"Ausfall, Notarzt, Störung" - Sprechen Sie S-Bahnisch?
MÜNCHEN - Am Mittwoch warteten wieder tausende Fahrgäste auf verspätete Züge – diesmal „wegen eines Notarzteinsatzes auf der Stammstrecke“. Die AZ erklärt, was hinter den Durchsagen steckt
„Die S-Bahn nach München fällt aus“ – wenn die Fahrt mit so einer Durchsage beginnt, bekommen Pendler automatisch Bauchschmerzen. Dann heißt es Mantelkragen hochschlagen und warten. Wirklich schlau wird aus den Lautsprecherdurchsagen aber kaum einer. Die AZ übersetzt die Standardfloskeln.
„Wegen eines Notarzteinsatzes kommt es zu Verzögerungen“, hieß es beispielsweise am Mittwoch auf allen Linien. Das kann so ziemlich alles bedeuten, ein Unfall am Bahnsteig oder ein Selbstmörder, der sich vor einen Zug geworfen hat. Am Mittwoch war es ein Notfall an der Donnersbergerbrücke. In der S8 zum Flughafen hatte ein Passagier einen epileptischen Anfall. Ein Arzt kümmerte sich um den Patienten. Für knapp 20 Minuten war deshalb die Röhre in Richtung Osten blockiert. „Behinderungen auf der Stammstrecke wirken sich sofort auf das gesamte Netz aus“, erklärt ein Bahnsprecher, der berühmt-berüchtigte Dominoeffekt.
Wer gestern in Holzkirchen kurz nach 9 Uhr die S27 nehmen wollte, hatte noch mehr Pech. Die Bahn fiel komplett aus, was am Bahnhof durchgesagt wurde. Man erfuhr aber nicht den Grund. Normalerweise heißt es in so einem Fall: „Wegen einer Betriebsstörung“ entfalle die S-Bahn nach München. Diesmal war es ein defekter Triebwagen, ein Stromabnehmer war hinüber, ein Ersatzzug auf die Schnelle nicht verfügbar.
„Betriebsstörung“ – diesen Begriff bekommen Fahrgäste in der S-Bahn öfter zu hören. Manchmal liegt es an einem Defekt im Stellwerk, vorzugsweise am Ostbahnhof. Dort gibt es immer wieder Computerprobleme. Es könnte aber auch eine defekte Weiche sein. Die sind um diese Jahreszeit öfter durch heruntergefallene Eisbrocken blockiert.
In Geltendorf streikte kürzlich die beheizbare Weiche, weil der Gastank leer und kein Nachschub wegen des Wetterchaos zu bekommen war.
Die Durchsage „Signalstörung“ ist klar. Da klemmt ein Signal – und dann darf der Zug nicht fahren.
Der Hinweis auf einen „Polizeieinsatz“ lässt Kenner sofort aufhorchen. Dann wird es spannend. Manchmal geht es um eine Schlägerei im Bahnhofsbereich, die Verfolgung eines Straftäters oder auch darum, dass sich Menschen auf den Gleisen aufhalten.
Viele Fahrgäste ärgert es, dass die Durchsagen oft sehr vage sind. Das liegt daran, dass nicht sofort alle Informationen vorliegen. Dann geht Schnelligkeit vor Vollständigkeit. Zudem sind die Durchsagen oft vom Band – und Computer sind nicht die flexibelsten Zeitgenossen.
Ralph Hub
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