Bayern gegen Chelsea: Der große Polizeibericht

Betrunkene Chelsea-Fans, Schlägereien, gefälschte Fan-Artikel und ein Engländer, der auf eine Feldherren-Hallen-Figur klettert. Der Polizebericht zum Final-Wochenende.
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Die Polizei versucht Fans zu stoppen, die durch ein Tor in die Fußball-Arena eindringen wollen.
dpa Die Polizei versucht Fans zu stoppen, die durch ein Tor in die Fußball-Arena eindringen wollen.

Betrunkene Chelsea-Fans, Schlägereien, gefälschte Fan-Artikel und ein Engländer, der auf eine Feldherren-Hallen-Figur klettert. Der Polizebericht zum Final-Wochenende.

München - Arbeitsreiches Wochenende für die Münchner Polizei. 22.000 Chelsea-Fans sind nach München gereist und haben sich nicht immer gut benommen. Auf dem Marienplatz kommt es zu einer brenzligen Situation, als 150 Engländer auf etwa 150 Bayern-Fans treffen. Sogar ein Polizeifahrzeug wurde von Chelsea-Fans attackiert.

Einsatzleiter Polizeivizepräsident Robert Kopp: „Es war ein langer und intensiver Einsatz, bei dem unsere Einsatzkräfte enorm viel zu tun hatten. Unser taktisches Konzept ist voll und ganz aufgegangen. Mit Ausnahme des gefährlichen Irrsinns mit der Pyrotechnik bin ich mit dem Einsatzverlauf sehr zufrieden.“

Lesen Sie hier den großen Polizeibericht zum Champions-League-Wochenende:

 


 

 

Im Rahmen des Champions-League-Finales 2012 fanden in München mit den Endspielen der Frauen und der Herren zwei sportliche Großereignisse statt, die von einem zentralen Fanfest, dem Champions-Festival, im Olympiapark begleitet wurden. Dieses begann mit etwa 1.000 Besuchern bereits am 16.05.2012. Am 17.05.2012 fand neben dem Champions Festival, das von ca. 15.000 Personen besucht wurde, das Champions-League- Finale der Frauen im Münchner Olympiastadion statt.

Die Partie zwischen Olympique Lyonnais und dem 1. FFC Frankfurt sahen sich etwa 50.000 Fans an. Aus polizeilicher Sicht verlief die Veranstaltung weitgehend störungsfrei. Drei Personen liefen während der Siegerehrung auf das Spielfeld. Sie wurden vom Ordnungsdienst festgehalten. Zwei Personen wurden wegen Körperverletzungsdelikten festgenommen und eine Person, da sie ein T-Shirt mit der Aufschrift „ACAB“ trug. Nach Anzeigenaufnahme und der polizeilichen Sachbearbeitung wurden sie wieder entlassen.

Ein bislang unbekannter Täter stahl einem Zuschauer nach Spielende seine Fahne. Das Champions Festival am 18.05.2012 wurde von etwa 10.000 Personen besucht. Dabei kam es zu keinen Vorkommnissen.

 


 

Am gleichen Tag setzte bereits wie angenommen die Anreise der englischen Fans ein. Im Laufe des Abends wurden etwa 600 Engländer in der Innenstadt festgestellt. Hier zeigte sich schon das erwartete Verhalten: Es wurde übermäßig Alkohol konsumiert und lautstark gefeiert. Kurz vor Mitternacht kam es zu einer ersten brenzligen Situation für die Polizei:

Auf dem Marienplatz trafen ca. 150 Chelsea- und ca. 150 Bayern-Fans aufeinander. Ein Engländer verletzte einen Bayern- Fan mit einem Stuhl. Durch das schnelle Einschreiten der Einsatzkräfte blieb es dann aber bei einem verbalen Schlagabtausch. Der Tatverdächtige wurde festgenommen.

Darüber hinaus wurden an diesem Tag drei Italiener und ein Brite festgenommen, die gefälschte Fanutensilien in großer Zahl bei sich hatten. Die Bundespolizei konnte am Flughafen zwei Engländer festnehmen, die etwa 80 gefälschte Tickets ins Land brachten.

