Beauty-Salon für 5- bis 15-jährige Mädchen

Rosa Theke, rosa Stühle, rosa Schränke: In einer neuen Wellness-Oase lassen sich die „Kleinen“ verwöhnen – vorausgesetzt, Mama und Papa haben das nötige Kleingeld.
von  Tim Wessling
Und jetzt noch ein bisschen Lipgloss für die kleine Prinzessin: Whitney Joesten schminkt Luisa, die hier ihren Geburtstag feiern wird.
Und jetzt noch ein bisschen Lipgloss für die kleine Prinzessin: Whitney Joesten schminkt Luisa, die hier ihren Geburtstag feiern wird. © Tim Wessling

Rosa Theke, rosa Stühle, rosa Schränke: In einer neuen Wellness-Oase lassen sich die „Kleinen“ verwöhnen – vorausgesetzt, Mama und Papa haben das nötige Kleingeld. Inhaberin Kerstin Kobus über die Reaktionen auf ihren Laden: „Totale Ablehnung – oder totale Zustimmung“

 

Wer den Salon betritt, kneift die Augen zusammen, so skurril wirkt die Kulisse. Bis auf wenige Ausnahmen ist alles rosa: Schränke, Vorhänge, Theke, Stühle. Willkommen im „Monaco Princesse“ – kein gewöhnliches Wellness-Paradies. Die Kunden sind Mädchen von fünf bis 15 Jahren und ihre Mütter. Irgendwer muss am Ende ja die Rechnung bezahlen.

Inhaberin Kerstin Kobus hat den Salon vor Kurzem in der Münchner Altstadt eröffnet und sich damit einen Lebenstraum erfüllt. Die Idee entstand aus einem Problem: „Ich habe für meine kleine Tochter immer schöne Dinge gesucht, aber nie an einem Ort gefunden“, sagt die 41-Jährige. „Schöne Dinge“, bedeuten für Kobus: Kosmetikprodukte, Kleider, Cremes, „alles, was mir selbst auch gefällt“. Kobus’ Tochter ist 20 Monate alt. Im Salon hängt ein überlebensgroßes Portrait von ihr.

Mitten in der Kulisse sitzt Luisa und lässt sich die Fußnägel lackieren. Die Elfjährige hat ihr Honigkuchen-Grinsen aufgelegt. Wie eine Skipiste glänzen die Zähne schneeweiß aus ihrem Mund. Ihre Mutter sitzt in der rosa Sitzecke am Eingang und blättert in einer Illustrierten.

An Luisas Füßen arbeitet eine TV-Berühmtheit. Whitney Joesten war 2011 Teilnehmerin der ProSieben Casting Show „Germany’s Next Topmodel“. Heute ist sie Salon-Managerin bei „Monaco Princesse“. Sorgsam trägt sie den Nagellack auf. Luisa beschwert sich: „Größe 38 – Ich hab viel zu große Füße!“

Mit einem rosa Handtuch trocknet Whitney Luisas Füße, steckt sie in rosa Badeschläppchen und führt das Mädchen zum Schminkspiegel. Dort streicht sie noch ein wenig Gloss auf seine Lippen.

Nächste Woche wird Luisa hier ihren Geburtstag feiern. Heute ist ihr Test-Tag. Und vermutlich hat ihre Mutter eines der Geburtstags-Pakete gebucht, verraten will sie das aber noch nicht. Im Paket „Party Girl“ für knapp 500 Euro und acht kleine Gäste wären Leistungen wie Schokoladenmassage, Maniküre, Hochsteckfrisur und Schmuck enthalten. Ein Fotograf schießt Erinnerungsfotos auf dem rosa Teppich. Danach geht es in den „Strawberry Salon“ zum feiern. Dort steht eine Karaoke-Maschine, das Salon-Team Kobus serviert Pizza.

Vielleicht bekommt Luisa aber auch das „Little Diva“-Paket: Anfahrt mit der rosa Limousine, Luxus-Roben, Prinzessinnen- Buffet im „Strawberry Salon“, professioneller Fotograf und Catwalk-Training mit „Germany’s Next Topmodel“-Teilnehmerin Whitney Joesten Der Preis: etwa 3000 Euro.

Wer mag, kann sich auch kurzfristig einen Termin ausmachen: Die Gesichtsbehandlung gibt’s für 80, die Pediküre für 65 Euro. Dauer: etwa eine Stunde. Auch Mutter-Tochter-Tage sind im Angebot.

Kerstin Kobus war mit 18 selbst Model, lief sogar bei der New York Fashion Week. „War nicht so mein Ding“, sagt sie. „Wenn man sich die Fashion Weeks anschaut, was da gemacht wird unter all diesem Zeitdruck. Den wollen wir hier komplett rausnehmen.“

Die Idee für Monaco Princesse entstand im März. Im Mai wurde ein Kinder-Architekt mit der Inneneinrichtung beauftragt. Im Juli begann der Umbau. Im September kam die Eröffnung. Ein straffes Programm, doch Kobus ist stolz auf ihren Salon: „Der Laden hat einen roten Faden.“ Vermutlich meint sie einen rosa Faden.

Für den Salon wurde eigens eine Kleider-Kollektion entworfen. Eine Designerin in Stuttgart schneiderte Blazer und Kleider für die Mädchen – und ihre Puppen. „Wir haben natürlich auch eine Linie für die Mutter, damit die ebenfalls etwas schönes bei uns bekommt.“ Die eigene Kosmetiklinie ist auf biologischer Basis. „Um der jüngeren Haut gerecht zu werden“, so Kobus.

Es gebe eigentlich nur zwei Reaktionen auf ihren Laden, so Kobus. „Totale Ablehnung oder totale Zustimmung“, sagt sie. Und nippt an ihrem stillen Wasser mit rosa Strohhalm.

Kobus spielt mit dem Klischee, doch der Salon sei weit entfernt von den US-Varianten: „Da werden Mädchen gezwungen und zu Schönheitsköniginnen erzogen. Es liegt uns fern so etwas zu tun.“ Hier sollen sich die Mädchen wie Prinzessinnen fühlen.

„Wenn ich manche junge Mädchen auf der Straße sehe, wie die sich mit Schminke verunstalten! Die sind nicht mehr sie selbst“, sagt Kobus. Der Schönheitswahn sei überall. „Das geht doch schon in der Bravo los.“ Man müsse sich mal überlegen, was ein sechsjähriges Mädchen so sieht und lernt.

„Da wollen wir entgegenwirken“, sagt sie. Sie will ihren jungen Kundinnen einen verantwortungsvollen Umgang mit Kosmetik beibringen und sie auf dem Weg zur Frau begleiten. „Wir bieten den Mädchen lediglich ein schönes Ambiente mit hohem Spaßfaktor. Und zu Hause können sie die Tipps, die sie hier bekommen, nachmachen.“

Kitsch ist Kobus, die übrigens einen rosa Pullover trägt, fremd. Sie mag keine großäugigen japanischen Manga-Figuren und auch nicht Prinzessin Lillifee. „Dieser Laden ist nicht kitschig, sondern edel und ausgefallen“, sagt die Inhaberin.

Luisa ist fertig mit ihrer Kurzbehandlung. Sie legt die rosa Badeschläppchen ab und schlüpft in ihre blauen Turnschuhe. Schluss mit der Traumwelt. „Man lernt hier, dass Schönheit nicht alles ist“, sagt Kobus, als die Kleine durch die Tür geht und winkt hinterher.

 

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