Beate Uhse: Ein Besuch im Münchner Sex-Shop

Der Film "Beate Uhse - das Recht auf Liebe" erzählt die Lebensgeschichte der Sex-Pionierin. Die AZ hat den Flagship-Store in der Sendlinger Straße besucht.
von  AZ,dapd

Kampf für die Lust: Der ZDF-Film "Beate Uhse - das Recht auf Liebe" erzählt die Lebensgeschichte der Sex-Pionierin. Die AZ hat den Beate Uhse-Flagship-Store in der Sendinger Straße besucht - die Bilder!

Berlin - Um deutliche Worte war die Erotik-Unternehmerin Beate Uhse nie verlegen: Die Kampfansage „Hier steht heute der Orgasmus vor Gericht“ gehört denn auch zu den ersten Sätzen von Franka Potente, die in dem ZDF-Film „Beate Uhse – Das Recht auf Liebe“ (9. Oktober, 20.15 Uhr) die Erfinderin des Sex-Shops verkörpert.

In knapp zwei Stunden skizziert Regisseur Hansjörg Thurn Beate Uhses Kampf gegen Konservatismus, Kirchenvertreter und Kleinstadtmoral. Uhse hat eine Mission. „Wir müssen die Leute aufklären“, sagt sie 1946. Wenig später gibt sie ihre sogenannte „Schrift X“ in Druck, in der sie Frauen das Berechnen fruchtbarer Tage erklärt – 15 Jahre vor Erfindung der Antibaby-Pille eine willkommene Verhütungsmethode.

„Beate Uhse war ihrer Zeit voraus“, sagt Franka Potente.

Stuntpilotin und alleinerziehende Mutter: Es gibt so einiges, das die 37-jährige Schauspielerin an der Frau bewundert, die 1962 den weltweit ersten Sex-Shop unter dem betont seriösen Namen „Fachgeschäft für Ehehygiene“ eröffnet und mit ihrem Versandhandel bald ein Millionengeschäft macht.

Unzuchtparagraph 184 torpediert Uhses Arbeit

Die aufklärerischen Ziele der Uhse aber stoßen in den 50er Jahren bei vielen auf wenig Gegenliebe. Während vor allem Frauen mit einem Lächeln oder Augenzwinkern ihre Bewunderung für die burschikose Uhse signalisieren, drängen Konservative die resolute Dame an den Rand der Gesellschaft. Beschimpfungen und Kopfschütteln begleiten sie täglich auf dem Weg in die Firma. Ihr unerbittlichster Gegner aber wird der 1919 ins Strafgesetzbuch gemeißelte „Unzuchtparagraph 184“. Ganze 2.000 Ermittlungsverfahren und zahllose Gerichtsverhandlungen bringt er der Erotik-Unternehmerin ein.

Der Film wirft auch ein Schlaglicht auf Uhses ganz privates Ringen ums Glück. Nach anfänglicher Euphorie für das gemeinsame Projekt driften Uhse und ihr Mann und Geschäftspartner Ewe Rotermund (gespielt von Hans-Werner Meyer) bald auseinander. „Ich hatte nicht vor, die Welt zu befreien“, schreit ihr Mann ihr entgegen. Uhse entgegnet nichts, ihr Blick aber sagt: „Ich schon.“

Rhetorisches Duell vor Gericht

Hervorragend inszeniert sind die zwischenmenschlichen Beziehungen. Da wäre der zum ideologischen und rhetorischen Duell stilisierte Kampf zwischen Beate Uhse und Staatsanwalt Martin Volke (hervorragend: Sylvester Groth). Hervorsticht zudem Uhses im Katz-und-Maus-Spiel mit der Justiz versierte und kreative Rechtsanwalt Georg Teuber. Hier glänzt Henry Hübchen.

Beeinträchtigt wird das Filmerlebnis bisweilen von der Erzählform. Rückblenden, die Uhses Geschichte in Episoden teilen, mögen sich zwar anbieten. Die Szenen zwischen Uhse und ihrem späteren Lebensgefährten, dem Afroamerikaner John Holland, schaden aber wegen Schwächen bei Dialog, Szenenbild, Musik und Synchronisation mehr als dass sie nützen.

Mit „Beate Uhse – das Recht auf Liebe“ erwartet den Zuschauer ein kurzweiliger Fernsehfilm, der zehn Jahre nach dem Tod der Erotik-Unternehmerin zeigt, dass hinter den nach Beate Uhse benannten Shops mehr steckt, als viele heute meinen.

 

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