 


 

Die Hauptanreise fand am Tag des Champions-League-Finales zwischen dem Chelsea FC und dem FC Bayern München am 19.05.2012 statt. Dabei wurden mit Flugzeugen (v.a. München und Memmingen), Bussen, Autos und der Bahn alle gängigen Verkehrsmittel genutzt. Vom Chelsea FC reisten ca. 22.000 Anhänger an. Aus der Anhängerschaft des FC Bayern München hielten sich geschätzte 165.000 Personen in München auf.

Die szenekundigen Beamten vom SKB-Team Deutschland und die englischen Polizeibeamten unterstützten tatkräftig ihre Münchner Kollegen. Dabei hat sich der Einsatz der beiden uniformierten Londoner Polizeibeamten sehr gut bei der Entschärfung von Konfliktsituationen bewährt. Der im Vorfeld kommunizierte Meeting Point am Odeonsplatz wurde von bis zu 3.000 englischen Fans angenommen. Sie wurden vom Fanprojekt München und einer Fanbotschaft von Chelsea betreut.

 


 

Durch den Genuss alkoholischer Getränke von einem benachbarten Lokal heizte sich die Stimmung hier zunehmend auf. Schließlich wurde der Ausschank eingestellt, wodurch sich die Lage beruhigte. Die Ultras des FC Bayern München trafen sich am Vormittag auf dem Karlsplatz. Ein Fanmarsch durch die Fußgängerzone zum Marienplatz wurde ihnen untersagt. Gegen 15.30 Uhr marschierten sie mit etwa 700 weiteren Fans auf der Fahrbahn der Sonnenstraße zum Sendlinger-Tor-Platz, wo sie schließlich die U-Bahn Richtung Fußballarena München bestiegen. Während des Marsches und im U-Bahnhof wurden vereinzelt pyrotechnische Gegenstände abgebrannt.

 


 

Gegen 13.50 Uhr ereignete sich in der Innenstadt ein Raubüberfall. Hierbei erbeuteten drei englischsprachige Täter, die allerdings alle Trikots des FC Bayern München trugen und von denen einer mit einer Schusswaffe bewaffnet war, in einem Juwelier eine Goldkette im Wert von 14.300,- Euro. Die Ermittlungen hierzu dauern an.

Im Altstadtbereich wurde eine Streifenbesatzung durch Chelsea- Fans angegangen und der Dienstwagen beschädigt. Die beiden Täter, die zunächst in ein nahegelegenes Lokal, das bereits mit etwa 200 englischen Fans besetzt war, flüchten konnten, wurden später bei günstiger Gelegenheit festgenommen.

 


 

Während der Anreise zum Stadion waren die U-Bahnen wie erwartet überfüllt. Zudem wurde die U-Bahn am Marienplatz aufgrund eines Nothaltes längere Zeit angehalten. Das führte dazu, dass sich in der Endphase der Anfahrt zum Stadion erhebliche Rückstauungen in den U-Bahnhöfen sowie eine deutliche Verzögerung einstellten. Auch mussten aufgrund des hohen Andrangs die U-Bahnabgänge am Marienplatz vorübergehend gesperrt werden, bis sich die Situation entzerrte.

 


 

Beim Champions Festival im Olympiapark waren in der Spitze bis zu 20.000 Besucher, darunter ca. 1.500 Chelsea-Fans anwesend. Bevorzugt wurden zur Anfahrt die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt. Der Anmarsch zur Veranstaltung verlief zunächst problemlos. Als es ab 16.00 Uhr auf den Wegen zu Überfüllungen kam, musste der Zugang zur Brücke über den Lilian-Board-Weg geschlossen werden. Die Fans wurden anschließend über die Hanns-Braun-Brücke geleitet.

Auch beim Einlass kam es zu erheblichen Engpässen, die durch den Einsatz von Polizeikräften (u.a. von Infobeamten) entzerrt werden konnten. An der Fußballarena München versuchten acht Angehörige einer Ultra-Gruppierung, über den Zaun in das Stadion zu klettern. Sie wurden wegen Hausfriedensbruch zur Anzeige gebracht. Insgesamt wurden 32 Zaunübersteiger festgestellt.

