Auslieferung von Demjanjuk gestoppt
MÜNCHEN/ARLINGTON - Der mutmaßliche Kriegsverbrecher John Demjanjuk wird vorerst nicht nach Deutschland ausgeliefert. Ein Einwanderungsgericht in Arlington im US-Bundesstaat Virginia habe die geplante Auslieferung nach München gestoppt.
Die Auslieferung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers John Demjanjuk nach Deutschland ist gestoppt. Sein Anwalt argumentierte, der Gesundheitszustand seines Mandaten habe sich in den vergangenen Jahren ernsthaft verschlechtert. Er leide unter anderem an einer Vorform von Leukämie und an Nierenproblemen.
Broadley sagte dem Sender, dass eine Auslieferung nach Deutschland und ein Prozess für seinen am Freitag 89 Jahre alt gewordenen Mandanten gleichbedeutend mit Folter wären. Diesem Antrag gab das Gericht statt. Ursprünglich war Demjanjuk am Montag in München erwartet worden.
Demjanjuk bestreitet die Vorwürfe
Die Staatsanwaltschaft München I wirft dem gebürtigen Ukrainer Demjanjuk vor, 1943 als Handlanger der SS im deutschen Vernichtungslager Sobibor im heutigen Polen an der Ermordung von mindestens 29 000 Menschen, darunter 1900 deutsche Juden, beteiligt gewesen zu sein. Es soll sich bei ihm um den Aufseher handeln, den die Gefangenen damals wegen seiner Grausamkeit „Iwan der Schreckliche“ nannten. Demjanjuk bestreitet die Vorwürfe.
Demjanjuk befindet sich bereits seit mehreren Jahrzehnten im Visier der Behörden. Er wanderte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs unerkannt in die USA aus. Als Ende der 70er Jahre seine mutmaßliche Mitwirkung am Holocaust bekanntwurde, lieferten ihn die USA 1986 an Israel aus.
Amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt
Dort wurde er wegen einer Tätigkeit als Wachmann im nordöstlich von Warschau gelegenen Vernichtungslager Treblinka angeklagt. Der Prozess endete 1988 mit einem Todesurteil, doch der Oberste Gerichtshof Israels sprach Demjanjuk 1993 wieder frei, weil nicht sicher geklärt werden konnte, ob er wirklich der berüchtigte „Iwan“ war.
Nach seiner Rückkehr in die USA wurde ihm aber die amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt. Dies ist nun auch die Rechtsgrundlage für Demjanjuks Abschiebung nach Deutschland. Er gilt offiziell als Staatenloser und die Bundesrepublik hat sich bereiterklärt, ihn aufzunehmen.
ddp
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