Kein bayerisches EM-Bier in der Allianz Arena? Das sagen die Münchner Brauereien

In der Allianz Arena darf bei der Fußball-EM kein bayerisches Bier ausgeschenkt werden. Die AZ hat nachgehakt, wie das bei den Brauereien in München so ankommt.
von  Guido Verstegen
Gehört für viele Fans zu einem Fußballspiel ganz einfach dazu: Bier und Bratwurst.
Gehört für viele Fans zu einem Fußballspiel ganz einfach dazu: Bier und Bratwurst. © imago/Pressefoto Rudel

München - Sie beginnt am 14. Juni mit dem Eröffnungsspiel in München und endet am 14. Juli mit dem Finale in Berlin: Die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland wirft ihre Schatten voraus. Die ausrichtende Europäische Fußball-Union (Uefa) ist bekannt für ihre strikten Vorgaben bei solchen Großereignissen. Das hat auch Folgen für München. So darf in einem der schönsten Stadion der EM, nämlich in der während des Events als "Munich Football Arena" firmierenden Allianz Arena, nur Bitburger und kein Münchner Bier ausgeschenkt werden.

Im AZ-Interview äußerte sich Münchens Sportreferent Florian Kraus zuletzt durchaus kritisch zu dieser Tatsache und stellte klar: "Bei den European Championships konnte ein großer Teil der Wertschöpfung regional erfolgen. Das hat mir gefallen. Aus Gründen der Nachhaltigkeit ist die Vorgabe nicht ideal."

Marta Girg von der Bio-Brauerei in München: "Fußball ist eine Plattform mit Einfluss und Vorbildcharakter"

"Wir, als die erste Bio-Brauerei in München, sehen Nachhaltigkeit, Regionalität und Bio als zentrales Element unserer Unternehmensphilosophie. Wir sind davon überzeugt, dass eine ausgewogene Berücksichtigung von Sport und Spaß, Genuss und Nachhaltigkeit zu einer gelungenen Veranstaltung beitragen kann", erklärte Marta Girg dazu auf Anfrage der AZ.

In der Brauhalle von Haderner Bräu: Marta Girg blickt auf 19 Jahre Berufserfahrung in der Bio-Branche zurück.
In der Brauhalle von Haderner Bräu: Marta Girg blickt auf 19 Jahre Berufserfahrung in der Bio-Branche zurück. © Daniel von Loeper

Haderner Bräu hält im EM-Umfeld "generelle Sensibilisierung für Umweltthemen" für wichtig

Sie ist bei der Münchner Girgbräu GmbH (Haderner Bräu) für Marketing/PR zuständig und findet es bedenklich, dass der Bier-Ausschank bei einer Fußball-Großveranstaltung – einmal mehr – sozusagen von oben herab reglementiert werde. Fußball sei nicht nur ein Nationalsport, sondern auch eine Plattform mit enormem Einfluss und Vorbildcharakter für alle Generationen.

Marta Girg: "Gerade in diesem Umfeld sollte eine generelle Sensibilisierung für Umweltthemen eine bedeutende Rolle spielen. Es ist bedauerlich, dass die Uefa dies nicht berücksichtigt und München – obwohl die Stadt normalerweise sehr viel Wert darauf legt – in dieser Hinsicht nachgibt."

EM-Turnierdirektor Philipp Lahm: "Thema Nachhaltigkeit steht ganz oben auf der Agenda"

Für die Vertreter der Landeshauptstadt ist es allerdings nicht ganz so einfach, ein Veto einzulegen, das dann auch die entsprechende Wirkung zeigt. Denn die Verträge mit der Uefa schließen nicht die Verantwortlichen der jeweiligen Austragungsorte ab.

Das übernimmt in erster Linie ein Joint Venture, das der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Uefa für die Organisation der Europameisterschaft 2024 gegründet haben. Gesellschafter des Joint Ventures sind die DFB EURO GmbH und die UEFA Events SA. Philipp Lahm, Botschafter der erfolgreichen EM-Bewerbung und Geschäftsführer der DFB EURO GmbH übernimmt in der Organisation die Rolle des Turnierdirektors.

