AZ-Kommentar zum OEZ-Urteil: Das Einzige, was zählen darf, sind Fakten

Für die Hinterbliebenen der neun Mordopfer ist das Urteil viel zu mild. Doch die Erwartungen waren zu hoch. Menschlich mehr als verständlich, haben die Mütter, Väter, Geschwister und Großeltern für ihre Wut und Verzweiflung einen Adressaten gesucht. Doch der eigentliche Schuldige, der Massenmörder David S., ist tot. Philipp K., der ihm die Waffe im Darknet verkaufte, bekam stellvertretend die Rolle des Schuldigen an dieser unfassbaren, entsetzlichen Tat.
Doch das Einzige, was für ein Urteil zählen darf, sind die Fakten: Nach der langen, gründlichen Beweisaufnahme war nicht nachzuweisen, dass der Angeklagte von dem Mordplan wusste.
Opferanwälte schürten falsche Hoffnungen
Die Erwartungen, dass Philipp K. ein Leben lang hinter Gitter verbringen werde, wurden von zwei Opferanwälten geschürt. 21 Prozesstage lang streuten sie Verschwörungstheorien und Verdächtigungen, dass Ermittler und Justiz geheime Absprachen getroffen hätten. Hinzu kam: Aus Sicht der Hinterbliebenen wurde der Staatsanwalt seiner Rolle nicht gerecht. Sie meinten gar, er stünde auf der Seite des Angeklagten.
Die Folgen sind fatal: Neun Familien mit Migrationshintergrund haben durch eine rassistische Tat ihre Liebsten verloren. Und nun das Vertrauen in den Rechtsstaat. Nur wenige hörten sich die Urteilsbegründung überhaupt noch an. Dabei ging völlig unter, dass erstmals in der deutschen Justizgeschichte ein Verkäufer einer illegalen Waffe wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde.