AZ-Kommentar: Nicht länger ablehnen
Das Konzept der Stolpersteine ist nicht überall heiß geliebt. Und das gilt auch außerhalb von München. In Göttingen zum Beispiel gab es bis März keinen dieser Gedenksteine im öffentlichen Raum. Die Namen der Opfer würden so mit Füßen getreten und mit Unrat überzogen werden, war auch dort das Hauptargument der Gegner. Es ist also nicht Charlotte Knobloch allein, die Bedenken in dieser Hinsicht hat.
Wenn aber – wie es die Münchner „Initiative Stolpersteine“ verspricht – berücksichtigt wird, welche Hinterbliebenen-Familien es ablehnen und welche es begrüßen, dass einem Opfer des Nationalsozialismus mit einem der messingfarbenen Quader im Boden gedacht wird, dann sollte die Stadt die Steine nicht länger ablehnen.
Jeder Mensch muss ein unangetastetes Gefühl haben dürfen zu privaten Dingen wie Trauer und Gedenken. Dass der Stadtrat sich nicht über die Gefühle von Frau Knobloch hinwegsetzen will, spricht für dessen Rücksichtnahme. Es darf aber nicht das Hauptargument für eine Ablehnung sein. Die Aufarbeitung und Gedenkenskultur zu unserer dunklen Vergangenheit ist nur sinnvoll als gemeinschaftlicher, öffentlicher Prozess – und dafür braucht es in den Alltag eingebundene Erinnerungsmöglichkeiten. Wie die Stolpersteine eben.
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