AZ erklärt das Verkehrs-Chaos

München - Es ist ein Wochenstart, wie er nicht sein soll. Chaos am Montagmorgen in der City. U- und S-Bahn hatten zeitgleich mit Ausfällen zu kämpfen – und das bei fiesem Herbstwetter. Das Ergebnis: Zehntausende kamen zu spät zur Arbeit. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen rund um Münchens Verkehr und den Weg zur Arbeit:
Was ist in der S-Bahn passiert?
Mitten in der Rush-Hour kam es zu einem Notarzteinsatz am Marienplatz. Um 8.10 Uhr war in der S1 Richtung Ostbahnhof ein Fahrgast ohnmächtig geworden und musste versorgt werden. Der Einsatz dauerte bis 8.50 Uhr. In dieser Zeit ging Richtung Ostbahnhof gar nichts. Die Stammstrecke war dicht.
Die Bahn fuhr ein Notprogramm, ließ einige S-Bahn-Linien in Pasing oder am Hauptbahnhof enden. So endete die S1 sogar bis kurz nach 12 Uhr am Hauptbahnhof. Die Verspätungen auf der Stammstrecke zogen sich dementsprechend bis in den Nachmittag hinein.
Wieso lahmte die U-Bahn?
„Nächste U-Bahn in 38 Minuten“, so stand es am Montagmorgen etwa an der Fahranzeige am U-Bahnhof Laimer Platz. Die U5 fuhr nicht, weil es am Odeonsplatz ab 8.30 Uhr wegen einer Signalstörung kein Grün gab. Deswegen durfte der Zug dort nicht in den Tunnel, also stauten sich die U-Bahnen weit zurück.
Gegen 11.30 Uhr war der Schaden behoben. Zeitweise durften die Züge im betroffenen Streckenabschnitt nur mit reduzierter Geschwindigkeit fahren. Daher kam es zu Verspätungen bis zu zehn Minuten. Die Anzeige am Laimer Platz („38 Minuten“) war demnach unzutreffend.
Die MVG versuchte, U-Bahnen vorzeitig wenden zu lassen, um so den Stau zu minimieren. Nur: Umsteiger vom Bus auf die U-Bahn erfuhren nicht, dass unten zeitweise nichts ging. Die Computer konnten nicht so schnell auf die neue Situation umschalten, heißt es bei den Stadtwerken: „Wir arbeiten an der Verbesserung."
Bei der S-Bahn verzögerten sich die Infos über die Verspätung, weil auch das Notfahrprogramm erst verspätet angelaufen war. „Wir hatten anfangs nicht damit gerechnet, dass der Notarzteinsatz so lange dauert“, erklärte ein S-Bahn-Sprecher.
Etwa über die kostenlose Verkehrsinfo-App der MVG fürs Smartphone. Oder im Internet über den Verkehrs-Ticker auf www.mvg-mobil.de. Einen SMS-Service gibt es nicht: Zu teuer. „Wir bauen das Webangebot aber noch mehr aus", versprechen die Stadtwerke.
Wann können Fahrgäste Geld zurück verlangen – und wo?
Bei Verspätungen ab 20 Minuten – ausgenommen Wetter, Streik, Unfall oder Falschparker als Ursache! – gibt es bei der MVG gegen Antrag (Formulare im Kundencenter oder auf der MVG-Homepage) den Wert einer Single-Tageskarte Innenraum (5,40 Euro) zurück.
Hat die S-Bahn über eine Stunde Verspätung, gibt es pauschal 1,50 Euro für Zeitkarten-Kunden. Allerdings muss man laut Service-Hotline drei Verspätungen sammeln, bevor man Entschädigungen beim Service-Center im Hauptbahnhof beantragen darf.
Warum ist bei der Informationspolitik entgegen aller Ankündigungen noch immer nicht nachgebessert worden?
Der Fahrgastverband bemängelt dies schon seit rund zehn Jahren. Dessen Sprecher Andreas Nagel sagt, da sei die Politik gefordert. Man bemühe sich um eine unternehmensunabhängige Instanz, die Informationen bereitstelle und koordiniere – aber passiert sei nichts.
Wie informiert man sich am besten über die Verkehrslage: Im Radio? Störmelder aufs Handy? Internet - wenn ja, wo?
Über die Homepage der S-Bahn (s-bahn-muenchen.de) lässt sich ein Mail-Newsletter abonnieren. Der funktionierte am Montag tatsächlich und berichtete am Morgen vom Notarzteinsatz. Auch die MVG-App fürs Handy soll über Störungen informieren. Auch auf Radio- und Internet-Meldungen achten.
Noch Zukunftsmusik: Eine App, die die aktuelle Verkehrslage liefert und zum Beispiel anzeigt, wenn man von Wolfratshausen nach München über zwei Stunden statt 57 Minuten braucht. „Die wird aber kommen“, davon ist Michael Haberland vom Autofahrer-Interessenverband „mobil-in-Deutschland“ überzeugt.
Welches Verkehrsmittel ist am schnellsten in München?
Eine generelle Empfehlung abzugeben – das sei unmöglich, sagt der ADAC-Verkehrsexperte Andreas Hölzel. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz sowie die Nähe der nächsten Haltestelle sind individuelle Faktoren.
Welches Verkehrsmittel ist am wenigsten störanfällig in München? Welches hat die meisten Verspätungen?
Laut Fahrgastverband sind Busse am unabhängigsten. Aber: Je mehr Fahrgäste zusteigen, desto stör- und verspätungsanfälliger würden auch diese Verkehrsmittel.
Die Negativ-Rangliste der Verspätungen laut Fahrgastverband: U-Bahn vor S-Bahn, Tram und Bus. Die Störungen bei der S-Bahn sind konstant, wenn nicht sogar leicht abnehmend. Fahrgastverbands-Sprecher Nagel bezeichnet die U-Bahn als Sorgenkind: Dort nähmen die Störungen zuletzt zu.
Das Fahrrad gilt in München als gute Alternative – wenn das Wetter mitspielt. Gestern war das nicht der Fall. Beim Auto stellt sich dafür die Frage nach dem Parkplatz bei der Arbeit. Der Bau von Tiefgaragen sei in München jahrelang vernachlässigt worden, sagt Haberland von „mobil-in-Deutschland“. Das mache es schwer, im Notfall aufs Auto umzusteigen. Wer’s gestern dennoch probierte, stand zudem auf dem Mittleren Ring mehr als dass er fuhr.
Wie ist das mit dem Arbeitgeber: Muss ich Verspätungen nacharbeiten?
Bei der Arbeit kann man nach verspäteter Ankunft nur auf einen verständnisvollen Chef hoffen, der entweder die Versäumnis toleriert. Oder da, wo es möglich ist, sogar sagt: „Arbeiten Sie heute von zu Hause aus.“ Rein rechtlich ist der Arbeitnehmer dafür verantwortlich, dass er pünktlich zur Arbeit erscheint. Verspätungen müssen nachgearbeitet werden oder werden vom Lohn abgezogen.
Darf ich mir ein Taxi nehmen?
Wann erstattet man mir die Kosten? Wer durch MVG-Verspätungen den letzten Anschluss nach Hause verpasst, bekommt bis 25 Euro Taxigeld von der MVG.
Formulare gibt es im MVG-Kundencenter am Marienplatz oder über die Homepage