Aufzug kaputt: Mann in Wohnung gefangen
Riem - Herzschrittmacher, Schlafapnoe-Syndrom nebst nächtlicher Maskenbeatmung, Vorhofflimmern, Prostatakarzinom, chronisches Lymphödem, schweres Übergewicht – und das ist leider längst noch nicht alles. Das ärztliche Urteil über Jörg Hoppe lautet so: Der Patient leidet unter „Multimorbidität“.
Verglichen damit klingt der Ärger des 67-Jährigen mit dem Aufzug in seinem Haus harmlos. In Wahrheit ist ein kaputter Lift für ihn aber lebensbedrohlich. Der gehbehinderte Jörg Hoppe muss nämlich regelmäßig zu Untersuchungen und lebenswichtigen Behandlungen außer Haus. Um aber seine Wohnung im 4. Stock der Helsinkistraße in Riem verlassen zu können, braucht Jörg Hoppe einen funktionierenden Aufzug. Genau der ist aber öfter kaputt.
Weshalb er schon mal mit dem Feuerwehr-Kran aus dem Haus geborgen werden musste. An Ostern war’s, als der Lift ausgefallen war. Schwerlastkran, Straßensperre, Großaufgebot der Feuerwehr – ein paar 1000 Euro kostete die Bergungsaktion des 67-Jährigen. Und alles nur, weil der Aufzug kaputt war. Elf Tage lang. Obwohl Hoppes Anwalt die Hausverwaltung auf die missliche Lage seines Mandanten hingewiesen hatte. Jörg Hoppe hat derzeit Pflegestufe 2, „kurz vor der 3“, sagt er. Er sei zu „300 Prozent AG“. Das heißt „außergewöhnlich gehbehindert“.
Aufgrund seines Zustands müsste er eigentlich ins Pflegeheim, aber dafür ist er noch zu jung. „Hier in meiner Wohnung geht’s mir am besten, das sagen auch alle Ärzte, die mich behandeln“, so Hoppe zur AZ. Jörg Hoppes Wohnung gehört der Gewofag und wird von der Gewofag Dienstleistungsgesellschaft mbH verwaltet. Bei der Pressestelle der Gewofag zeigt man sich erstaunt über die Wut des Mieters. Herr Hoppe wisse doch, dass er in einem solchen Fall einen Personentransportdienst anfordern könne. Die Gewofag übernehme die Kosten.
Grundsätzlich sei es so, dass „wir niemanden in seiner Wohnung festhalten und sehr darum bemüht sind, Hilfestellung zu leisten“, sagt Pressesprecherin Carmen Limbach. Da sei man „sehr sozial“. Wegen seiner Behinderung hat Hoppe einen gesetzlichen Betreuer: Oliver Sommer ist für Gesundheitsfürsorge und ambulante Versorgung zuständig. Auch er kennt Hoppes Aufzug-Problem. „Im Notfall muss ich ihm als Betreuer raten, die Feuerwehr zu benachrichtigen.“ Der 170-Kilo-Mann darf nämlich nur liegend transportiert werden. Im offenen Treppenhaus wäre das aber zu gefährlich. So wie an Ostern. Und so wie Anfang November, als ein Kind im Fahrstuhl stecken bleibt, Hoppe ist gerade im Keller. Der gerufene Monteur kann überbrücken – Hoppe gelangt nach viereinhalb Stunden auf der Kellertreppe wieder zurück in den 4. Stock. Am Tag darauf stand der Lift wieder. Diesmal waren’s zweieinhalb Tage.