AZ-Interview zur Obike-Aufräumaktion von Radlbauer-Chef Thomas Böttner
München - Die gelben Leihfahrräder von Obike liegen massenweise defekt am Straßenrand – der Leihfahrrad-Anbieter aus Asien ist pleite. Trotz Fristsetzung durch die Stadt reagiert nicht mehr und erklärt nicht, was mit den Fahrrädern passieren soll.
Thomas Böttner, Geschäftsführer von Radlbauer, organisiert eine Obike-Aufräumaktion.
AZ: Herr Böttner, nerven Sie die Obikes?
THOMAS BÖTTNER: Sie nerven mich, wie jeden Münchner. Wenn ich vom Büro in die Filiale fahre, komme ich an rund 100 weitgehend zerstörten Obikes vorbei. Im Englischen Garten habe ich Obikes im Wasser liegen sehen, im Gebüsch und an Laternen hängen.
Beschädigt dieser Anblick das Image des Fahrrads?
Mit Sicherheit. Das Obike ist ein mangelhaftes technisches Gerät in einem ungepflegten Zustand. So geht der Vandalismus los. Am verlassenen Obike wird gezielt Wut ausgelassen. Fahrräder sind aber kein Schrott, sondern ein wunderbares Fortbewegungsmittel.
Betriebswirt Thomas Böttner ist Geschäftsführer vom Fahrradshop Radlbauer.
Obike hat 3.000 bis 6.000 Fahrräder in München stationiert. Wie viele stehen noch?
Die aktuelle Zahl kenne ich nicht. Etliche sind verschwunden, aber Tausende verstopfen noch die Stadt. Sie werden nicht mehr benutzt und nehmen aktiven Radfahrern den Platz weg. Die Firma nimmt ihre Pflicht nicht ernst. Mit unserer Aufräumaktion wollen wir ein Zeichen setzen.
Wie sollen die Münchner Sie dabei unterstützen?
Viele Obikes sind nicht mehr gesichert und frei zugänglich. Jeder Kunde von Radlbauer, der bis Ende September ein Obike in einer Filiale abgibt, erhält als Dankeschön 100 Euro an der Kasse abgezogen, wenn er für mindestens 500 Euro einkauft. Das ist doch etwas.
Sie nehmen pro verkauftem Rad maximal ein Obike an.
Natürlich, schließlich müssen wir die Dinger noch einlagern und womöglich verschrotten. Wir bitten die Münchner, möglichst die Obikes zu bringen, die in der Natur liegen und die Stadt verschandeln.
Meinen Sie, dass Obike seine Räder bei Ihnen abholt?
Wir werden sehen. Die Fahrräder waren von Anfang an von einer völlig unakzeptablen Qualität. Sie haben Hartgummireifen und sind viel zu klein. Räder wie diese wurden in China millionenfach produziert. Hundertausende liegen nun in China auf Schrotthalden. Denn das Geschäftsmodell dahinter ist ein Schneeballsystem, durch das Investoren anfangs viel Geld verdient haben. Daraus sind aber keine funktionierenden Geschäftsmodelle geworden, so dass jetzt eine gigantische Blase geplatzt ist.
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