Bayerischer Rundfunk in Nöten: Seit Jahren rote Zahlen

Ein Sonderbericht des Rechnungshofs empfiehlt dem Bayerischen Rundfunk, "dringend" weiter zu sparen.
von  Ralf Müller
Dunkle Wolken über dem Sendeturm des Bayerischen Rundfunks in Freimann, wo das trimediale Zentrum des Senders entsteht.
Dunkle Wolken über dem Sendeturm des Bayerischen Rundfunks in Freimann, wo das trimediale Zentrum des Senders entsteht. © Hörhager/dpa

München - Trotz der bisherigen Sparmaßnahmen würden die finanziellen Reserven des Senders bis Ende 2024 weitgehend aufgebraucht sein, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Sonderbericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH). 

In einzelnen Bereichen zweifelt der Rechnungshof am Sparwillen des BR

Der Finanzbedarf werde vor allem deshalb weiterhin steigen, weil der BR seine Pensionsverpflichtungen erfüllen müsse. Außerdem verfolge die ARD-Anstalt ehrgeizige Ziele beim Digitalausbau.

Es werde daher kein Weg an weiteren Einsparungen insbesondere mittels des bereits begonnenen Personalabbaus vorbeiführen, stellen die Prüfer fest. In einzelnen Bereichen zweifelte der ORH am Sparwillen des Senders, etwa bei der Vergabe von Beratungsaufträgen an Externe. Einsparungen seien auch beim 375 Fahrzeuge umfassenden Fuhrpark (Stand Ende 2018) möglich. 

Markwort: BR zahlt seinen Direktoren die höchsten Gehälter aller ARD-Sendeanstalten

Kritisch sieht der ORH auch, dass der BR das bundesweit ausgestrahlte Programm "ARD-alpha" mit geringen Einschaltquoten allein finanziere. Dem verstärkten Personaleinsatz im BR-Studio Berlin sei keine Bedarfsanalyse vorausgegangen, kritisierten die Prüfer außerdem.

Die ORH-Prüfung findet alle paar Jahre statt. Der Bericht steht nicht im direkten Zusammenhang der Affäre um die frühere RBB-Intendantin Patricia Schlesinger, nach der auch einige Vorkommnisse beim BR in die Kritik gerieten. Dabei geht es um eine angeblich sechsstellige Abfindung für den ehemaligen Kulturchef des Senders sowie um die üppige Ausstattung seiner Technik-Direktorin mit Dienstwagen und Fahrern. Der medienpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion und Rundfunkrat Helmut Markwort beanstandete außerdem, dass der BR seinen Direktoren die höchsten Gehälter aller ARD-Sendeanstalten zahle.

"Unten wird geknapst und geknausert, und oben ist man sehr großzügig", so Markwort. Das Gehaltsniveau beim Sender werde nach einem von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) in Auftrag gegebenem Gutachten "bereits jetzt als (teilweise) überhöht beurteilt", merkt der ORH an.

Bayerischer Rundfunk soll den Erfolg der Beratungen systematisch kontrollieren

Bei Aufträgen an externe Berater forderte der Rechnungshof, dass Mängel "umgehend unterbunden werden". Von den 74 dem ORH vom Sender gemeldeten Beratungsleistungen im Gesamtwert von 3,4 Millionen Euro vergab der BR demnach mehr als die Hälfte (42) "freihändig, ohne Vergleichsangebote einzuholen". Die ARD-Anstalt solle zudem den Erfolg der Beratungen systematisch kontrollieren. Markwort kritisierte, dass der Sender trotz einer hohen Mitarbeiterzahl überhaupt so viele externe Aufträge vergebe.

Die Rechnungsprüfer bescheinigten dem Sender Fortschritte beim Personalabbau. Im Vergleich zu 2016 sei die Planstellenbesetzung leicht auf 3.140 gesunken. Die Prüfer zeigten sich allerdings irritiert, dass der Stellenplan nicht reduziert wurde, sondern 2020 sogar 168 mehr Stellen auswies als 2016. Der Sender spare im Übrigen nichts, wenn bestehende Stellen in höhere Gehaltsgruppen verlagert und hohe Tarifsteigerungen vorgenommen würden.

