Bayerns Finanzminister Albert Füracker fordert: "Die Steuern müssen runter"

München - Er zählt im bayerischen Landtag fast schon zu den alten Hasen: Seit 2008 ist Albert Füracker (CSU) Mitglied des Parlaments, seit 2018 übt er das Amt des Finanzministers aus.
Wie der gelernte Landwirt Bayerns Finanzen einschätzt, wie er die Politik der Ampel-Koalition im Bund einschätzt und wie freigiebig er mit dem privaten Geldbeutel ist, verrät Albert Füracker im großen AZ-Interview.
AZ: Herr Füracker, das Wort Krise ist in aller Munde – wie steht Bayern finanziell da?
ALBERT FÜRACKER: Wir sind bisher gut durch alle Krisen gekommen und können uns dennoch nicht völlig abkoppeln von dem, was in Deutschland und auf der Welt passiert. Mein Ziel ist, dass man damit aufhört, nur über neue Schulden oder Notlagen zu diskutieren, um diese Krise zu bewältigen. Es braucht einen Push, es muss wieder mehr Aufbruchstimmung entstehen! Wir müssen in diesem Land endlich mal wieder darüber nachdenken, was wir tun können, damit die Steuereinnahmen wieder steigen, damit wieder Geld in die Kassen kommt.

Wie soll das gehen?
Indem man das macht, was wir als CSU seit Jahren vorschlagen: Wir brauchen ein Steuersystem, das international konkurrenzfähig ist. Wenn ich mich mit Unternehmern unterhalte, sagen mir diese: "Wir würden ja gern investieren, aber die Situation in Deutschland macht uns sehr nachdenklich." Wir haben Höchststeuern für Unternehmen – die müssen runter. In Berlin ist man aber immer der Meinung, je höher der Steuersatz, desto höher die Steuereinnahmen. Unser Ansatz ist: Wenn ich von vielen etwas weniger Einnahmen bekomme, haben wir in Summe mehr, als wenn wir von wenigen besonders viel einfordern.
Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) will klare Botschaft senden: "Leistung muss sich lohnen"
Was würden Sie machen, wenn Sie nächste Woche Herrn Lindner vertreten dürften?
Dann würde ich der Weltöffentlichkeit sagen, dass es unter diesen Voraussetzungen keinen Sinn mehr hat, Bundesfinanzminister zu sein. Schließlich hat er mal gesagt: Besser nicht regieren, als falsch regieren. Es geht in Berlin offensichtlich nur noch darum, wie man Schuldenbremsen umgeht und Notlagen ausruft. Ich sehne mich nach einer Diskussion, wie wir das Land wieder flott kriegen.
Herr Söder hat Neuwahlen im Bund angeregt. Auf welchem Weg sollen diese zustande kommen?
Wie gesagt, indem die Ampel es einfach seinlässt. Wenn ich willkürlich die verschiedensten Menschen frage, ob die Ampel weiterregieren soll, dann sagen rund 103 Prozent der Befragten: "So jedenfalls nicht mehr!" In diesem Kontext muss man die Forderung des Ministerpräsidenten sehen.
Im Bund dringt die CSU darauf, die Erhöhung beim Bürgergeld zu stoppen. Wie steht es dann ums bayerische Familiengeld und das Landespflegegeld?
Es geht uns nicht nur darum, beim Bürgergeld zu sparen. Es geht um die Botschaft dahinter – wir sind der festen Auffassung: Leistung muss sich wieder lohnen! Zugleich hören wir von Unternehmen immer wieder vom Fachkräfte-, aber auch vom Arbeitskräftemangel. Die Gefahr ist, dass sich jeder normale Mensch fragt: Wenn ich ohne Arbeit nur ein bisschen weniger bekomme, als jemand, der arbeiten geht, warum soll ich dann jeden Tag schuften? Familiengeld und Landespflegegeld sind eine soziale Leistung, für die wir uns im Koalitionsvertrag in Bayern erneut entschieden haben. Daher planen wir das nun ein.
Ist es gerecht, wenn Millionäre dann auch das Familiengeld und das Landespflegegeld bekommen?
Ich bezweifle, dass das so viele Millionäre bekommen. Um die wenigen rauszufiltern, wäre eine riesige Bürokratie notwendig. Wir haben uns daher für die unbürokratische Lösung entschieden. Wir haben in den vergangenen Jahren Krisenbewältigung gemacht, indem wir Menschen vielfältig unterstützt haben. Da wäre es doch sehr widersprüchlich, wenn wir jetzt als erstes dieses Geld kürzen würden.
Albert Füracker: Freie-Wähler- und CSU-Minister werden gleich behandelt
Karlsruhe hat den Klima- und Transformationsfonds sowie den Wirtschaftsstabilisierungsfonds gekippt. War denn auch die Umbuchung von 400 Millionen Euro aus dem bayerischen Corona-Fonds in Markus Söders Hightech-Agenda verfassungswidrig?
Nein. Denn wir haben diese Investitionen nicht aus Schulden, sondern aus regulären Haushaltsmitteln bezahlt! Wichtiges Ziel bei der Haushaltsaufstellung 2022 war, die Wirtschaft stabil zu halten. Als es an die Umsetzung ging, haben wir für die Hightech-Agenda aber keine Covid-Kredite in Anspruch genommen. Daher ist der Haushaltsvollzug definitiv nicht verfassungswidrig, weil wir keine Schulden gemacht haben. In Berlin hat man aber sogar Kreditermächtigungen in Sonderfonds übertragen. Wir haben alles transparent im Haushalt abgebildet.
Wobei das der Oberste Rechnungshof (ORH) etwas anders sieht.
Der hat uns damals für unsere Planung kritisiert. Wir haben es aber ohnehin so umgesetzt, wie es der ORH geraten hat. Neue Schulden haben wir dafür nicht gemacht.
