Bahn-Chef Richard Lutz auf München-Tour: Die wichtigsten Projekte

Richard Lutz verschafft sich ein Bild von den Großprojekten in München und der Region. Die AZ hat ihn einen Tag lang begleitet.
München - Man möchte wahrscheinlich nicht immer in der Haut des Bahn-Chefs stecken. Aber jetzt, in diesem Moment, hier am Marienhof, oben auf der Dachterrasse des Infozentrums für die Zweite Stammstrecke – könnte es schlimmer sein.
Richard Lutz verschafft sich erst einmal einen Überblick. Aha, das Rathaus, die Frauentürme, die Theatinerkirche – alles recht imposant. Und da unten gleich neben dem Dallmayr der Eingang zum Alten Hof. "Da hat der Johannes sein Lokal gehabt", sagt der 54-Jährige.
Nun ist es nicht so, dass Lutz besonders häufig in München wäre. Aber Johannes Müller, der frühere Wirt vom Alten Hof, ist Pfälzer wie er. Bei der Einrichtung der Baugrube am Marienhof vor einigen Monaten kam "der Johannes" einfach auf ihn zu. Und so von Pfälzer zu Pfälzer: Da war man natürlich gleich per du.
Im Bordbistro gab’s Rührei. "War lecker", sagt der Bahn-Chef
Den Alten Hof gibt es inzwischen nicht mehr. Aber egal. Lutz ist ja nicht zum Weintrinken nach München gekommen. Der Bahn-Chef will sich die aktuellen Großprojekte in der Region mal selbst anschauen. Deswegen ist er schon in aller Früh in den Zug gestiegen.
Lutz hat in Berlin um 6.01 Uhr den ICE 1001 genommen. Ausgerechnet einen von diesen Vier-Stunden-Sprintern, möchte man fast sagen: Diese Schnellverbindung hat der Bahn schließlich viel Häme eingetragen, seitdem es bei der groß inszenierten Jungfernfahrt zu einer stundenlangen Verspätung gekommen ist. Aber dieses Mal: alles pünktlich.
Zum Frühstück gab’s Rührei aus dem Bordbistro. "War lecker", sagt Lutz. Hier im Infozentrum am Marienhof gibt’s nun Leberkas im Glas. Der Bahn-Chef nimmt eilig ein paar Happen. Dann noch eine schnelle Runde durch die Ausstellung. Und schon geht’s wieder weiter.
Eng getakteter Zeitplan für den Bahn-Chef
Der Tag des Bahn-Chefs in München ist eng getaktet. Ein Termin jagt den nächsten. Es geht jetzt direkt weiter in die Marsstraße zum Büro für die ABS 38, die Ausbaustrecke München-Freilassing. Auf dem Weg dorthin ist aber immerhin ein bisschen Zeit zum Plaudern.
Lutz ist in Anekdoten-Laune. Er holt sein Handy raus, scrollt ein paar Bilder her. Zu sehen ist ein kleines Zamperl, ein Mallorquiner-Mischling, der Schoßhund seiner 28-jährigen Tochter. Die bekommt von Lutz jedes Jahr zu Weihnachten eine Bahncard 50. Und weil sie damit für die Tickets nur noch die Hälfte zahlt, ist die Fahrkarte für den Hund in der Regel teurer als für sie selbst.
Ein bisschen absurd, findet auch Lutz. Er hat in der zuständigen Abteilung deshalb auch schon mal vorgefühlt, ob man die zulässige Größe, bis zu der man Hunde kostenlos mitnehmen darf, nicht ein bisschen lockern kann. Aber da waren die Kollegen knallhart. In der Marsstraße wird es dann wieder ernst. Der Bahn-Chef trifft auf die bayerische Politik. Der frühere Umweltminister Marcel Huber (CSU) ist da, der neue Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU). Es gibt erst ein kurzes Sechs-Augen-Gespräch, dann widmen sich die Herren einem neuen Computerprogramm.
Fahrgastverband Pro Bahn als natürlicher Feind der Bahn
Bei der ABS 38 lässt sich Lutz eine neue Software vorführen. Mit der kann man bis aufs Detail genau simulieren, wie eine Strecke nach dem Ausbau aussehen wird. Oberleitung hin, klick, Oberleitung wieder weg. Gleiches gilt für zusätzliche Gleise oder Lärmschutzwände – für Streckenplaner eine wirklich mehr als nette Spielerei.
Am Abend ist Lutz noch auf einem Bahn-Empfang im Palmenhaus bei Schloss Nymphenburg. Verkehrspolitiker sind da, Gleishersteller, Vertreter von anderen Schienentransportunternehmen – all die sogenannten Stakeholder eben, wie es auf neubairisch gerne heißt. Vor der Bühne steht Jörg Lange vom Fahrgastverband Pro Bahn, wenn man so will der natürliche Feind der Bahn. Wann immer es mal wieder eine Pannenserie gibt: Pro Bahn legt öffentlichkeitswirksam den Finger in die Wunde. "Und wir werden trotzdem eingeladen", sagt Lange.
An diesem Abend allerdings ist Lange milde gestimmt. Wo auch immer es schlecht läuft, egal ob bei der Münchner S-Bahn oder im Fernverkehr, sagt er, man müsse immer auch sehen, dass es der Bund sei, der die Bahn mit dem nötigen Geld ausstatte – oder eben auch nicht. Bahn-Chef zu sein, sei deshalb eigentlich kein Spaß, so Lange. Ob er mit Richard Lutz gerne tauschen wollen würde? "Eigentlich eher nicht", sagt Lange.
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