Aufstand der "Unanständigen"

Der Bund Naturschutz und das Aktionsbündnis "Aufgemuckt" haben am Samstag gegen den Bau der dritten Startbahn im Erdinger Moos und zahreiche andere Verkehrsprojekte im Freistaat protestiert - statt der erhofften 15 000 kamen maximal 10 000. Und hinter den Kulissen gibt's politischen Streit.
von  Abendzeitung
Kundgebung auf dem Marienplatz: 8000 Demonstranten haben  am Samstag gegen den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen und zahreiche andere Verkehrsprojekte in Bayern demonstriert.
Kundgebung auf dem Marienplatz: 8000 Demonstranten haben am Samstag gegen den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen und zahreiche andere Verkehrsprojekte in Bayern demonstriert. © Gregor Feindt

MÜNCHEN - Der Bund Naturschutz und das Aktionsbündnis "Aufgemuckt" haben am Samstag gegen den Bau der dritten Startbahn im Erdinger Moos und zahreiche andere Verkehrsprojekte im Freistaat protestiert - statt der erhofften 15 000 kamen maximal 10 000. Und hinter den Kulissen gibt's politischen Streit.

Gemeinsam gegen Großprojekte: Mehr als 10 000 Menschen haben nach Veranstalterangaben in München gegen den Bau der dritten Startbahn im Erdinger Moos, den Ausbau des Flughafens Oberpfaffenhofen, die geplante A94 durchs Isental und zahlreiche weitere Infrastrukturprojekte im Freistaat demonstriert. Erwartet worden waren bis zu 15 000 Teilnehmer, die Polizei sprach sogar von lediglich 8000 Demonstranten.

Der friedliche Kundgebungs-Zug führte am Samstag vormittag vom Marienplatz über den Altstadtring zum Odeonsplatz. Die Redner der insgesamt 60 Bürgerinitiativen aus ganz Bayern nahmen die Politik der Landesregierung ins Visier und riefen dazu auf, die CSU bei der Landtagswahl in drei Wochen abzuwählen: „Das Maß ist voll! Die Regionen stehen auf – auch wir sind Bayern“, rief Hartmut Binner von der Freisinger Initiative „Aufgemuckt“ gegen die Startbahn den Demonstranten zu. „Für die Regierung und für uns gilt: Wahltag ist Zahltag – wählen Sie die dritte Startbahn ab!“, sagte er.

Besonders rieben sich die Demonstranten an der Äußerung Becksteins, ein anständiger Bayer wähle CSU: „Ich bin einer von den Unanständigen“, bekannte sich (ausgerechnet) Kurt Bayer, Vize-Chef des bayerischen Landesverbands des Verkehrsclub Deutschland. „Und ich glaube, viele andere sind es auch - oder werden es bis zum 28. September noch werden.“

Ministerpräsident Günther Beckstein hatte am Tag vor der Demo angekündigt, den Bau der dritten Startbahn weiter vorantreiben zu wollen: „Nur mit einer exzellenten Infrastruktur werden wir in Bayern das hohe Niveau bei Wachstum und Beschäftigung halten können“, sagte er bei der Freiabe der A73 in Lichtenfels. Und auch CSU-Chef Erwin Huber sagte am Samstag, dass die Weiterentwicklung des Flughafens München „von zentraler Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Bayern“ sei.

Vor allem Becksteins Aussage wertete Christian Magerl, Vorsitzende des Bund Naturschutz in Freising und grüner Landtagsabgeordneter als „Kampfansage“. Er wandte sich aber nicht nur gegen die bayerische Staatsregierung, sondern kritisierte auch - ohne diesen namentlich zu nennen – Münchens Oberbürgermeister Christian Ude: Er sei „entsetzt über die schizophrene Haltung der Landeshauptstadt“, die gegen den Ausbau des Flughafens Oberpfaffenhoffen sei, „uns aber im Moos eine dritte Startbahn aufs Auge drücken will“.

"Es gibt eine massive Verärgerung"

Die Stadt München ist mit 23 Prozent am Münchner Flughafen beteiligt. Prominente Sozialdemokraten – wie SPD-Chef Franz Maget und Freisings OB Dieter Thalhammer waren der Kundgebung ferngeblieben. Einzige SPD-Vertreter auf der Schlusskundgebung am Marienplatz waren Mitglieder des Ortsvereins Freising. Die Genossen fühlen sich ausgegrenzt und durch die Rede des Grünen-Abgeordneten Magerl brüskiert: „Thalhammer hat gesagt: Ich mache doch keinen Wahlkampf für die Grünen. Das ist auch mit ein Grund, warum nicht so viele wie erwartet gekommen sind“, erklärt Ortsvereinsvorsitzender Peter Warlimont. „Es gibt eine massive Verärgerung“, schildert er die Seelenlage der SPD im Flughafen-Umland.

Dabei sei – vor allem die Münchner – SPD der „politische Schlüssel“, um über ihren Einfluss auf die Flughafen GmbH die dritte Startbahn noch zu kippen. „Ich halte das nicht für ausgeschlossen“, sagt Warlimont, der sich auf seine gute Kontakte zu den Münchner Genossen beruft.

Georg Thanscheidt

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