Banden schlagen zu: 10 Einbrüche pro Tag

Immer wieder schlagen Einbrecher in München zu. Die Fallzahlen sind im Vergleich zu 2012 um 20 Prozent gestiegen – eine Münchnerin (57) erzählt, wie bei ihr eingebrochen wurde.
Nina Job |
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München - Aus allen Richtungen rasen Streifenwagen mit Blaulicht und Martinshorn heran. Uniformierte Polizisten rennen durch sonst ruhige Wohnstraßen. Stundenlang kreist der Hubschrauber. Szenen, die die Münchner in den vergangenen Wochen häufiger und in vielen Stadtvierteln erlebt haben. Die Polizei hat den Einbrechern den Kampf angesagt. Bei entsprechenden Hinweisen rückt die Polizei auch schon mal mit 30 Einsatzkräften aus, um die Täter zu erwischen.

„Wenn wir einen Hinweis bekommen, bei dem wir davon ausgehen, dass der Täter noch in der Nähe ist, setzen wir alles in Bewegung“, sagte Polizeivizepräsident Robert Kopp gestern bei einer Pressekonferenz mit Innenminister Joachim Herrmann. Derzeit machen – wie berichtet – Einbrecherbanden die ganze Stadt unsicher.

Statistisch gesehen gibt es zur Zeit zehn Einbrüche täglich! Die Täter schlagen gern an Ausfallstraßen oder in der Nähe von Autobahnen zu, um besser flüchten zu können. Doch erwischen kann es jeden. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Fallzahl um fast 20 Prozent auf 1437 Einbrüche (bis 22. November) gestiegen.

Ingrid G. (57, Name geändert) hat es im Oktober erwischt. Die Aubingerin hat beruflich und privat intensiv mit dem Thema Sicherheit zu tun. „Aber ich gebe zu, ich hab’ das in meinem Haus völlig außer acht gelassen. Ich hab’ das nie auf mich bezogen, obwohl man ständig darüber hört und liest.“ Die 57-Jährige war verabredet, um kurz nach 18 Uhr verließ sie ihr Haus. „Heute bin ich mir sicher, dass der Täter da schon auf meiner Terrasse stand und nur darauf gewartet hat, bis ich weg bin.“

Unfassbar: Nur zehn Minuten später sah ein Anwohner einen fremden, blonden Mann aus ihrem Garten kommen. „Er hatte einen weißen Sack in der Hand, der prall gefüllt war. Der Augenzeuge hat nicht die Polizei gerufen, obwohl er sich gewundert hat.“ Als Ingrid G. am späten Abend wieder nach Hause kam, bemerkte sie den Einbruch erst gar nicht. Ingrid G. schloss arglos die Tür auf. Dass sie – wohl mit einer Harke aus dem Garten – aufgebrochen worden war, sah sie nicht.

Erst, als sie ihr Schlafzimmer betrat, realisierte sie, dass eingebrochen worden war. Von einem Kissen fehlte der Bezug - der Einbrecher hatte ihn zum Abtransport der Beute benutzt. Nach und nach stellte Ingrid G. fest, was noch alles fehlte: Vor allem Schmuck und Uhren waren gestohlen worden. Wert: über 30000 Euro.

„Mein Lebensgefährte sagte zu mir: ,Du lernst es nie, du hast wieder die Terrassentür aufgelassen!’“ Ihr Freund zögerte zuerst, ob sie überhaupt die Polizei rufen sollten. „Man schämt sich, weil man so dumm war“, sagt Ingrid G. Doch dann wählte sie die 110 und wunderte sich, wie schnell die Polizei da war. Je schneller sie informiert wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Täter geschnappt werden.

Der Einbrecher wurde noch nicht gefasst. Er hinterließ außer einem beträchtlichen Schaden auch Angst und Schrecken. „Ich konnte anfangs mehrere Tage nicht mehr in meinem Bett schlafen. Da war eine Hemmschwelle: Denn da war ein Fremder gewesen!“ Besonders leid tut es Ingrid G. um eine goldene Halskette mit einem Perlenanhänger. Sie war nicht ungewöhnlich wertvoll, aber für Inge G. unersetzlich: „Ich hatte sie von meinem Vater zum 15. Geburtstag bekommen.“

Nach diesem Schreckenserlebnis hat die Aubingerin einiges geändert. „Es kostet nicht die Welt, ein Haus sicherer zu machen. Mit 500 Euro war schon mal das Erdgeschoss gesichert“, berichtet sie. Und dann hat die 57-Jährige noch zu einer ungewöhnlichen Maßnahme gegriffen. Nachdem die Polizei stundenlang bei ihr gewesen war, sie befragt und Spuren gesichert hatte, sprach sie am nächsten Tag ihr unmittelbarer Nachbar an, was denn passiert gewesen sei. Schließlich erwiderte er: „Bei Ihnen kriegt man ja aber auch gar nichts mit hinter der hohen Hecke. Da kann man ja gar nicht reinschauen!“ Ingrid G. hat ihre Hecke radikal beschnitten. Nun ist sie 45 Zentimeter niedriger. „Jetzt fühle ich mich sicherer. Mein Nachbar schaut immer aus dem Fenster. Ich bin jetzt richtig dankbar, dass ich einen neugierigen Nachbarn hab’ – oder besser einen wissbegierigen... Er ruft bestimmt sofort die Polizei, wenn ihm etwas komisch vorkommt.“

 

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