AZ-Leser berichtet: "Manchmal hätte ich weinen können"
Am Sonntag hat die Abendzeitung dieses Schreibens eines Lesers erreicht. Alexander Metz (69), früherer IT-Manager bei der Allianz, ist Autor und leitet einen Chor mit Demenzkranken. Am Samstag hat Metz das Sommerfest mit den Flüchtlingen besucht und danach diese Zeilen aufgeschrieben:
Bevor ich mir ein Urteil bilde oder gar jemanden verurteile, versuche ich, mich mit der Situation und den Menschen auseinanderzusetzen. Dies war auch der Grund, weshalb ich heute zu dem Fest für und mit Flüchtlinge/n in die Bayernkaserne hier in München ging.
Ich sah dunkelhäutige Menschen, denen man auf den ersten Blick vielleicht etwas distanziert begegnen möchte. Einen jungen Mann zum Beispiel, der nicht gerade nach Arbeit aussah. Ich sprach ihn an. Er erzählte mir in bestem Deutsch, sogar mit einem leichten bayerischen Akzent, dass er vor drei Jahren wegen des Krieges aus Syrien geflohen ist. Er macht gerade hier in München sein Praktikum als HNO-Arzt.
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Ein anderer, sehr gepflegt aussehender, junger Mann aus Syrien ist seit einem halben Jahr in Deutschland. Er arbeitet hier in Deutschland bereits bei einem Theaterprojekt mit und singt in einem Opernchor. Er liebt Mozart.
Franklin, 18 Jahre alt, erreichte vor zwei Wochen München. Er floh zusammen mit seinem jüngeren Bruder aus Nigeria. Seine Eltern und Geschwister kamen bei einem Bombenangriff ums Leben. Sein Bruder saß bei der Flucht über das Meer in einem anderen Schiff. Er hat den Kontakt zu ihm verloren. Seine Gedanken kreisen nur um seinen jüngeren Bruder, für den er sich verantwortlich fühlt. Franklin ist Christ. Er hat nur noch sich alleine.
Nach Deutschland wollte er, weil seine Mutter einmal hier war, bevor sie seinen Vater heiratete. Sie war von Deutschland und den Menschen hier sehr angetan und sagte zu Franklin, sollte er einmal das Land Nigeria verlassen, solle er nach Deutschland gehen.
Franklin teilt in der Kaserne ein Zimmer mit drei anderen Flüchtlingen. Der Ägypter in seinem Zimmer kifft und trinkt Alkohol. Das findet Franklin nicht gut. Franklin träumt davon, einmal Fußballer zu werden. Parallel dazu will er arbeiten gehen.
Wie ich im Internet recherchieren konnte, sind seine Chancen, in Deutschland bleiben zu dürfen, eher gering.
Meine Frau hat noch mit anderen Flüchtlingen aus Afrika gesprochen. Für uns war das Fest aufgrund der Gespräche mit den Betroffenen und der Schilderung ihrer Kriegserlebnisse eher traurig. Manchmal hätte ich weinen können.
Ich werde in diesem Sinne weitermachen.
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