AZ-Olympia-Geschichten: Als Klaus Steinbach an Mark Spitz scheiterte
Muss man sich mal vorstellen: Da ist dieser Klaus Steinbach ein dermaßen überragender Sportler, dass er sich per Handabdruck in der Hall of Fame des Olympiaparks verewigen darf, und dann weiß der Ausnahmeschwimmer doch tatsächlich eine halbe Ewigkeit lang nicht, wo seine zehn Finger denn überhaupt zu sehen sind.
Erst neulich entdeckte sein in München lebender Patensohn per Zufall die Patscher seines Patenonkels zu Füßen des Olympiaturms am Ufer des Olympiasees. Steinbachs schwache Ausrede: Die Zeremonie habe damals im Olympiastadion stattgefunden, wohin die Steinplatte dann geschleppt wurde, habe er nie verfolgt.
Klaus Steinbach: selbstlos, angenehm uneitel
So ist er, der Herr Steinbach: selbstlos, angenehm uneitel. Beim Jubiläumsempfang des DOSB im Olympiapark erinnerte er unlängst gleich mal daran, dass seine Schwester damals auch eine Schwimm-Medaille gewann.
Dem olympischen Sport ist Steinbach auch nach der Silbermedaille 1972 mit der 4x200-Meter-Freistil-Staffel treu geblieben, ist nicht nur promovierter Arzt und Klinik-Direktor geworden, sondern auch ein engagierter Sportpolitiker, als Ehrenamtler wohlgemerkt. Schon 1981 war er Mitglied im Nationalen Olympischen Komitee (NOK), rückte 1997 ins Präsidium auf, gab bei den Spielen 2000 in Sydney, 2004 in Athen sowie 2006 in Turin den Chef de Mission, wurde 2002 NOK-Präsident und verantwortete die Fusion mit dem Deutschen Sportbund (DSB) zum 2006 gegründeten Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).
So rank und schlank wie er mit seinen 68 Jahren immer noch aussieht, macht er sicher auch noch viel Sport - kein Wunder, dass so einer weder Zeit noch Lust verspürt, sich um seinen uralten Handabdruck zu kümmern.
Dabei war er ja genau nebenan, in der Olympiaschwimmhalle, Augenzeuge eines bis dahin einmaligen Vorgangs geworden: Der US-Amerikaner Mark Spitz ging innerhalb von acht Tagen sieben Mal ins Wasser und holte sieben Mal Gold. Steinbach sagt: "Der war aus unserer Sicht zwar zu challengen, aber nicht zu schlagen."
Am nächsten kam Steinbach dem Überflieger noch in der langen Freistilstaffel, wo nur die USA schneller waren als das Team Deutschland West. Über 100 und 200 Meter Freistil erreichte der gebürtige Nordrhein-Westfale immerhin den Endlauf. "Nach dem letzten Wettbewerb sind wir noch zu einer Gala des Weltverbandes nach Regensburg gefahren", erinnert sich Steinbach, "und als wir zurück ins Olympische Dorf wollten, wurden wir aufgehalten, weil da die Palästinenser noch dort waren und die israelische Mannschaft in ihrer Gewalt hatten."
Olympia-Bronze für Klaus Steinbach
Vier Jahre später reichte es für Deutschlands Besten zu Olympia-Bronze mit der 4x100m-Lagen-Staffel. Mit insgesamt sieben Medaillen bei Olympia und Weltmeisterschaften war Steinbach in den 70ern einer der herausragenden deutschen Schwimmer. 25 nationale Meistertitel sowie 64 deutsche und neun Europarekorde hat er auf dem Konto. Parallel zum nicht gerade unaufwändigen Schwimmtraining gelingt es ihm auch noch, sein Medizinstudium erfolgreich abzuschließen. In der Zeit trug er einen sehr vollen Vollbart - absolut unüblich im auf jede Hundertstelsekunde ausgereizten Schwimmsport, der normalerweise kein Haar am Athleten lässt. "Vielleicht war das damals meine Art, den anderen zu sagen. 'Hey, ich nehm' das nicht mehr so ernst.' Was für eine beneidenswert gesunde und souveräne Einstellung!
Apropos gesund: Wenn bei den European Championships am 26. August die Schwimm-Wettbewerbe beginnen, treffen sich auch ein paar Ehemalige in der guten alten Olympiaschwimmhalle, "und vielleicht schauen wir nicht nur rein, sondern springen auch rein", sagt Steinbach. Man traut ihm durchaus noch eine respektable Zeit zu.