 


 

Während des Spiels kam es zu einer kurzen Verschnaufpause für die Einsatzkräfte. Die Fußballfans verteilten sich auf die verschiedenen Veranstaltungsörtlichkeiten (Fußballarena München: 62.500, Olympiastadion: 65.000, Theresienwiese: 30.000, Bereich Schwabing: ca. 10.000) und verfolgten das Spiel.

Mit Ausnahme des Einsatzes pyrotechnischer Gegenstände beruhigte sich in dieser Zeit die Situation. Unmittelbar nach Spielende liefen vereinzelt Anhänger des Chelsea FC auf das Spielfeld. Das sofortige Errichten einer Polizeikette verhinderte, dass weitere Personen auf das Spielfeld liefen. Die Fans, die sich bereits auf dem Spielfeld befanden, wurden auf ihre Ränge verwiesen.

 


 

In Schwabing strömten die Personen, die sich das Spiel in den umliegenden Lokalen angesehen hatten, auf die Leopoldstraße. Deswegen musste bereits kurz vor Spielende die Fahrbahn gesperrt werden. Im weiteren Verlauf stieg die Zahl der Fans auf der Straße auf bis zu 30.000 an.

Ab 03.00 Uhr konnte die Fahrbahn sukzessive für den Fahrverkehr freigegeben werden. Die Chelsea-Fans verteilten sich in der Innenstadt (v.a. Odeonsplatz und Marienplatz), wo sie ausgelassen ihren Sieg feierten.

Dabei kam es zu einem bemerkenswerten Vorfall, nachdem ein Engländer an der Feldherrenhalle auf eine der großen Figuren geklettert war. Als er nicht mehr alleine herunter kommen konnte und in ca. 15 Meter Höhe feststeckte, musste er durch die Feuerwehr geborgen werden.

Ein Schwerpunkt des Einsatzes war die Verkehrssituation. Insbesondere am Nachmittag kam es zu den erwarteten Überfüllungen im Bereich der Innenstadt. Im Zeitraum von ca. 15.30 bis 18.00 Uhr machte ein erhöhtes Fußgängeraufkommen einige Verkehrssperren im Altstadtbereich erforderlich. Zudem musste die Polizei im Innenstadtbereich insgesamt 61 falschgeparkte Fahrzeuge abschleppen.

 


 

Zu einem unerfreulichen Punkt des Einsatzes wurden pyrotechnische Gegenstände, wodurch eine unnötige Gefährdung entstand. So wurden bereits vor aber auch nach dem Spiel in der Innenstadt vereinzelt „Nebeltöpfe“ und pyrotechnische Gegenstände gezündet. Auch bei beiden Public- Viewing-Veranstaltungen wurde Pyrotechnik abgebrannt.

Sowohl auf der Theresienwiese als auch im Olympiastadion konnten einige Tatverdächtige festgenommen werden. In der Fußballarena München wurden zu Beginn der zweiten Halbzeit rund zehn bengalische Feuer, mehrere Kanonenschläge sowie Blitzer gezündet.

Bereits beim Endspiel der Frauen wurde zu Beginn Pyrotechnik eingesetzt. Darüber hinaus musste festgestellt werden, dass professionelle Taschendiebe das Besucheraufkommen rund um das Champions-League-Finale ausgenutzt haben. Es kamen im Verlaufe des Tages 29 Taschendiebstähle zur Anzeige.

 


 

Im Laufe des Einsatzes mussten die Polizeibeamten 143 Personen (davon u.a. 32 wegen Körperverletzungsdelikten, 28 wegen des Erschleichens von Leistungen, 20 wegen Verstößen gegen das Markengesetz, 19 wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz und 9 wegen Taschendiebstahls) festnehmen. 12 Personen wurden in Gewahrsam genommen. Von 30 Personen wurden die Personalien festgestellt. Darüber hinaus wurden von der Polizei gegen zwei Personen Ortsverbote für die Veranstaltungsbereiche ausgesprochen.

 

 

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