Aufstand gegen die Toiletten-Schließungen

Es hagelt empörte Proteste im Rathaus: Die Stadt will fast die Hälfte der städtischen Häusl dicht machen und empfiehlt, in Gaststätten und Einkaufszentren auszuweichen.
von  Willi Bock
Ekelhaft und schmutzig: Die Stadt weiß selbst, dass der Zustand der meisten ihrer öffentlichen Klohäusl unzumutbar ist
Ekelhaft und schmutzig: Die Stadt weiß selbst, dass der Zustand der meisten ihrer öffentlichen Klohäusl unzumutbar ist © Gregor Feindt

Es hagelt empörte Proteste im Rathaus: Die Stadt will fast die Hälfte der ihrer WC-Häusl dicht machen. Sie empfiehlt, in dringenden Situationen in Gaststätten und Einkaufszentren auszuweichen

München - Es ist ein Elend um die öffentlichen städtischen Toiletten: Die meisten sind ekelhaft verdreckt, und die Stadt bekommt die Probleme nicht in den Griff. Kaum wurde jetzt bekannt, dass 34 von 72 WC-Häusl die Schließung droht, schon geht ein Proteststurm durch die Stadt. „Es ist eine Schande für die Touristenstadt und eine Zumutung für die Älteren“, klagt Stadtrat Hans Podiuk (CSU).

 


 

DIE SITUATION

Von den 73 städtischen WC-Anlagen sind drei schon zu: Amalienburgstraße, Lorettoplatz, Schwanseestraße; 56 befinden sich in oder in der Nähe von U-Bahnhöfen. Die Kosten für diese 56 teilen sich SWM und Stadt 60:40. Dazu gibt es zwei Anlagen im S-Bahn-Bereich (Rosenheimer Platz und Isartor). Die Stadt ist verpflichtet, sie zu unterhalten.

Voriges Jahr ist der Versuch gescheitert, die 73 Toiletten nach einer europaweiten Ausschreibung zu privatisieren. Die Betreiber hätten 50 Cent pro Nutzung kassieren dürfen. Aber die Interessenten verlangten zusätzlich soviel Geld von der Stadt, dass die Privatisierung teurer geworden wäre, als die Häusl zu behalten.

 


 

DIE KOSTEN

Für den Unterhalt gibt die Stadt 1,2 Millionen Euro im Jahr aus. Das ist viel zu wenig, wie das zuständige Kommunalreferat zugibt: „Die öffentlichen WC-Anlagen befinden sich überwiegend in einem unbefriedigenden Zustand.“

 


 

DIE VORSCHLÄGE

Nach einem Konzept des Kommunalreferats sollen die am wenigsten genutzten Anlagen geschlossen werden: Theresienwiese, Odeonsplatz, Waldfriedhofstraße, Milbertshofen, Stiglmaierplatz, Bavariaring, Olympiazentrum, Petuelring, Kieferngarten, Königinstraße, Studentenstadt, Neuperlach Süd, Gollierplatz, Elisabethplatz, Herkomerplatz, Am Nockherberg.

Und die U-Bahnhöfe Harthof, Großhadern, Kolumbusplatz, Messestadt-Ost, Forstenrieder Allee, Haderner Stern, Obersendling, Josephsplatz, Am Hart, Hasenbergl, Karl-Preis-Platz, Brudermühlstraße, Dülferstraße, Lehel, Candidplatz, Richard-Strauss-Straße, Böhmerwaldplatz, Friedenheimerstraße.

Manche könnten gerettet werden, wenn ein Privater sie in Verbindung mit einem Kiosk betreiben wolle. Ärger gibt es schon im Vorfeld um die Ausweichempfehlungen: In Gaststätten, Einkaufszentren, Alten- und Servicezentren, Bürgerbüros oder Bibliotheken sollen man gehen.

Die Stadt schlägt auch vor, dass die Stadtwerke ihre Häusl selbst sanieren. Doch die wehren sich. Sie haben sogar nach der Modernisierung der Münchner Freiheit das WC geschlossen, weil sich kein Betreiber fand.

 


 

DIE PROTESTE

Es hagelt Proteste im Rathaus. „So viele empörte Anrufer sind selten“, sagt Stadtrat Podiuk. Viele wollen, dass die Stadtwerke ihre Häusl selbst sanieren – schließlich verdienten sie auch an den MVV-Kunden mit. Es gibt auch Berichte vom Lorettoplatz, wo sich Ältere in ihrer Not in die Büsche schlagen.

Der Hotel- und Gaststättenverband protestiert ebenfalls: Dort, wo viele Touristen sind, sei es „unzumutbar“, die Menschen auf die Toiletten von Gaststätten zu schicken. In kleineren Orten könne das funktionieren, aber nicht in einer Millionenstadt. Die Entscheidung soll am 7. Juli fallen. Bis dahin diskutiert die Stadt die Pläne mit den Bezirksausschüssen.

 

 

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