AZ-Serie "Familie trifft München": "Wäre ich nicht alleinerziehend, wäre es einfacher"

Wie leben Eltern und Kinder in München? In der AZ-Serie "Familie trifft München" lassen wir sie zu Wort kommen. Heute ist das Nina Mettmann, die ihren Sohn alleine großzieht.
Lea Kramer |
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Nina Mettman mit dem Lieblingsstofftier ihres Sohnes.
Petra Schramek Nina Mettman mit dem Lieblingsstofftier ihres Sohnes.

Wie leben Eltern und Kinder in München? In der AZ-Serie "Familie trifft München" lassen wir sie zu Wort kommen. Heute ist das Nina Mettmann, die ihren Sohn alleine großzieht.

München - Nina Mettmann (42) lebt seit fast zehn Jahren in München. Sie arbeitet als Buchhalterin in einer Werbefilm-Produktionsfirma. Und seit fünf Jahren gibt es da noch Leo. Ihren Sohn erzieht Nina Mettmann seit der Geburt alleine. Das ist in einer teuren Stadt wie München nicht immer einfach.

AZ: Frau Mettmann, erzählen Sie doch mal ein bisschen über sich und Ihre Familie. Wie leben Sie?
NINA METTMANN: Ich wohne mit meinem fünfjährigen Sohn Leo in Sendling. Ihr erziehe ihn alleine. Von seinem Vater habe ich mich schon vor seiner Geburt getrennt, als ich noch nicht einmal wusste, dass ich schwanger bin.

Wie war es, als Sie erfahren haben, dass Sie ein Kind bekommen, obwohl da gar kein Partner mehr an ihrer Seite ist?
In den ersten paar Stunden, nachdem ich den Schwangerschaftstest gemacht hatte, lag ich nur da und habe mich nicht bewegt. Ich war gerade meine beste Freundin in Wiesbaden besuchen. Als sie davon erfahren hat, war sie voller Freude. Das mich sofort angesteckt. Überhaupt haben sich alle über ihn gefreut - auch sein Vater. Leo war immer willkommen.

"Meinen früheren Job als Kamera-Assistentin musste ich aufgeben"

Wie hat das Kind dann Ihr Leben verändert?
Früher habe ich als Kamera-Assistentin gearbeitet. Diesen Beruf musste ich aufgeben. Man ist oft wochenlang unterwegs. Ich habe in Berlin und Wiesbaden gelebt. Nach der Geburt habe ich ein Jahr Elternzeit genommen, danach war ich arbeitslos und habe nebenbei eine zweijährige Umschulung zur Buchhalterin gemacht. Im Moment arbeite ich 30 Stunden die Woche, mein Sohn geht in der Zeit in den Kindergarten.

Das klingt nach einer organisatorischen Herausforderung. Wie sieht ein typischer Tag in Ihrem Alltag aus?
Ich stehe um sechs Uhr auf. Dann habe ich die einzige Zeit nur für mich. Ich trinke in Ruhe einen Kaffee, mache mich fertig und um sieben Uhr wecke ich meinen Sohn. Um 7.45 Uhr müssen wir in Richtung Kindergarten. Dorthin radeln wir gemeinsam. Dann fahre ich zur U-Bahn - und um neun Uhr bin ich im Büro. Ich arbeite bis 15 Uhr. Dann gehe ich Leo abholen. Gegen 16 Uhr sind wir dann zuhause. Eigentlich mache ich nie eine Mittagspause. Um 18 Uhr gibt es Abendessen, um halb acht bringe ich meinen Sohn ins Bett. Dann habe ich noch etwa zwei Stunden, um etwas zu lesen oder SMS zu beantworten. Meistens bin ich aber so müde, dass ich selbst schlafen gehe.

Ein durchorganisierter Tag. Wann haben Sie Zeit für sich selbst?
Dienstagnachmittag gehe ich regelmäßig zum Arzt. Das ist aber mit viel Organisation verbunden. Mein Sohn geht dann nach dem Kindergarten mit Freunden nach Hause oder ich habe einen Babysitter. Die nehme ich nur in Anspruch, wenn ich wirklich einen Termin brauche. Denn das ist ja alles auch mit Zusatzkosten verbunden. Auf Großeltern können wir nicht zurückgreifen, die wohnen nicht in München.

Wie unterstützt Sie der Vater in alledem?
Er spielt in der Erziehung keine große Rolle. Sein Sohn geht alle zwei Wochen für zwei Stunden zu ihm. Der Vater ist eine feste Bezugsperson für mein Kind, das finde ich wichtig. Die beiden lieben sich. Unterstützt werde ich von ihm aber nicht.

Was fehlt Ihnen denn am meisten?
Yoga vermisse ich sehr. Das mache ich gar nicht mehr. Ich hätte auch gerne einmal ein Wochenende frei. Immer mit dem Kind unterwegs zu sein erleichtert auch die Partnersuche nicht.

"Manchmal ist es gut, nicht mehr diskutieren zu müssen"

München ist teuer. Wie machen Sie das ganz alleine?
Inzwischen bezahlt der Vater Unterhalt. Das war lange Zeit nicht so und beim Jugendamt war irgendwie kein Zug dahinter - die Mitarbeiter sind überfordert. Ich kaufe viele Sachen gebraucht. Da muss man immer viel organisieren. Dafür geht dann wieder Zeit drauf, die ich nicht mit meinem Kind verbringen kann. Ich muss dann überlegen: Ist es das Wert?

In welchen Situationen fehlt Ihnen ein zweites Elternteil am meisten?
Kürzlich hat uns der Vermieter die Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt. Das war wirklich schlimm. Ich habe mir hier im Viertel jahrelang ein Netzwerk aufgebaut. Wir sind gut eingebunden, der Kindergarten ist hier. Ich wollte hier nicht weg. Die Stadt konnte mir nicht helfen. Nach langer Suche habe ich jetzt doch eine neue Wohnung für uns gefunden. Hätte ich aber einen Partner und wäre nicht Alleinverdienerin mit Kind, wäre das sicherlich einfacher gewesen.

Gibt es denn auch Vorteile, die man als Alleinerziehende hat?
Wenn es um Entscheidungen geht, bei denen man sich sehr sicher ist, ist es sicher von Vorteil, die nicht mehr diskutieren zu müssen. Aber sonst sehe ich keine. Es gibt niemanden, der mich in der Erziehung reflektiert. Ich weiß nicht: Bin ich jetzt zu streng mit meinem Sohn? Auch für ihn ist das doof. Wenn wir Zoff haben, kann er nicht einfach zu jemand anderem gehen. Was alltägliche Dinge angeht, wie beispielsweise Eintritte, hat man alleine auch nur Nachteile. Für Alleinerziehende gibt es keine Vergünstigungen. Aber selbst wenn alles manchmal anstrengend ist: Ich möchte nicht zurücktauschen!

Hier finden Sie die vorherigen Teile der AZ-Serie "Familie trifft München":

"Für Familien wie uns wir München unbezahlbar"

Neunköpfige Familie: "Schief angeschaut wird man oft"

Mit dem Camper durch Neuseeland: "Das war Familien-Therapie"

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