Aussage des Lebensgefährten: "Wie aufgebahrt"
Nachdem am Montag bereits die Mutter der ermordeten Mädchen ausgesagt hat, schildert auch ihr Lebensgefährte die Tatnacht - und ringt um Fassung.
München - Im Prozess wegen Doppelmordes an zwei Mädchen in Krailling bei München hat der Lebensgefährte der Mutter am Montag vor Gericht die Tatnacht geschildert. Gefasst, aber immer wieder stockend, schilderte der 53-Jährige vor dem Münchner Landgericht, wie er und die Mutter am frühen Morgen des 24. März 2011 bei der Heimkehr die ermordeten Kinder fanden.
Zuerst hätten die beiden beim Heimkommen eine Dose Terpentin und dann eine Hantelstande entdeckt, die nicht in die Wohnung gehörten, sagte er. Außerdem hätten in der Küche Messer gelegen. „Waren das die Kinder, waren die nochmal auf?“, hätten sie überlegt.
Wenig später habe er seine Lebensgefährtin schreien hören. „Ich bin hinterhergelaufen“, berichtete der 53-Jährige. Im oberen Stockwerk habe die achtjährige Chiara tot zwischen Bett und Wand gelegen, die Hände verkrampft und rot. Er wisse nicht, ob es Blut gewesen sei, er habe nur die Farbe rot in Erinnerung. Er habe telefonieren wollen. 103, 110, 109, 117 – „Ich fang an zu zittern, weil mir die Notrufnummer nicht einfällt.“
Unten habe er dann die elfjährige Sharon gefunden, die „wie aufgebahrt“ auf dem Rücken am Boden gelegen habe. Er habe ihr kurz über die Wange gestrichen, die kalt war. Dass die Kinder tot gewesen seien, sei für ihn außer Frage gewesen. „Für mich stand das gar nicht zur Debatte.“
Thomas S. muss bei der Vernehmung den Raum verlassen
Eine Konfrontation mit dem mutmaßlichen Mörder blieb der Mutter und ihrem Partner erspart: Auf Beschluss des Gerichts musste der angeklagte Onkel der Schwestern während der Vernehmung den Gerichtssaal verlassen. Er konnte dessen Aussage aber durch eine Videoübertragung verfolgen. Der 51-Jährige soll in der Nacht zum 24. März vergangenen Jahres mit einem Messer, einem Seil und einer Hantelstange auf seine Nichten losgegangen sein, als diese allein zu Hause schliefen.
Der Zeuge gab an, er habe den mutmaßlichen Mörder der Mädchen nur einmal gesehen und kaum gekannt. Die 42-jährige Mutter der Mädchen hatte bereits am Montagvormittag ausgesagt. Unter Tränen schilderte sie, wie sie ihre Töchter Blut überströmt in der Wohnung fand. Während ihrer Aussage war die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen.
Laut Staatsanwaltschaft hatte der Angeklagte vor, auch die Mutter der Kinder zu töten, um so seine Frau zur Alleinerbin des Familienvermögens zu machen und seine Familie aus finanziellen Schwierigkeiten zu befreien. Er soll deshalb zuvor versucht haben, die Mutter dazu zu bringen, ihrer Schwester – seiner Frau – die Hälfte einer gemeinsamen Wohnung abzukaufen.
Die Mutter habe das nicht völlig abgelehnt, sondern darüber noch nachgedacht, sagte die Oberstaatsanwältin Andrea Titz. Nach Ansicht der Anklagebehörde fasste der 51-jährige Postbote den Mordplan, als sich die finanzielle Lage seiner eigenen Familie mit vier Kindern zuspitzte. Der Mann hat bisher vor Gericht geschwiegen.
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