Augenzeugin der Prügel-Attacke: „Mike war richtig wütend“
MÜNCHEN - Jil C. (Name geändert) war dabei, als ihre Mitschüler Mike B., Ivan Z. und Benji D. einen Mann am Sendlinger Tor fast zu Tode prügelten. Der Auslöser war banal: Mike B. hatte seinen Geldbeutel verloren – und rastete aus
Der schöne laue Abend mit ihren Klassenkameraden wurde für Jil C. (Name geändert) zum Albtraum. Die Schülerin (16) sitzt am Mittwochabend mit ihren Klassenkameraden, darunter Mike B. Ivan Z. und Benji D. (alle 16), im Nußbaum-Park. Ein 18-jähriger Mitschüler hat Tequila, Wodka und Red Bull gekauft. Alle trinken.
Plötzlich geht etwas mit Mike B. vor: „Er ist plötzlich ausgerastet“, sagt Jil der „Blick“. Der Grund: „Er hatte sein Portemonnaie verloren. Das machte ihn richtig wütend.“ Kurze Zeit später muss der unschuldige Ratinger Wolfgang O. (46) dafür büßen.
Die Gruppe verlässt den Park gegen 23 Uhr. Mike, Ivan und Benji gehen etwas weiter vor Jil. Als sie kurz vor der alten ADAC-Filiale am Sendlinger-Tor-Platz steht, ist nichts mehr wie vorher: „Plötzlich schrie einer meiner Kollegen – da sah ich einen Mann am Boden liegen“, sagt Jil. „Er blutete aus dem Ohr, sein Gesicht war aufgeschürft.“
"Mike ist eigentlich ein ganz sanftmütiger Kerl"
Mike, Ivan und Benji hatten Wolfgang O. mit Schlägen und Tritten ins Gesicht krankenhausreif geschlagen. Und machen sich schnell aus dem Staub. Jil und ein Mitschüler versuchen, sich um den Verletzten zu kümmern. Passanten kommen hinzu und rufen einen Krankenwagen. „Die Leute sagten, wir sollen hier bleiben. Als Zeugen. Aber ich fühlte mich hilflos, war überfordert mit der Situation. Da gingen wir zurück in die Jugendherberge.“
Etwa um Mitternacht legt sich Jil ins Bett. Ihr Schlaf aber dauert nicht lange: Um 4 Uhr morgens klopft die Polizei an ihre Tür „Sie nahmen mich mit auf die Wache, befragten mich lange.“ Jil erzählt, was sie gesehen hat. Dann soll sie den Polizisten sagen, warum Mike B. Wolfgang O. zusammenschlug – doch da fehlen ihr die Worte. „Ich verstehe ja selber nicht, warum sie das gemacht haben.“ Gerade Mike – „eigentlich ist er ein ganz sanftmütiger Kerl.“ Der Alkohol habe ihn vermutlich aggressiv gemacht.
Am frühen Morgen darf Jil zurück zu ihrer Klasse – die Schüler packen schon zusammen: „Unser Schulleiter war sehr enttäuscht und brach die Reise ab“, sagt Jil. Mit dem Zug fahren die 19 Mitschüler Richtung Schweiz. An der Grenze: wieder Polizei. Sie sucht einen weiteren Klassenkameraden. „Sie nahmen ihn mit – ließen ihn aber wenig später wieder frei“, sagt Jil.
Die Einzigen, die im Zug fehlen, sind Mike B., Ivan Z. und Benji D.: Sie sitzen in U-Haft in Stadelheim. Dabei wünschen sie sich wahrscheinlich nichts anderes, als in der Schweiz vor Gericht zu kommen: Das Schweizer Gesetz sieht für Jugendliche eine Höchststrafe von vier Jahren vor – in Deutschland drohen ihnen bis zu 10 Jahre Haft. Viele Schweizer empört das – sie halten ihre Justiz für zu lasch. (siehe unten).
T. Gautier, R. Hub
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