Autofahren in München: Wild-West auf der Straße
Beleidigungen und Attacken sind an der Tagesordnung. 2620 solche Aggressionsdelikte hat die Polizei im vergangenen Jahr registriert. Das ist ein Rekordwert für München.
MÜNCHEN Dem anderen einen Vogel zu zeigen – das ist vielleicht noch die harmloseste Variante. Weitaus häufiger offenbaren die Münchner anderen, über die sie sich im Straßenverkehr ärgern, den „Scheibenwischer”. Oder den Stinkefinger.
Im schlimmsten Fall enden Auseinandersetzungen tödlich. Wie Ende August 2011 an der Albert-Rosshaupter-Straße, als ein Radler und ein Fußgänger (75) aneinander geraten waren. Der Rentner schlug zu, der Radler wehrte ab. Am Ende war der Rentner tot. Er war unglücklich gestürzt (AZ berichtete).
Der Fall ist extrem. Aber exemplarisch? Polizeivizepräsident Robert Kopp stellte am Freitag den Verkehrsbericht 2011 vor und klagte: „Wir haben mit 2620 Aggressionsdelikten den höchsten Stand seit zehn Jahren.” Das entspricht sieben Situationen täglich, in denen sich Münchner auf der Straße zoffen.
Die Zahl teilt sich auf in mehr als 1100 Beleidigungen, 431 Körperverletzungen und 226 Sachbeschädigungen. „Offenbar vergessen viele zunehmend ihre gute Kinderstube”, meinte Kopp und forderte: „Wild-West-Manieren darf es im Straßenverkehr nicht geben.” Weitere Zahlen und Trends aus der Statistik:
MEHR UNFÄLLE
Es kracht immer häufiger: 51282 Unfälle (ein Plus von fast 10 Prozent) zählte die Münchner Polizei, die auch für den Landkreis München und Teile des Landkreises Starnberg zuständig ist.
MEHR SCHWERVERLETZTE
Auch die Folgen wiegen schwer: 7832 Münchner wurden verletzt, davon 874 schwer (+ 20,6 Prozent). 2011 wurden bei Unfällen 6874 Menschen verletzt.
DIE TODESOPFER
16 Menschen kamen in München bei Unfällen ums Leben (2010: 14). Von den Verunglückten waren sechs Fußgänger, zwei Radler, vier Motorradfahrer und vier Autofahrer. Von den sechs Fußgängern waren vier Senioren.
DAS LOS DER SENIOREN
Vor allem Senioren (65 plus) sind im Verkehr sehr gefährdet: Während ihr Anteil an der Bevölkerung bei 18 Prozent liegt, ist diese Altersgruppe mit 28,6 Prozent überproportional an der Zahl der Verkehrstoten beteiligt.
DER ALKOHOL
Bei fünf tödlichen Unfällen waren Alkohol oder Drogen mit im Spiel.
DIE HÄUFIGSTE URSACHE
Zu hohes Tempo ist – wie Alkohol am Steuer und Rotlicht-Missachtung – wieder eine Hauptunfallursache. Zehn Menschen wurden in Stadt und Landkreis wegen Raserei getötet.
VERUNGLÜCKTE KINDER
103 Kinder (6 bis 14 Jahre) wurden auf dem Schulweg verletzt. Die meisten davon (31 Kinder) waren 11 Jahre alt.