Bayerischer Verdienstorden für S-Bahn-Opfer Dominik B.
MÜNCHEN - Ministerpräsident Seehofer verleiht dem couragierten Helfer von Solln posthum Bayerns höchste Auszeichnung. Den Landtag beschäftigt derzeit das Thema der Prävention von Gewalt und Sicherheit in der S-Bahn.
Für seine Zivilcourage, die er mit dem Tod bezahlte, wird Dominik B. posthum mit der höchsten Auszeichnung geehrt, die der Freistaat zu vergeben hat: dem Bayerischen Verdienstorden. Dafür hat Ministerpräsident Horst Seehofer jetzt extra eine Feierstunde nach dem Urnenbegräbnis geplant. Gestern legte das bayerische Kabinett in seiner Sitzung eine Schweigeminute für das Opfer des S-Bahn Mordes ein. Die Bürger forderte Seehofer auf, sich an einer Schweigeminute im öffentlichen Nahverkehr zu beteiligen.
„Sein Tod ist Mahnung gegen Gleichgültigkeit, Brutalität und Gewalt. Wir trauern um ihn und werden sein Andenken auch öffentlich bewahren“, erklärte Seehofer gestern sichtlich bewegt. Der Bayerische Verdienstorden wird als „Zeichen ehrender und dankbarer Anerkennung für hervorragende Verdienst um den Freistaat Bayern und das bayerische Volk“ verliehen. Seit seiner Schaffung vor 52 Jahren wurde er nur an 5107 Personen vergeben.
„Das gesamte bayerische Kabinett verneige sich mit Respekt und Hochachtung vor demOpfer von Solln, so Seehofer. „Wir alle sind fassungslos über das brutale und abscheuliche Verbrechen.“ Im Kabinett allerdings zeigten sich CSU und FDP eher ratlos. Sie konnten sich nicht auf sofortige politische Konsequenzen aus der tödlichen Attacke einigen. Schon gar nicht jetzt vor der Bundestagswahl.
Reflexartig fordert die CSU seit Jahren bei solchen Fällen eine Erhöhung des Strafmaßes. Doch schon zu Zeiten von Kanzler Helmut Kohl und der schwarz-gelben Bundesregierung konnte sie sich damit nicht durchsetzen. Ebenso wenig unter Bundeskanzlerin Angela Merkel großer Koalition. Und jetzt, in der bayerischen Koalitions-Regierung mit der FDP schon gar nicht. Der stellvertretende Ministerpräsident Martin Zeil (FDP) blockte CSU-Chef Seehofer gestern ab und warnte vor „vorschnellen Kundgebungen“: „Wir müssen die Dinge auf den sachlichen Kern zurückführen.“ Seehofer: „Wir haben festgestellt, dass wir hier unterschiedliche Positionen haben.“ Eine Arbeitsgruppe soll nun in den nächsten vier Wochen eine Kompromisslinie finden. Da ist die Bundestagswahl dann vorbei.
Einig war man sich nur, auch künftig die S-Bahnhöfe nach dem Vorbild der U-Bahn zu überwachen und die bereits eingeführten Präventionsmaßnahmen an den Schulen und im Jugendbereich „konsequent fortzuführen. „Damit es nicht zu solchen Lebensläufen, wie bei den beiden Tätern kommt“, so Seehofer. Schon bei den letzten Vorfällen hatten Experten der Staatsregierung erklärt, dass diese kriminelle Karrieren mit dem Schulabbruch beginnen. Unisono hatten sie eine Betreuung der Schüler auch am Nachmittag gefordert. Bei Ganztagsschulen allerdings hinkt Bayern aber noch weit hinterher. Seehofer: „Für mich gibt es da keine Tabus mehr, aber auch keinen Aktionismus.“
Innenminister Joachim Herrmann allerdings warnte vor zu hohen Erwartungen: „Auch ein noch so ausgeklügeltes Sicherheitskonzept kann solche Extremtaten nicht ausschließen.“ Die Gewaltkriminalität in München sei im Bundesdurchschnitt nicht nur am geringsten. Sie sei erstmals auch zurückgegangen. Laut Innenministerium gab es in der Landeshauptstadt im vergangenen Jahr 3 900 Gewalttaten, in Köln 5 500, in Hamburg 8800 und in Berlin 19 000. „In der Bundeshauptstadt sind die Menschen da schon abgestumpft“, so Herrman. „Da gibt es schon keine Empörung mehr.“
Justizministerin Beate Merk attackierte die Stadt München: „In Würzburg und Regensburg gibt es geschlossene Heime für solche Jugendliche. Für solche Fälle brauchen wir endlich auch eines in München."
bö