Steigende Pensionslasten stellen den BR noch lange vor erhebliche Herausforderungen 

Das Hauptproblem nicht nur des BR, sondern aller öffentlich-rechtlichen Sender sind die Pensionslasten. Ende 2020 habe bei der Absicherung der betrieblichen Altersversorgung eine Unterdeckung in Höhe von 465 Millionen Euro bestanden. "Tendenziell", so der ORH, werde sich diese Unterdeckung "weiter erhöhen": "Die weiter steigenden Pensionslasten werden den BR noch lange vor erhebliche Herausforderungen stellen und seine finanzielle Handlungsfähigkeit einschränken." Daher sei "in allen Bereichen weiter zu prüfen, wie sich Strukturen nachhaltig verschlanken lassen".

Der BR habe seine Altersversorgung grundlegend reformiert und zum Jahr 2017 auf ein rein beitragsfinanziertes System umgestellt, so ein Sprecher des Senders. Darüber hinaus baue der BR seit 2016 konsequent Personal ab. Beides führe zu einer Absenkung der Pensionslasten. Nach Angaben des BR verursachen die in den letzten Jahren gegen Null tendierenden Kapitalmarktzinsen erhebliche Probleme mit der Altersversorgung. Diese seien "nicht durch eine Erhöhung der Pensionen, sondern durch einen anhaltenden Verfall der Kapitalmarktzinsen geprägt", betonte der BR.

Aus der Sicht des ORH ist das so nicht ganz richtig. "Die steigende Zahl an Versorgungsempfängern wird dazu führen, dass die tarifvertragliche betriebliche Altersversorgung zunehmend zu Mittelabflüssen führt", heißt es in dem Bericht. Es sei zwar richtig, dass die niedrigen Zinsen zu Problemen geführt hätten, andererseits habe der Sender "in der Vergangenheit selbst die Grundlage für die bestehenden Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung gelegt."

Wäre der BR ein Wirtschaftsunternehmen, müsste er seit Jahren rote Zahlen ausweisen. Handelsrechtlich hätten die Jahresergebnisse des Senders von 2018 bis 2020 einen Fehlbetrag von 267 Millionen Euro ergeben, rechnete der ORH aus. Ende 2020 habe der Sender erstmals ein negatives Eigenkapital von 47 Millionen Euro gezeigt. Nebenbei rügten die Rechnungsprüfer, dass der BR ihre Arbeit erschwere. In der BR-Kostenrechnung würden nur noch weniger als die Hälfte der anfallenden Kosten "verursachungsgerecht" erfasst und der Rest als "Gemeinkostenblock" ausgewiesen. Das vermindere die "Aussagekraft der Kostenrechnung".

BR nur Mieter: Konzertsaalneubau im Werksviertel ist ein staatliches Projekt 

Die drei Klangkörper des BR verschont der Bericht mit Kritik. Der vom Symphonieorchester gewünschte, derzeit geplante, aber nicht begonnene Konzertsaalneubau im Werksviertel ist ein staatliches Projekt, in dem der Sender nur Mieter wäre. Die jährliche Erbpacht von 592.000 Euro für das Grundstück zahlt der Freistaat. Indirekt kommt der Neubau allerdings doch vor: Erwähnt werden Baumaßnahmen für den Chor und das Rundfunkorchester in Unterföhring, falls beide Klangkörper sanierungsbedingt das Funkhaus am Rundfunkplatz verlassen müssen.

Diese Kosten würden auch bei einem bereits fertigen Konzerthaus anfallen: Dort wären nach derzeitigem Stand keine Räume für die beiden anderen Klangkörper des BR vorgesehen - eine der vielen Merkwürdigkeiten dieses an teuren Eitelkeiten reichen Projekts.

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