ-Anfrage. "Grundsätzlich gilt dieses Zeitfenster auch bei spontanen Restaurantbesuchen, jedoch immer mit Blick auf die aktuelle beziehungsweise zu erwartende Auslastung – also gegebenenfalls noch anstehende Reservierungen – des jeweiligen Restaurants und mit einer entsprechenden transparenten Kommunikation mit dem Gast." Die Zeitbegrenzung gelte unabhängig von der Tageszeit.

Das Restaurant Azuki am Hofgraben kündigt ebenso vorab auf seiner Webseite an, was den Gast erwartet: "Ihr Tisch wird zwei Stunden für Sie reserviert. Gerne können Sie uns im Vorfeld anrufen, wenn Sie länger bleiben möchten."
In manchen Restaurants gibt es die Zeitbegrenzung nur am frühen Abend
In Häusern der Bellezza Group, darunter das Supernova in der Türkenstraße und Marta in der Leopoldstraße, wird ebenfalls mit einer begrenzten Aufenthaltsdauer gearbeitet, allerdings nur am früheren Abend: "Bitte beachte, dass die Verweildauer bei allen Reservierungen bis 20 Uhr nur bei zwei Stunden liegt. Reservierungen ab 20 Uhr sind ohne Zeitlimit möglich", so informieren Supernova und Marta Interessenten online.
"Wir haben bereits vor Corona mit diesem Modell gearbeitet", heißt es bei L'Osteria. "Es gibt sowohl unseren Gästen als auch uns eine gewisse Planbarkeit. So können wir beispielsweise unseren Einkauf oder unsere Personalplanung optimieren, da wir besser kalkulieren können, mit wie vielen Gästen wir am Tag rechnen können", erläutert das Unternehmen seine Beweggründe. Die Gäste hätten in der Regel keine Einwände.
Je nach Auslastung können Gäste auch länger am Tisch bleiben
Und Angst, dass es zeitlich vielleicht nicht mehr für einen Nachtisch reichen könnte, müsse auch niemand haben. "Je nach Auslastung des Restaurants und anschließenden Reservierungen können unsere Gäste gerne auch länger bleiben. Dies muss je nach Situation individuell entschieden werden – unser Servicepersonal ist hierauf entsprechend geschult und stets bemüht, eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung zu finden."
Auch Tatjana Halm rät dazu, mit der Bedienung zu sprechen, wenn einen kurz vor Schluss die Lust auf etwas Süßes packt. Und: "Ob man tatsächlich den Platz räumen muss, wenn es eine nachfolgende Reservierung gibt und der Reservierungszeitraum abgelaufen ist, wurde noch nicht gerichtlich geklärt", so die Juristin.
Chef des Dehoga Bayern: Zeitbegrenzung ist auch "Ausdruck einer gewissen Notlage"
Generell sei die Praxis der zeitlichen Begrenzung im Restaurant noch nicht sehr verbreitet, sagt Thomas Geppert, Geschäftsführer des Dehoga Bayern, der AZ. Wer sie aber nutze, kommuniziere dies auch klar. Die Zeitgrenze sei auch "Ausdruck einer gewissen Notlage", denn die Gaststätten seien mit immer weiter steigenden Kosten konfrontiert. Dazu komme das Auslaufen des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent. "Man ist auf den Ertrag angewiesen, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen."
Auch Geppert beruhigt alle, die fürchten, einen Gang schneller verspeisen oder ganz darauf verzichten zu müssen: "Ich glaube, dass nicht mit der Stechuhr gearbeitet wird."