Nun hatten die Freien Wähler Zugewinne bei der Landtagswahl. Wird dadurch auch die Fraktionsreserve erhöht?
Die Entscheidung, wie viel Geld ausgegeben wird, ist nicht von der Größe einer Fraktion abhängig. Wir haben gerade Haushaltsverhandlungen, da werden Freie-Wähler- und CSU-Minister gleich behandelt, ohne Blick aufs Wahlergebnis. Am Ende beschließt der Bayerische Landtag den Haushalt.
Sie sind frisch vereidigt und "ausbefördert". Haben Sie sich eigentlich mal die Frage gestellt, ob Sie überhaupt weitermachen wollen?
Nein. Ich mache leidenschaftlich gerne Politik, und das seit Jahrzehnten. Daher habe ich mich gefreut, dass mich der Ministerpräsident wieder berufen hat. Ich darf eine Aufgabe ausfüllen, die sehr herausfordernd ist und nicht unbedingt dazu führt, dass man täglich neue Freunde gewinnt. Auch wenn mir mein Amt viel Freude bereitet: Ich bin nicht Politiker, um den Spaßfaktor zu erhöhen. Als Finanzminister steht für mich harte Sacharbeit im Vordergrund!
So steht Albert Füracker zur geplanten Garten-Tram durch den Englischen Garten in München
Wann sind Sie denn zuletzt auf dem Bulldog gesessen?
Das ist schon über ein Jahr her, aber nicht für klassische landwirtschaftliche Tätigkeiten. Ich habe aber nie einen Hehl daraus gemacht, dass so eine Aufgabe als Politiker bzw. Minister die ganze Kraft erfordert. Schon als ich in den Landtag gekommen bin, habe ich geregelt, dass mein Betrieb von Berufskollegen bewirtschaftet wird.
Einer der vermutlich auch schon lange nicht mehr auf dem Traktor gesessen ist, ist René Benko. Hat er sich schon beim Freistaat gemeldet?
(lacht) Bei mir jedenfalls nicht. Ich kenne ihn nur aus den Medien.
Tatsächlich?
Ja, wir hatten noch nie persönlichen Kontakt.
Haben Sie aber vielleicht bald. Die BayernLB soll ihm ja einen dreistelligen Millionen-Betrag gegeben haben.
Die BayernLB hat zurecht aufs Bankgeheimnis verwiesen, da schließe ich mich an.
Wie sehen Sie die Pläne um die Garten-Tram durch den Englischen Garten?
Der Englische Garten steht unter Denkmalschutz und es gibt auch in München erhebliche Widerstände. Ich wäre hier erstmal nicht zu euphorisch. Zunächst wollen wir die Pläne der Stadt sehen und werden dann im Kabinett darüber sprechen. Je größer der Eingriff wird, desto unwahrscheinlicher wird er allerdings aus meiner Sicht.
Sie haben über Arbeitskräftemangel gesprochen und dass Sie gerne Steuereinnahmen von "vielen" hätten. Da müsste der Finanzminister ja der Erste sein, der dafür ist, dass Asylbewerber früher arbeiten dürfen. Oder?
Es gibt dazu unterschiedliche Auffassungen. Mein Finanzministerblick ist: Jeder, der gesund ist und der arbeiten kann, soll und muss zur Arbeit herangezogen werden können. Das ist für mich vollkommen losgelöst vom Thema Asyl. Wenn ich vom Staat Leistungen erhalte, und gesund bin, dann muss ich auch bereit sein, etwas für die Allgemeinheit zu tun.
Wie locker sitzt der Geldbeutel von Bayerns Finanzminister?
Das ist noch nicht ganz mehrheitsfähig?
Im Sozialstaat helfen wir schwachen Menschen, das ist selbstverständlich. Aber er ist nicht für die Menschen gedacht, die sich selbst helfen können. Das herauszufiltern, ist für Sozialpolitiker vermutlich schwierig und das verstehe ich auch. Aber wir müssen natürlich bei jedem Euro, den wir ausgeben, daran denken, wie wir ihn erwirtschaften. Mir wird oft die Frage gestellt: Wie kann es sein, dass jemand, der noch nie in das System eingezahlt hat, dieselben Leistungen bekommt wie jemand, der schon lange eingezahlt hat. Ich dränge drauf, dass man systematisch so denkt.
Reden wir über ein schöneres Thema. 507 Euro geben die Deutschen für Weihnachtsgeschenke aus. Wie sah das bei Ihnen in diesem Jahr aus?
Ich bin jemand, der keine Geschenke erwartet. Insofern mussten alle, die mit mir zu tun haben, damit leben, dass auch ich keine Geschenke mache. Ich bin auch hier leider kein so kreativer Mensch.
Wo sitzt denn dann bei Ihnen privat der Geldbeutel mal locker?
Ehrlich gesagt: nirgendwo. Ich kann für mich in Anspruch nehmen, dass ich in meinem gesamten Leben für privaten Urlaub insgesamt noch keinen fünfstelligen Betrag ausgegeben habe. So ist es halt, es ist auch nichts, unter dem ich leide. Aber ich will auch gar niemanden belehren, der das anders macht und zum Beispiel eine Flugreise unternimmt. Ich bin von Amtswegen schließlich Aufsichtsratsvorsitzender zweier bayerischer Flughäfen – da muss auch Umsatz entstehen.
Womit kann man Ihnen eine Freude abseits von ausgeglichenen Haushalten machen?
Mit netten Menschen. Ich habe mir auch mal ein E-Bike gekauft – das bereitet mir schon Freude. Und Eis essen ist so etwas, da bin ich furchtbar empfänglich. Das ist eine große Schwäche von mir.