Bayerns Wirte demonstrieren: "Wir wollen Steuer-Gerechtigkeit!"

Bürokratie und Steuern: Gastwirte aus ganz Bayern fühlen sich in ihrer Existenz bedroht. Bei ihrer großen Demo appellieren sie auch an den Ministerpräsidenten
München - Mit Blasmusik, Trillerpfeifen und Kochtopf-Trommeln ging's durch die Stadt: Über 3.000 Wirte und Hoteliers sind am Montag aus allen Teilen Bayerns mit ihren Mitarbeitern nach München gereist, um hier zu demonstrieren. Die Forderung der Branche: bessere Rahmenbedingungen von der Politik - zum Erhalt des bayerischen Gastgewerbes. In erster Linie kämpfen die Wirte um eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes, um gleiche Steuern für Essen und eine Eindämmung der Bürokratie, die allseits als "Doku-Wahn" bezeichnet wird.
Um 11 Uhr versammelten sich die Vertreter des bayerischen Gastgewerbes am Königsplatz, um von dort zur Theresienwiese zu marschieren. Mit mehr als 3.000 Demo-Teilnehmern wurden die Erwartungen übertroffen. "Ich bin sehr stolz, dass sich so viele auf den Weg gemacht haben, um die Bedeutung unserer Branche aufzuzeigen", sagte Angela Inselkammer, die Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, der AZ: "Das verdeutlicht aber natürlich auch, wie viele bayerische Gastgeber betroffen sind."
"Warum wird zum Beispiel eine Leberkässemmel beim Metzger oder im Fastfood-Laden nur mit 7 Prozent besteuert, die gleiche Semmel im Lokal mit Service und auf dem Teller aber mit 19 Prozent. Das ist doch unfair", so Wirtin Petra Maier aus dem Bayerischen Wald zur AZ. Zustimmendes Nicken um sie herum. "Wir wollen Steuer-Gerechtigkeit, um auch in unsere Betriebe investieren zu können", sagte Peter Wieser vom Münchner Ratskeller. Sein Neffe, Hofer-Wirt Christian Winklhofer, fügte hinzu: "Der volle Steuersatz ist ein Wettbewerbsnachteil. Gefördert wird derzeit ja eigentlich auch der Verpackungswahnsinn von Fastfood und Co."
Wirtshaussterben wegen zu viel Bürokratie?
Johann und Maria Geyer, die in achter Generation im Altmühltal ein schmuckes Hotel mit Restaurant betreiben, sprachen für viele, als sie der AZ sagten: "Wir sind hier, weil man etwas gegen den Bürokratie-Wahnsinn tun muss. Inzwischen könnten wir dafür schon eine Vollzeitkraft einstellen, doch das Geld haben wir nicht. Familie und Gast bleiben letztlich auf der Strecke." Inzwischen haben die Geyers notgedrungen verkürzte Öffnungszeiten für ihr Restaurant eingeführt.
Anderen geht es da noch weit schlechter. Schon mehr als 500 bayerische Gemeinden haben kein Gasthaus mehr. Damit nicht genug: Jedes Jahr werden in rund 500 Wirtshäusern in ländlichen Regionen Bayerns für immer die Stühle hochgestellt. Der Freistaat befindet sich auf Rang zwei des größten Gaststättenrückgangs in Deutschland.
Alles Gründe für die Branche, gestern öffentlichkeitswirksam auf ihre Situation aufmerksam zu machen und Verbesserungen einzufordern - erst auf der Demo, dann beim großen Branchentreff im Hippodrom-Festzelt auf der Theresienwiese.
"Wir Gastgeber machen das Leben lebenswert", sagte dort Verbandspräsidentin Inselkammer: "Doch die Rahmenbedingungen müssen stimmen." Gewandt an Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der als Gast im Hippodrom dabei war, bat sie: "Lassen Sie uns im Schulterschluss die bayerische Wirtshauskultur retten."
Der mehrmals als "Landesvater" angesprochene Söder ließ sich denn auch nicht lang bitten. Der AZ sagte er: "Wir nehmen die Gastwirte ernst. Bayerische Wirtshäuser gehören zu Bayern dazu. Wir wollen sie erhalten. Sie sind Herzstück bayerischer Gemütlichkeit."
Und den Wirten hatte er als Zuckerl auch noch gleich ein Versprechen mitgebracht: Noch heuer soll es speziell für kleinere Gastwirtschaften ein Investitionsförderprogramm in Höhe von 30 Millionen Euro geben. Auch die viel angeprangerte Bürokratie-Flut will Söder in Angriff nehmen.