Philipp Lahm an einer Werbebande im Stadion des RCD Mallorca während des Trainingslagers der DFB-Auswahl für die EM 2008: Der deutsche Ex-Nationalspieler ist Turnierdirektor der EM 2024, die deutsche Brauerei Bitburger stellt als offizieller nationaler Partner des Turniers das offizielle Bier der EM-Endrunde bereit. (Archivbild)
Philipp Lahm an einer Werbebande im Stadion des RCD Mallorca während des Trainingslagers der DFB-Auswahl für die EM 2008: Der deutsche Ex-Nationalspieler ist Turnierdirektor der EM 2024, die deutsche Brauerei Bitburger stellt als offizieller nationaler Partner des Turniers das offizielle Bier der EM-Endrunde bereit. (Archivbild) © Ronald Wittek/dpa

36-Stunden-Ticket während der EM: VDV rechnet mit großer Nutzung

Das Thema Nachhaltigkeit stehe bei der EM "ganz oben auf der Agenda und setzt neue Akzente für künftige große Sportereignisse", sagte der ehemalige Nationalspieler und Ex-Profi des FC Bayern im Oktober vergangenen Jahres. Damals informierte der DFB über das 36-Stunden-Ticket als Bestandteil der Eintrittskarten zu allen EM-Spielen. Es ist jeweils gültig von 6 Uhr am Spieltag bis 18 Uhr des Folgetages im gesamten Verkehrsverbund, also auch weit über die Grenzen der jeweiligen Austragungsorte hinaus ins Umland und in die Nachbarstädte.

Lahm: "Durch die Partnerschaft mit den deutschen Verkehrsunternehmen stellen wir sicher, dass die große Mehrheit der Zuschauerinnen und Zuschauer umweltfreundlich und sicher mit Bus und Bahn anreisen können." Der in den Vertrag eingebundene Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) rechnet damit, dass je nach Austragungsort rund 70 Prozent der Besucher bei der Reise zum und vom Stadion die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen werden.

Kein lokales Bier in der EM-Arena: Das sagt der Verein Münchner Brauereien

Der Verein Münchner Brauereien äußert sich zur Bier-Ausschank-Frage in der Münchner Arena zurückhaltend diplomatisch. "Selbstverständlich respektieren wir die Vereinbarungen zwischen Veranstaltern und Sponsoren von Veranstaltungen und Großereignissen. Die Münchner Brauereien engagieren sich vielschichtig im Breiten- sowie Spitzensport als zuverlässiger Partner von Vereinen und Verbänden", sagte Geschäftsführer Andreas Maisberger der AZ.

Der Verein ist der Zusammenschluss der sechs großen Münchner Brauereien: Augustiner, Hacker-Pschorr, Hofbräu, Löwenbräu, Paulaner und Spaten. Er vertritt nach eigenen Angaben deren gemeinsame Interessen, die sich aus den Begriffen "Münchner Bier" und "Oktoberfestbier" sowie ihrer gemeinsamen Herkunft und Tradition ergeben.

"Die verschiedenen Brauereien verfolgen individuelle Marketing- und Sponsoringstrategien. In der Münchner Gastronomie bieten sich dem geneigten Fußballfan auch im Umfeld dieser EM viele Möglichkeiten ganz individuell das richtige Bier seiner Wahl genießen zu können", sagt Maisberger.

Erdinger-Sprecher Kuffner: "Immerhin hat eine deutsche Brauerei den Zuschlag erhalten"

Erdinger Bräu als Brauerei aus dem Raum München betreffe die Frage des Bier-Ausschanks bei der EM kaum, sagte Wolfgang Kuffner, Gesamtleitung Marketing des Unternehmens der AZ: "Wir konzentrieren uns auf unsere Kernregion, unsere Gastronomie-Partner und die digitale Welt von Social Media." Hier werde man sich "mit aufmerksamkeitsstarken Aktionen" präsentieren.

Silos auf dem Gelände der Privatbrauerei Erdinger Weißbräu. (Archivbild)
Silos auf dem Gelände der Privatbrauerei Erdinger Weißbräu. (Archivbild) © picture alliance /dpa

Kuffner hält Exklusivrechte "aus wirtschaftlicher Sicht der Uefa und der Werbepartner" für "nachvollziehbar". Mit Blick auf die Nachhaltigkeit habe immerhin eine deutsche Brauerei den Zuschlag erhalten. Auf die Frage, ob Erdinger Bräu spezielle Events und Veranstaltungen – wie zum Beispiel Public Viewing – plane, wollte Kuffner noch nicht zu viel verraten. "Vielleicht so viel: Für München und das Umland wird es für die Fans eine coole Aktion in Kooperation mit Radio Gong geben." 

