Bahn wirft noch mehr Schüler aus dem Zug

Nach dem Skandal über die Münchner Schülerin Martina Richter, die aus der S-Bahn geworfen wurde, werden jetzt zwei neue Fälle bekannt: Ein Schüler durfte mit gültigem Ticket nicht in den ICE, ein anderer musste ohne seine Tasche aus der S-Bahn steigen. Im Münsterland geht's auch so zu.
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Dominik Kraft hatte ein Ticket - und durfte dennoch nicht in den Zug.
Martha Schlüter 3 Dominik Kraft hatte ein Ticket - und durfte dennoch nicht in den Zug.
An der Haltestelle Eichenau musste Martina Richter die S-Bahn verlassen
Gregor Feindt 3 An der Haltestelle Eichenau musste Martina Richter die S-Bahn verlassen

MANNHEIM/MÜNCHEN - Nach dem Skandal über die Münchner Schülerin Martina Richter, die aus der S-Bahn geworfen wurde, werden jetzt zwei neue Fälle bekannt: Ein Schüler durfte mit gültigem Ticket nicht in den ICE, ein anderer musste ohne seine Tasche aus der S-Bahn steigen. Im Münsterland geht's auch so zu.

Das Ende der Herbstferien hatte sich Dominik Kraft anders vorgestellt. Der 15-Jährige hatte in Frankenthal bei Mannheim seine Freundin über das Wochenende besucht und wollte am Sonntanachmittag um 15. 31 Uhr zurück nach München fahren - miit dem ICE 109, Erste Klasse. Weil sein Regionalzug nach Mannheim aber verspätet war, verpasste Dominik den Zug. Mit dem nächsten ICE, der eine Stunde später kam, durfte er nicht mitfahren. Der Zugchef sagte: Das Ticket ist wegen der Zugbindung nicht gültig. "Er sagte, es sei ihm egal, wie ich nach Hause komme. Enteweder ich treibe Geld auf oder ich steige aus."

Dominik weinte am Bahnsteig - völlig verwirrt

Dominik war nicht schuld, schließlich hatte die Regionalbahn den Anschluss verpasst. "Ich bin auf den Bahnsteig gegangen und habe dann wirklich angefangen zu heulen", erzählt der Schüler. Er rief erseinen Vater in München an. Der rief die Bahn an. "Die konnten sich das gar nicht vorstellen", erzählt Andreas K. "Sie sagten uns, Dominik hätte dennoch mitfahren können - auf Rechnung." Das Angebot hätte Dominik gerne angenommen - der Zug war aber schon abgefahren.

Die Bahnpolizei half aus: Sie redete mit der Bahn und verschaffte Dominik einen Platz in dem ICE um 19. 23 Uhr - drei Stunden später, um 22. 23 Uhr, stieg Dominik in München aus. Seit Stunden hatte er nichts gegessen oder getrunken. "Er war fix und fertig", sagt Andreas K. "Es ist eine Unverschämtheit, einen 15-Jährigen einfach sitzen zu lassen." Er selbst fährt ungern mit der Bahn: "Auf die kann man sich nicht verlassen." Das denkt jetzt auch Dominik: "Ich bin sehr enttäuscht."

Sogar die Bahn kann sich das nicht erklären

Die AZ fragte bei der Bahn nach: "Das kann ich mir nicht erklären", sagte ein Sprecher. "Das werden wir umgehend überprüfen." Dabei ist das nicht der einzige Fall: Schon am Samstag warf ein Schaffner die Münchner Schülerin Martine Richter (12) aus der S 8 (AZ berichtete). Sie wartete in Eichenau in der Dunkelheit und der Kälte. Gleichzeitig meldete sich ein weiterer Leser: Sein 14-Jähriger Sohn wurde schon vor Wochen aus der S-Bahn nach Tutzing geworfen. Seine Tasche aber fuhr weiter - ohne den Schüler.

Weitere Fälle auch in Norddeutschland

Die Deutsche Bahn hat angeblich auch im Münsterland Jugendliche ohne gültigen Fahrschein aus dem Zug verwiesen. Nach Angaben des Zweckverbands SPNV Münster (ZVM) ereigneten sich mindestens zwei Fälle auf der Bahnstrecke Münster-Coesfeld - einmal im Mai, einmal im September. Ein Bahnsprecher konnte das nicht bestätigen: "Uns ist nichts bekannt", sagte er der "Münstersche Zeitung".

Dass Minderjährige aus dem Zug geworfen werden, hält Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband "Pro Bahn" für ein "Unding". Er vermutet, dass die Kontrolleure schlecht auf solche Situationen vorbereitet sind. "Sie erfahren einen hohen Druck seitens der Bahn, Schwarzfahrer zu erwischen - viele reagieren dann über." Eine Entschuldigung ist das für Naumann nicht: "Solche Leute haben in der Bahn nichts zu suchen."

Thomas Gautier

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