Ausfälle "nicht akzeptabel": Bahn-Chef muss sich nach Schneechaos in München verantworten

München - In unregelmäßigen Abständen müssen Verantwortliche für den Schienenverkehr in Bayern im Verkehrsausschuss des Landtags erscheinen, um zu erklären, warum wieder etwas schief gegangen ist. So war es auch am Dienstag, als es um das Schneechaos in München und Oberbayern von Anfang Dezember vergangenen Jahres ging.
Der Konzernbeauftragte der Deutschen Bahn (DB) für Bayern Klaus-Dieter Josel stieß einmal mehr auf missgelaunte Parlamentarier, deren Stimmung der CSU-Abgeordnete Martin Wagle so zusammenfasste: "Der Totalzusammenbruch befremdet. Sind wir ein Entwicklungsland?" Viele bunte Grafiken hatte Josel mitgebracht, um aufzuzeigen, warum in der Nacht vom 1. auf den 2. Dezember in Bayern der Schienenverkehr komplett zusammenbrach: wegen der in München noch nie gemessenen Schneehöhe von "fast einem halben Meter" (tatsächlich: 44 Zentimeter).
Nach Wintereinbruch im Dezember: 25 Züge immer noch nicht einsatzfähig
Der Wintereinbruch habe allein am Samstag, den 2. Dezember, dazu geführt, dass mehr als 60 Bäume auf die Gleise gefallen seien. Oberleitungen seien fingerdick vereist und hätten Kurzschlüsse verursacht, so Josel. Am Abend des 1. Dezember habe man daher um 23 Uhr aus Sicherheitsgründen entschieden: Nichts geht mehr. Der Zugverkehr im Freistaat wurde komplett eingestellt, um zu verhindern, dass Personenzüge auf freier Strecke liegen blieben und die Fahrgäste bei widrigsten Umständen evakuiert werden mussten. Josel: "Sicherheit geht vor."
Die Technik folgte der Stillstandsanordnung umgehend. Was bisher nur bahntechnisch Versierte wussten: Moderne elektrische Züge können bei Schnee und Kälte kaputt gehen, auch wenn sie sich keinen Meter bewegen. Eingefrorene und geplatzte Leitungen sowie komplett entleerte Batterien hätten 70 Züge beschädigt, berichtete Josel. 25 davon so schwer, dass sie mehr als eineinhalb Monate nach dem Ereignis immer noch nicht einsatzfähig seien, zumal in den Instandsetzungsbetrieben Personal fehle. Die Folge: Züge verkehren bis heute mit weniger Waggons.
Obwohl beheizt, versagten nach der Schilderung des bayerischen Bahn-Chefs auch zahlreiche Weichen ihren Dienst. 400 Weichen mussten von Bahnarbeitern von Hand freigeschaufelt werden. 200 Signale seien nicht mehr erkennbar gewesen.
Chaos in München und Bayern: Bahn-Beauftragter will mit Subunternehmen sprechen
Was nicht nur die Abgeordneten, sondern auch den Bahn-Chef wurmt: Etliche Bahnhöfe konnten auch dann noch nicht angefahren werden, als der Verkehr wieder einigermaßen lief, weil die Bahnsteige nicht geräumt waren. Hier werde der Teilkonzern DB Infrastruktur mit den Subunternehmen, die dafür engagiert seien, ein ernstes Wort reden müssen, deutete Josel an. Bei allem Verständnis für die witterungsbedingten Probleme könne man jedenfalls nicht hinnehmen, dass die Information der Fahrgäste während des Winterchaos dermaßen schlecht ausgefallen sei, sagte die Geschäftsführerin der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), Bärbel Fuchs.
Die staatliche BEG ist für die Bestellung des Schienenregional- und Nahverkehrs im Freistaat zuständig. Das Ausmaß der witterungsbedingten Ausfälle sei "nicht akzeptabel", fasste Fuchs zusammen. Das gab auch die Meinung der Abgeordneten wieder. Der CSU-Abgeordnete Wagle wunderte sich, warum bei zum Teil deutlich größeren Schneehöhen auch Züge in Österreich, der Schweiz und Skandinavien verkehren könnten. "Auch die haben Oberleitungen", sagte Wagle und vermutete: "Irgendwas kann da nicht richtig sein." Der Grünen-Parlamentarier Martin Büchler wies darauf hin, dass in demselben Zeitraum, zu dem in Bayern alles still gelegt wurde, in Österreich Züge bei Schneehöhen von 60 bis 70 Zentimeter verkehrten.
Büchler fühlte sich an eine ähnliche Ausschusssitzung vor fünf Jahren erinnert, als es um die Folgen eines Wintereinbruchs in Südbayern ging. Damals habe die Bahn eine Vielzahl an Maßnahmen präsentiert, die sie als Konsequenz aus den damaligen Verkehrsbehinderungen ziehen wollte. "Was ist daraus geworden?", fragte Büchler. Auch diesmal legte der Bahnbevollmächtigte Josel eine lange Liste von Dingen vor, die man in Zukunft besser machen wolle.