Mit Biermarken international und regional sehr präsent

Mit ihrem Weißbier fühlt sich die Brauerei traditionell dem Fußballsport verbunden, sie hatte in der Vergangenheit sehr erfolgreiche Partnerschaften mit dem gerade verstorbenen Franz Beckenbauer sowie dem FC Bayern und aktuell mit dem Bayerischen Fußballverband sowie Jürgen Klopp, dem deutschen Trainer des FC Liverpool. Mit dem Erdinger Alkoholfrei ist man vorwiegend in der internationalen Biathlon-, Lauf- und Triathlon-Szene präsent.

Haderner Bräu setze sich als Sponsor des heimischen Nachbarsvereins FC Neuhadern "nicht nur für die Freude am Fußball ein, sondern auch für die Gemeinschaft und die Verbundenheit mit unserer Region", betonte Marta Girg, die das Familienunternehmen gemeinsam mit ihrem Mann und Geschäftsführer Thomas Girg leitet. "In diesem Sinne planen wir, trotz der Einschränkungen, im Rahmen der EM Präsenz zu zeigen." Dies geschehe mit eigenen Events, Public Viewings und speziellen Angeboten wie zum Beispiel Bierfässchen für Fußballfans.

Paulaner und Hacker-Pschorr sind "dem Münchner Fußball seit langen Jahren verbunden"

Auf die Frage, welche Rolle alkoholfreies Bier rund um die EM spiele, antwortete Girg: "Für alle Fußball-EM-Fans bieten wir neben unseren klassischen Sorten auch ein alkoholfreies, naturtrübes Kellerbier an. Aber auch unser Leichtes Helles war schon letztes Jahr ein richtiges Trendbier mit immer wachsenden Zuspruch." Für Kuffner spielt das Alkoholfreie aus seinem Unternehmen als "sportlicher Durstlöscher und als Ritual nach dem Sport seit vielen Jahren eine zentrale Rolle in unserem Sportsponsoring und wird das auch zukünftig tun".

Die für die Öffentlichkeitsarbeit von Paulaner und Hacker-Pschorr zuständige Pressesprecherin Birgit Zacher erklärte, dass beide Marken dem Münchner Fußball seit langen Jahren verbunden seien und man sich deshalb auch "nur im entsprechenden Umfeld" engagiere .

Zacher: "2024 wird es wie auch in den vergangenen Jahren Aktionen und Gewinnspiele geben. Bei Paulaner mit dem FC Bayern München und bei Hacker-Pschorr mit dem TSV 1860 München und dem EHC Red Bull München, mit dem uns ebenfalls eine langjährige Partnerschaft verbindet. Zur EM seien keine Aktionen geplant.

Giesinger übt Kritik, ist aber nicht überrascht: "Ist ja leider nicht das erste Mal"

Die Kult-Brauerei Giesinger Bräu heißt das Vorgehen der Veranstalter nicht gut. Es gebe aus Münchner Sicht viele Gründe , Kritik an der Wahl des EM-Bieres zu üben, doch "insbesondere unter ökologischen Gesichtspunkten" sei die Vergabe überhaupt nicht sinnvoll, erklärte Steffen Marx, Gründer und Geschäftsführer, auf AZ-Anfrage.

Ein Großevent wie eine EM, die Fans aus der ganzen Welt in eine "Bierstadt wie München" locke, sollte lokales Bier direkt an der Spielstätte ausschenken. Ansonsten würden die Austragungsorte einen großen Teil ihrer Individualität einbüßen.  Marx: "Aber ist ja leider nicht das erste Mal, dass alles dem Kommerz untergeordnet wird. Kommerz schlägt Nachhaltigkeit, auf diese Formel lässt sich diese Reglung herunterbrechen."

Darum konzentriere sich Giesinger Bräu weiter auf den Amateur- und Breitensport. Dort unterstützt die Brauerei eine Reihe von Vereinen und Aktivitäten vom Fußball über Volleyball bis hin zum Turnen. Um während der EM trotzdem präsent zu sein, veranstalte man Public Viewings im Gasteig und im Bräustüberl. Mit Blick in die Zukunft sei man aktuell "zufrieden mit unserer Ausrichtung", sagte Marx und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: "Aber natürlich gibt es da einige Fußballvereine in unmittelbarer Nähe unseres Giesinger Standortes, denen wir uns sehr verbunden fühlen."

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