AZ-Interview: "Urlaub für die Zunge"
Otto Koch (62) ist Koch – sogar ein ausgezeichneter. Sein Restaurant „181” hat einen Stern. Jetzt verwöhnt er die Vips bei der Ski-WM in Garmisch. Hier spricht er über Privates, Peinlichkeiten und sein Hobby: Schießen
München - Seine „falsche Prinzregententorte” aus Pilzen und Pfannkuchen oder seine „Weißwurst von Meeresfrüchten” sind legendär. 14 Jahre hatte Otto Koch München den Rücken gekehrt, seit 15 Monaten ist er zurück – und setzt wieder Maßstäbe: Als Chef des „181” im Olympiaturm bekam der 62-Jährige im Herbst einen Michelin-Stern. Es ist bereits sein dritter, 1976 zeichnete ihn der Guide Michelin als Patron des „Le Gourmet” aus und 2001 als Küchen-Chef des Robinson-Hotelrestaurants „Koch-Art” in Zürs. Bis zum 20. Februar wird Koch mit dem Gastro-Dienstleiter Arena One während der Ski-WM für das kulinarische Wohl der Vips sorgen. Die AZ sprach mit ihm.
OTTO KOCH: Wir werden an den Wochenenden an unserer Kochbar unsere falsche Prinzregententorte, geschmorte Ochsenrippe oder unseren flambierten Torso mit Früchten anbieten. Da bin ich natürlich auch selbst dabei.
Liegt die Lust am Kochen in Ihrer Familie?
Ich bin mit Lebensmitteln groß geworden. Meine Eltern hatten ein Lebensmittelgeschäft in Gröbenzell, die Küche war direkt neben dran. Aus den Resten aus dem Laden hat meine Mutter köstliche Sachen zubereitet. Von ihr habe ich die Liebe zum Kochen, von meinem Vater das Interesse für Philosophie.
Gibt es ein Schlüsselerlebnis, warum Sie Spitzenkoch werden wollten?
Ja, das werde ich nie vergessen! Das war 1969 in der Auberge de l’Ill. Es gab frische Trüffel in Blätterteig – der Hammer! Das war ein Wahnsinns-Kick, einmal in einem Drei-Sterne-Restaurant zu sein. In Deutschland gab's ja damals noch keinen Eckart Witzigmann – und unsere Weißweine schmeckten alle süß! Kochen ist mehr als Essen zuzubereiten. An dem Abend wurde mir klar, wie glücklich man Menschen damit machen kann.
Kochen Sie zu Hause auch mal für sich allein?
Nein, da faste ich meist. Zur Zeit esse ich nur einmal am Tag: einen Apfel, zwei Orangen und Müsli zum Frühstück. Im Restaurant koste ich ja dauernd. Wir probieren ständig neue Kreationen aus.
Wie schaut Ihre private Küche aus?
Ich habe zwei: eine Experimentierküche für mich und eine etwa 24 Quadratmeter große mit einem Holztisch, die ich gerade neu gebaut habe. Dort kann ich mit sechs bis zehn Leuten zusammen kochen. Kochen ist für mich immer auch Kommunikation. Hier möchte ich auch Kurse anbieten.
Haben Sie sich beim Kochen schon mal ernsthaft verletzt?
In der Lehre habe ich mir mal in den Finger geschnitten. Da war ich sehr müde. Seitdem bin ich vorsichtig. Ich weiß, wie gefährlich das ist.
Was war Ihr größtes Koch-Fiasko?
Das war mal im ARD-Buffet, das immer freitags live gesendet wird. Bei der Probe hat alles wunderbar geklappt, aber in der Sendung ging das Soufflé nicht auf. Ich habe dem Sendeleiter gesagt, dass ich dringend einen Ersatzofen brauche. Aber der sagte, ich soll nach der Sendung kommen, er habe keine Zeit. Da war ich kurzzeitig wie gelähmt. Ich hab' hin und her überlegt, was ich machen soll. Ob ich das Ganze beim Rausnehmen einfach auf den Boden fallen lassen soll – schließlich habe ich einfach gesagt, wie's ist. Das war dann auch am besten so.
Bleibt Zeit für Hobbys?
Ich gehe ein bis zwei Mal in der Woche Schießen: mit einem Vorderlader bei der königlich privilegierten Feuerschützengesellschaft „Der Bund”. Es entspannt mich, wenn ich mich aus 25 Metern Entfernung auf einen Punkt konzentriere.
Wie halten Sie sich fit für den anstrengenden Job?
Seit Neujahr treibe ich täglich eine Stunde Sport: 20 Minuten auf dem Laufband, 20 Minuten Fahrrad und 20 Minuten schwimme ich. Ich habe zu Hause eine Gegenstromanlage. Das spart Zeit.
Gehen Sie auch mal aus zum Essen?
Ich gehe gern zu Thailändern. Die Intensität der Gewürze und der Variantenreichtum sind für mich eine Geschmacks-Explosion. Das ist wie Urlaub für die Zunge. In der europäischen Küche schmeckt es dagegen eher eindimensional: Salz, Pfeffer und der Eigengeschmack.
Ins Le Gourmet, wo Sie über 20 Jahre Küchenchef waren, kamen Promis von Franz Josef Strauß bis Elton John oder Kirk Douglas. Hat sich inzwischen rumgesprochen, dass Sie wieder in München sind?
Paul Breitner, Blacky Fuchsberger, Roberto Blanco, Katarina Witt, Lothar Matthäus und Altpräsident Roman Herzog waren schon da.
Vor wenigen Tagen haben 200 Gäste die Kino-Premiere von „Picco” im 181 gefeiert – den prämierten Film Ihres Sohnes Philip.
Ja, es ist sein Abschlussfilm an der Hochschule. Er basiert auf dem Foltermord im Gefängnis in Siegburg. Harte Kost! Ohne Pausen hätte ich es nicht ausgehalten. Gedreht wurde in der alten Haftanstalt Landshut. Es ist ein hervorragender Film. Ich bin sehr stolz auf meinen Sohn.