Bahnpendler: Ärger und Frust auf der ganzen Linie

MÜNCHEN - Der tägliche Bahnsinn: Nach dem AZ-Bericht über eine Bahnkundin, bei der von Januar bis Mitte August der Intercity von Günzburg nach München 47 Mal zu spät kam, meldeten sich viele Leser und berichteten von ihrem eigenen Ärger: „Danke für Ihren Artikel, super!“
Das Fazit vieler Zuschriften: „Leider wird sich nichts ändern. Zu viele Strecken sind den heutigen Anforderungen nicht gewachsen“, schreibt beispielsweise Helmut Müller. Er muss als Pendler die DB-Regio von Garmisch/Mittenwald nach München nutzen: „Resignation, so weit das Auge reicht!“ Er hat seit Januar notiert, wann die Züge kamen: Fast alle zu spät.
Oft geht es nur um wenige Minuten. Doch das Schlimme ist: Die Kunden verpassen den Anschlusszug.
Aloisia Chiera schreibt: „Ich pendle täglich zwischen Fürstenfeldbruck und Tutzing. Im Idealfall benötige ich dafür eine Stunde und 15 Minuten einfach. Meine Fahrstrecke beinhaltet neben dem S-Bahnwechsel in Pasing auch Anschlussbusse in Fürstenfeldbruck. Mindestens zwei Mal in der Woche ist die S-Bahn abends so verspätet, dass ich von zwei Anschlussbussen keinen bekomme und bis zu 20 Minuten auf den nächsten warten muss. Manchmal brauche ich bis zu zwei Stunden für den Rückweg!“
Monika Schaffland hatte Probleme, als sie am 30. Juli am Automaten am Erdinger Bahnhof ein Ticket lösen wollte. Der Automat nahm den Zehn-Euro-Schein an – gab aber keine Karte heraus. Als sie sich bei der Bahn beschwerte, gab man ihr eine „Problemnummer“. „Bei meinem Anruf wurde mir dann mitgeteilt, dass es diese Problemnummer nicht gibt.“
Eine andere Bahnkundin wollte am 1. August mit ihren zwei Enkeln mit einem ICE um 12.19 Uhr nach Hannover fahren – mit reservierten Plätzen. Aus „technischen Gründen“ fuhr ein Ersatzzug. „Somit waren alle Reservierungen hinfällig. Mit Müh’ und Not bekamen wir getrennte Sitzplätze.“ In Nürnberg wurde der Zug überfüllt, alle Gänge waren blockiert. Der Zugführer forderte alle im Gang stehenden Fahrgäste auf, den Zug zu verlassen, sonst fahre er nicht los.
„Es sind ganz viele Kleinigkeiten, die die Bahnfahrer ärgern“, so Holger Wolters: Weil der Anschlusszug weg ist, weil die Durchsagen mangelhaft sind. „Sie brauchen keine fünf Sekunden und haben gestaute Halsvenen und einen hohen Blutdruck“, so Wolters. Aber, so resümiert er: „Pendler sind die willigste und einträglichste ,Masse’. Die regen sich heute auf und sitzen morgen doch wieder im gleichen Zug, zahlen ihre Bahncard und die Zuschläge, und alles ist in Ordnung.“ Willi Bock