"Auf rechtsradikale Provokationen reagiert": Alt-OB Christian Ude will Bündnis in München wiederbeleben

München - In den Jubel über die und den Stolz auf die Riesen-Demo vom Sonntag mischen sich inzwischen auch einige Zwischentöne. Darüber, dass explizit linke Gruppen die insgesamt recht bürgerliche Masse genutzt hätten, um ihre Forderungen zu stellen. Das war schon bei OB Dieter Reiter (SPD) herauszuhören, als er in der AZ die "inhaltliche Schwäche der Wortbeiträge und die Tonalität einiger Rednerinnen" kritisierte.
Es treibt auch die CSU um, aus der es heißt, die linksradikalen Kräfte sprächen doch nicht für die Masse der Demonstranten. Und nun bringt sich auch Alt-Oberbürgermeister Christian Ude in die Debatte ein – mit einer konkreten Forderung.
Auch die CSU in München will die Forderung von Christian Ude unterstützen
In einem Interview mit der "SZ" hat Ude angeregt, das alte "Bündnis für Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat" aus seiner Amtszeit wiederzubeleben. Wie Ude der AZ sagte, hat er auf diese Forderung am Dienstag bereits sehr viele positive Reaktionen bekommen.
Auch die CSU teilte bereits mit, die Forderung zu unterstützen. In dem Bündnis waren einst die Glaubensgemeinschaften, alle Gewerkschaften und Jugendverbände, Wohlfahrtsverbände und Universitäten über viele Jahre vernetzt – und reagierten etwa auf rechtsextreme Anschlagspläne wie auf die Grundsteinlegung der Synagoge mit gemeinsamen Demonstrationsaufrufen.
Christian Ude: "Jedes Mal, wenn es sein musste, auf rechtsradikale Provokationen reagiert"
Ude sieht einen direkten Zusammenhang zwischen der Arbeit des damaligen Bündnisses und der Tatsache, dass in den Jahren seiner Amtszeit die Zahl der rechten Stadträte im Rathaus von sechs auf einen gesenkt worden sei. "Wir haben jedes Mal, wenn es sein musste, auf rechtsradikale Provokationen reagiert", betonte Ude im Gespräch mit der AZ.

Was hätte das Bündnis anders gemacht, hätte es in seiner alten Form für die Demonstration am Sonntag geworben? "Wir hätten nur um dieses eine Thema geworben", sagte Ude, "das Thema ist der Rechtsradikalismus und die Umfrageergebnisse für die AfD".
Dass die Ampelparteien "mit drei völlig integren Parteien" von der Bühne mit genau so einer Vehemenz kritisiert worden seien wie die Rechtsradikalen, findet Ude falsch und kontraproduktiv. "Es ist eine mir bekannte Taktik vom linken politischen Rand, da die Botschaften einzuschmuggeln, für die niemals so viele Menschen auf die Straße gegangen wären", sagte Ude.
Alt-OB Ude: "Politische Breite bei antifaschistischen Protesten wichtig"
Gegen diese Kritik wehrt sich etwa die Linkspartei. Politische Breite sei bei antifaschistischen Protesten wichtig, sagt die Münchner Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke. "Das darf aber nicht dazu führen, nicht mehr über das politische Versagen von Regierenden und den Zusammenhang von sozialen Kürzungen und dem Aufschwung der Faschisten sprechen zu dürfen."
Die Demonstration als Symbol der Massen fand Ude übrigens trotzdem wunderbar und richtig, sie habe das politische Klima in der Stadt mit einem Schlag geändert. Doch Ude hofft auf das alte, neue Bündnis. "Das demokratische Spektrum sollte die Organisation solcher Veranstaltungen nicht zufälligen Akteuren überlassen", sagte er.
Warum das Bündnis nach seiner Amtszeit eingeschlafen ist, da mag er nicht mutmaßen. Aber er würde sich in einem solchen Forum nochmal aktiv einbringen? "Da will ich mich nicht aufdrängen", sagt Ude. Und klingt dabei sehr deutlich so, dass er gerne mitwirken würde. Wenn ihn denn wer fragen sollte.