Aus Angst vor Schweinegrippe: Araber machen sich in München rar

Die arabischen Touristen lassen auf sich warten: Manche Münchner Hotels verzeichnen 50 Prozent weniger Buchungen von ihren Gästen vom Golf. Denn sie fürchten sich vor einer Ansteckung mit der Schweinegrippe.
von  Abendzeitung
Zum Shopping auf die Maximilianstraße. Eine arabische Frau mit ihren Kindern.
Zum Shopping auf die Maximilianstraße. Eine arabische Frau mit ihren Kindern. © Petra Schramek

Die arabischen Touristen lassen auf sich warten: Manche Münchner Hotels verzeichnen 50 Prozent weniger Buchungen von ihren Gästen vom Golf. Denn sie fürchten sich vor einer Ansteckung mit der Schweinegrippe.

MÜNCHEN Sie haben das Stadtbild in den vergangenen Jahren im Sommer geprägt: Araber, die mit ihren Großfamilien samt Bediensteten in die Isar-Metropole flüchteten, weil es daheim in den Golfstaaten viel zu heiß wurde. Auch jetzt ist es dort zum Teil schon über 40 Grad heiß. Trotzdem sind die Araber im Münchner Straßenbild rar. Der Grund: Angst vor der Schweinegrippe (siehe auch Interview Seite 14).

Um die Hälfte sind die Buchungszahlen im Maritim-Hotel an der Goethestraße im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. „Unsere Stammgäste bleiben aus“, sagt Hoteldirektor Richard Mayer. „Es wird schwierig für uns, das zu kompensieren.“ Ärgerlich auch, weil sich das Maritim in den letzten Jahren verstärkt auf die arabische Klientel eingestellt hat. „Im Juli und August haben wir auch eine arabische Speisekarte und arabisch-sprechendes Personal“, sagt Mayer.

„Auch bei uns sind die Buchungen zurückgegangen – in etwa um 50 Prozent“, pflichtet Hotelkollege Michael Schlüter bei. Er ist General Manager des Le Meridien in der Bayerstraße. „Im arabischen Raum wird intensiv über die Schweinegrippe berichtet, die Gäste lassen deshalb oft Frauen und Kinder daheim.“

Langsam legt sich die Hysterie

Zu dem Rückgang dürfte aber auch die Wirtschaftskrise einen Beitrag leisten. „Wir haben im Moment etwas weniger arabische Gäste“, sagt Hilton-Sprecherin Lore Steiner. „Aber wir glauben nicht, dass es wegen der Schweinegrippe ist. Wir hoffen, dass es sich noch erholt.“ Im Charles-Hotel jedoch gibt es keine Buchungsrückgänge bei den arabischen Gästen.

Tourismusamts-Sprecherin Susanne Mühlbauer hat sich direkt mit Dubai in Verbindung gesetzt: „Die Reiseveranstalter dort verzeichnen viel weniger Flüge nach München, es werden auch ganz wenig Visa für die Ausreise beantragt“, erfuhr sie. Die Angst geht um am Golf: Über die Schweinegrippe wird dort groß berichtet, auch über geschlossene Schulen. „Die Gesundheitsminister der arabischen Länder haben deswegen die Empfehlung ausgesprochen, nicht zu buchen, oder es sich gut zu überlegen“, sagt Mühlbauer. Allerdings legt sich die Hysterie jetzt. Die Buchungen für München würden wieder anziehen. „Manche arabische Gäste schreckt derzeit aber auch das miese Wetter bei uns ab.“

Weder von der Schweinegrippe noch von Schauern hat sich eine fünfköpfige Familie aus Saudi-Arabien den München-Trip vermiesen lassen. Sie schlendert über die Maximilianstraße, „wo wir drei Tage lang shoppen“, sagt der erwachsene Sohn. Dann geht es weiter in die Schweiz.

Die Russen sollen's richten

Vorerst heißt das Ziel aber Luxus. Nur ganz vereinzelt laufen Touristen aus den Emiraten und Nachbarstaaten durch die Fünf Höfe, über die Theatiner- und die Maximilianstraße. Gähnende Leere herrscht an diesem Nachmittag bei Gucci oder Jil Sander. Die gut betuchten Frauen vom Golf zieht es, wenn sie überhaupt nach München kommen, zu Dolce & Gabbana, zu Dior, Hermès oder eben zu Chanel.

Dort beraten gleich zwei Angestellte die Kundinnen auf Arabisch. Eigentlich kaum zu vermuten. Denn im Schaufenster wird in kyrillischer Schrift für das Nobel-Label geworben. Die Russen müssen’s eben richten, wenn die Araber ausbleiben.

Keinen Rückgang gibt es in München bei den arabischen Patienten in den Krankenhäusern, die ein beliebtes Ziel für medizinische Eingriffe sind. „Die Zahl unserer Kunden ist unverändert“, heißt es aus dem Uniklinikum.

Bleibt Hotels und Einzelhandel nur die Hoffnung auf die Spontaneität der Araber: „Sie sind Spätbucher“, so Susanne Mühlbauer vom Tourismusamt. „Sie reisen kurzfristiger.“ Aber bestimmt vor dem Ramadan, der am 19. August beginnt.

Barbara Brießmann, Verena Duregger

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