Ausbildungsplätze: Was die Münchner lernen

Eine gute Nachricht zu Beginn des Jahres: Nahezu jeder Münchner hat einen Ausbildungsplatz bekommen. Wie viele Stellen noch unbesetzt – und welche Berufe am beliebtesten sind.
MÜNCHEN Vor wenigen Jahren hätte man die Zahlen, die die Arbeitsagentur (ARGE) jetzt präsentiert, für unmöglich gehalten. Nahezu jeder, der sich im Ausbildungsjahr 2010/11 in München um einen Ausbildungsplatz beworben hat, hat auch einen bekommen. Zumindest wenn man nach den 82505 jungen Menschen geht, die die Hilfe der ARGE in Anspruch genommen haben. Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt haben sich gedreht. Deshalb dürfen Unternehmen jetzt nicht mehr nur nach den Schulnoten gucken.
Wie viele haben keine Ausbildungsstelle?
Nur 139 Münchner haben im vergangenen keinen Ausbildungsplatz gefunden. In Bayern sind es 581 junge Menschen, die leer ausgegangen sind. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast halbiert.
Wer fällt aus dieser Statistik heraus?
Die Statistik erfasst nur die Bewerber, die sich bei der ARGE gemeldet haben. 8000 Bewerber haben nach einem ersten Gespräch nichts mehr von sich hören lassen. Sie gelten als versorgt, obwohl man nicht weiß, wo sie abgeblieben sind.
Gibt es unbesetzte Lehrstellen?
7745 Ausbildungsplätze in Bayern sind unbesetzt, darunter 1352 in München. Damit fehlt eine erhebliche wirtschaftliche Kapazität, der Nachwuchs. An dieser Tatsache konnte nicht einmal der doppelte Abiturjahrgang und die Aussetzung der Wehrpflicht etwas ändern. Nachvermittlungsaktionen wurden heuer sogar abgesagt, denn es gibt kein Interesse von Seiten der Jugendlichen.
Wo werden noch Azubis gesucht?
Der Beruf, in dem noch die meisten Ausbildungsstellen frei sind, ist zugleich auch an zweiter Stelle, der am meisten gemeldeten Ausbildungsstellen: Der Kauffmann, die Kauffrau im Einzelhandel. Hier besteht bayernweit noch ein großer Bedarf. 759 Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt. Aber auch Köche, Bäcker und Erzieher werden noch gesucht. Bei der Post in Freising ist man händeringend auf der Suche nach Fachkräften für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen. Kundenfreundliche Praktiker sollen es sein. Gute Erfahrungen hat die Post auch mit jungen Menschen ohne Schulabschluss gemacht. Um Auszubildende anzuwerben, verteilt die Post Wurfzettel in die Briefkästen, ist auf Messen präsent und schaltet Anzeigen.
Wie viele Ausbildungsstellen kommen auf einen Bewerber?
Rein rechnerisch standen in diesem Jahr jedem Bewerber mindestens 1,09 Ausbildungsstellen gegenüber, in München sogar 1,5.
Welche Berufe sind am beliebtesten?
Bei den Männern ist es der Kaufmann im Einzelhandel, gefolgt vom KFZ-Mechatroniker. Bei den Frauen steht die Kauffrau für Bürokommunikation an erster Stelle, gefolgt von einer Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten. Trotz harter Einstellungskriterien, die von einer Mindestgröße von 1,65 Meter bis hin zu einer weißen Weste gehen, bewerben sich neun junge Menschen auf einen Ausbildungsplatz bei der Polizei. Diese neun Bewerber pro Ausbildungsplatz sind nur solche, die schon die Einstellungskriterien erfüllen. Die Bewerber durchlaufen eine Prüfung, in der logisches Denken, körperliche Leistung und Fähigkeit im Umgang mit Menschen gefragt sind. Die besten bekommen die Ausbildung.
Kann man studieren und gleichzeitig eine Ausbildung machen?
Bei dem sogenannten dualen Studium ist das möglich. Es wird abwechselnd im Betrieb gearbeitet und an der Uni studiert. Die Zahl der Jugendlichen, die eine Berufsausbildung mit einer Studium verknüpfen, hat sich seit 2009 bayernweit auf 1500 verdoppelt.
Ist eine Ausbildung in Teilzeit möglich?
In einem Pilotprojekt versucht die ARGE die Teilzeitausbildung zu etablieren, denn mehr als die Hälfte der Mütter unter 25 Jahren hat keinen Berufsabschluss. Dafür muss jedoch von Seiten der Unternehmen und des Staates finanzielle Unterstützung und Betreuungsangebote geschaffen werden.
Wie begegnet man dem regionalen Fachkräftemangel?
Durch das Pilotprojekt „Teilqualifizierung für Erwachsene“ sollen in München und Nürnberg über 25-Jährige, die keinen Berufsabschluss oder nicht die richtige Qualifizierung haben, einen Basisqualifizierung erhalten. Die ist auf den regionalen Fachkräftebedarf abgestimmt ist.
Müssen Unternehmen jetzt Bewerber anwerben?
Manche Unternehmen tun das bereits. Die zwei IKEA-Filialen in München haben heuer alle Ausbildungsstellen besetzt, weil sie Anreize für Auszubildende schaffen. Im Internet spricht die Möbelhauskette junge Menschen an: hier werden Bewerbungstipps gegeben, Azubis berichten von ihren Erfahrungen. Mitarbeiter werden vor der offiziellen Ausschreibung darauf angesprochen, im Freundes- und Bekanntenkreis zu werben. Außerdem gibt es Weihnachts- und Urlaubsgeld. So macht sich das Unternehmen für den Nachwuchs attraktiv. Wer es in diesem Jahr zu IKEA als Azubi geschafft hat, der konnte mit einer österreichischen Indie-Band einen Song aufnehmen. 47 Auszubildende singen im Hintergrund und sind im Musikvideo zu sehen. Das Image vom glücklichen Möbelhaus ist so rundum bedient.
Wie viel verdient ein Azubi?
Am wenigsten verdienen Azubis zum Maler und Lackierer, im Durchschnitt 394. Wer einen Ordnungs- oder Sicherheitsberuf wählt, verdient im Durchschnitt während der Ausbildung 923 Euro. Ein Bürokaufmann macht rund 700 Euro.