AZ-Serie: Was mir wichtig ist: „Was mit Kachelmann passiert, empört mich“

Durch einen Skandal ins Rampenlicht zu geraten– das kennt Otti Fischer aus eigener Erfahrung.Hier schreibt er über das Sex-Video von ihm, über seinen Glauben und das Leben mit Parkinson
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„Ich duck mich nicht weg“: Ottfried Fischer, wie Fotograf Hans-Günther Kaufmann ihn sieht.
Hans-Günther Kaufmann „Ich duck mich nicht weg“: Ottfried Fischer, wie Fotograf Hans-Günther Kaufmann ihn sieht.

Durch einen Skandal ins Rampenlicht zu geraten– das kennt Otti Fischer aus eigener Erfahrung.Hier schreibt er über das Sex-Video von ihm, über seinen Glauben und das Leben mit Parkinson

Von Ottfried Fischer

Wenn ich irgendwo, wie zuletzt auf Hawaii, Waidler, also Niederbayern hör – die hören sich ja anders an als Oberbayern – das gibt mir ein vertrautes Gefühl, gibt Bodenhaftung. Da weiß ich, wo ich herkomm und hingehöre, auch wenn ich da gar nicht mehr bin.

In solchen Momenten empfinde ich Heimat als Gnade.

Sie kann aber auch zur Bedrohung werden. Bei der volkstümlichen Musik zum Beispiel. Die ist bisweilen ja ganz furchtbar. Da fördert Heimat Borniertheit und Dummheit. Da passiert's schnell, dass die Menschen sich schlecht behandeln und die Würde in Gefahr gerät.

Da muss man Flagge zeigen. Das mach ich als Kabarettist und als Katholik. Ich bin nicht besonders gläubig, aber ich würde nie aus der Kirche austreten. Da müsste ich etwas mit Stiel und Stumpf ausreißen, das tief in mir verwurzelt ist. Der in Bayern weit verbreitete Katholizismus ist für mich eine Klammer. Die kann einem Kraft und Stärke geben und die Menschlichkeit fördern, wenn's der Verein richtig rüberbringt. Wenn nicht, habe ich als Mitglied das Recht, die Notwendigkeit und die Pflicht, was dazu zu sagen.

Ich duck mich nicht weg. Deshalb habe ich mich auch auf den „Feldzug der Gerechtigkeit“ eingelassen und bin wegen des Sex-Videos – ich bin heimlich gefilmt und dann mit den Aufnahmen unter Druck gesetzt worden – vor Gericht. Ich finde, es gehört zur Moral, dass man sich um seine eigene Moral kümmert und nicht den anderen vorschreibt, was Moral ist. Der Mensch hat die Freiheit, zu tun, was sein Privates ist. Und dazu gehört, dass man ihm diese Freiheit auch lässt.

Ich aber bin mit einer Sache in die Öffentlichkeit gezerrt worden, die ich allein mit mir auszumachen habe – und nahen Verwandten. Als sich vor Gericht herausgestellt hat, dass das Unrecht war, dass Pressefreiheit nicht Erpressungsfreiheit heißt, da war ich schon froh.

Drum empört mich auch, was mit Jörg Kachelmann passiert. Ihn erst aus dem Verkehr zu ziehen und dann zum öffentlichen Schlachten frei zu geben, das ist menschenverachtend.

Neben Werten wie Würde und Moral möchte ich meinen Töchtern, sie sind 13 und 19, Zuverlässigkeit und Selbstwertgefühl vermitteln.

Für mich selbst ist wichtig – wichtiger als Glück und Gesundheit –, dass ich zufrieden bin. Dass jeder Mensch irgendwann im Leben seinen letzten Kampf hat, den er verliert, das ist eine Tatsache. Die muss man verdrängen oder unter Wiedervorlage abbuchen. Aber im Großen und Ganzen, wenn man sich mit seinem Zustand auseinander setzt, kann man einen Punkt erreichen, wo man sich sagt: Ist schon recht, wie's so läuft…

Ich hadere nicht mit meiner Krankheit. Ich habe die Symptome für mich so früh entdeckt, dass ich mich dran gewöhnt habe. Als die Diagnose Parkinson kam, war das für mich keine Überraschung.

Mein beherrschendes Gefühl war: Jetzt musst du schnell damit klar kommen. Und nicht: Oh je, ich bin krank. Beim Tod von Peter Hofmann hätte ich mir sagen können: Das droht dir jetzt. Ich aber habe mir gesagt: Das gibt's also auch. Heißt aber, dass es auch was Anderes gibt. Und vielleicht ist ja mein Weg durch die Krankheit der andere Weg. Wo's besser geht. Da bin ich Optimist.

Dass es im Internet schon Nachrufe auf mich gab, bevor ich mein Bühnen-Programm „Wo meine Sonne scheint“, herausgebracht habe, das macht mir nix. Seit ich als kleiner dicker Pummel aus dem Bayerischen Wald zum Kabarett und ins Fernsehen gekommen bin, habe ich mit dem Faktor gearbeitet, unterschätzt zu werden. Immer, wenn ich mir was aufgebaut hatte, kam einer und sagte: „Das hätte ich aber nicht gedacht von Ihnen, dass Sie das können.“ – „Gell, da schaugst!“ hab ich dann erwidert. Und so sag ich meinen Nachrufern heute: „Denkts euch, was mögts, aber ned mit mir.“Aufgezeichnet von

Renate Schramm

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