Auf in den Radl-Frühling: Die neuen Trends

Recycling, 3D-Druck und Fernbedienung: Der Pressedienst Fahrrad stellt im Verkehrszentrum die neusten Trends der Zweirad-Branche vor Unterschiede im Preis sind erfahrbar.
von  Carmen Merckenschlager
Fast schon mehr Auto als Radl: das "FS 200 Life Family". Der Innenraum ist teils ausgeschaumt und soll so Kinder besonders gut schützen.
Fast schon mehr Auto als Radl: das "FS 200 Life Family". Der Innenraum ist teils ausgeschaumt und soll so Kinder besonders gut schützen. © Daniel von Loeper

München - Gute Nachrichten für Fahrrad-Begeisterte: Die durch die Pandemie entstandenen Lieferengpässe sind vorbei. "Jetzt ist eine gute Zeit zum Fahrrad kaufen", sagt Gunnar Fehlau, Radl-Enthusiast und Gründer der "Pressedienst Fahrrad GmbH". Jährlich stellt Fehlau markenübergreifend die neusten Trends und Errungenschaften in der Fahrradtechnik vor. Am Montag machte er halt im Verkehrszentrum des Deutschen Museums.

Neben allen Spielereien werden die Fahrräder wieder etwas leichter und schmaler – ob mit oder ohne Akku. Sicherer werden sie ebenso, und die Anforderungen ähneln immer mehr denen an einen Kleinwagen. Das spiegelt sich auch in den Preisen wider: Wer eines der neuen Modelle haben möchte, muss dafür einiges an Geld in die Hand nehmen.

City und Transport

In den vergangenen Jahren seien Fahrräder immer bulliger geworden – nicht zuletzt, weil die E-Bikes noch größere Akkus brauchten. Davon verabschiedet sich der Trend wieder etwas. "Ein Fahrrad soll auch mal die Treppen zur U-Bahn getragen werden können", sagt Fehlau.

  • Ein E-Bike, welches den Pressedienst begeistert hat, ist beispielsweise das "UBN Five" der Firma Riese & Müller (ab 4.899 Euro). Das Fahrrad wiegt unter 20 Kilo, kommt dennoch etwas mächtiger daher. Zum nicht ganz kleinen Preis sagt Fehlau generell: "Die Unterschiede im Preis sind erfahrbar."
  • Noch mehr Ähnlichkeit mit einem SUV hat das "FS 200 Life Family". Ein elektrisches Lastenrad der deutschen Firma CA Go für schlappe 8.290 Euro. Das ist kein einfaches Lastenrad mehr, sondern ein gepolstertes und ausgeschäumtes Transportgefährt für Kinder und die gesammelten Einkäufe. "Das ist ein Familienfahrzeug", erklärt Fehlau.
Fast schon mehr Auto als Radl: das "FS 200 Life Family". Der Innenraum ist teils ausgeschaumt und soll so Kinder besonders gut schützen.
Fast schon mehr Auto als Radl: das "FS 200 Life Family". Der Innenraum ist teils ausgeschaumt und soll so Kinder besonders gut schützen. © Daniel von Loeper
  • In den vergangenen Jahren beliebter wurde außerdem der Tretroller – auch ohne elektrische Unterstützung. "Der bietet sich hervorragend für die last mile an (Anm. d. Red. "die letzten Meter")", erklärt der Experte. Für 169,99 Euro sei der "Speedus One" der Firma Puky zu haben.
  • Auch im Bereich der Transporttaschen schreitet die Entwicklung voran. Durch unkomplizierte Click-Systeme lassen sich beispielsweise Gepäckträger oder Lenkertaschensysteme einfach am Fahrrad montieren.
Die "Handlebar Pack Plus": Die Halterung für die Tasche lässt sich einfach am Lenker befestigen. Die Tasche kostet 120 Euro.
Die "Handlebar Pack Plus": Die Halterung für die Tasche lässt sich einfach am Lenker befestigen. Die Tasche kostet 120 Euro. © Daniel von Loeper

Reise und Sport

  • Für den Radurlaub vor der Haustür konnte sich der Pressedienst für ein Carbon-Gravelbike (engl. gravel = Schotter) begeistern. Das "Camino Pro" kostet 3.099 Euro und lässt sich auch abseits von befestigten Straßen und auf längeren Ausflügen gut fahren.
  • Mountainbikes gibt es nicht nur für Erwachsene. Der Markt für Kinder-Mountainbikes wächst stetig. Auch davon hat der Pressedienst einige unter die Lupe genommen. Neu kosten die Modelle zwischen 300 und 400 Euro. Bei Kinder-Mountainbikes lohnt es sich laut Fehlau allerdings, nach einem gebrauchten Modell Ausschau zu halten.
  • In den vergangenen Jahren wurden laut Gunnar Fehlau die Pedale vernachlässigt. Deshalb hat er ein Modell dabei, welches sich abhebt. Fast flache Trittflächen inklusive schmirgelpapierartiger Oberfläche sorgen laut dem Rad-Spezialisten für optimale Druckverteilung und verbesserte Fußausrichtung. (PT Pedale von Ergon für 49,95 Euro).

Nachhaltigkeit

Die geht auch an der Fahrradbranche nicht vorbei. Eine besondere Herausforderung ist das Recyceln von Reifen. Der Hersteller Schwalbe will dieses Jahr mit dem ersten Serienreifen aus recyceltem Ruß auf dem Markt punkten.

  • Ebenfalls spannend: Eine Hose aus Abfallöl, welches bei der Herstellung von Reifen entsteht. Die "Yara Zip-Off Pants" von Vaude (160 Euro).
  • "Die meisten von uns waschen ihr Fahrrad wohl nicht in der Badewanne", sagt Fehlau. Eher werde im Hof sauber gemacht, dabei fließen Reste des Reinigungsmittels in die Kanalisation. Der Markt lösungsfreier Reiniger werde stetig größer. Der Fahrradreiniger "Bike Wash" (500ml für 9,99 Euro) ist pflanzenbasiert und biologisch abbaubar.
  • Das deutsche Unternehmen Busch & Müller stellt Beleuchtungen her und arbeitet an nachhaltigen und ganzheitlichen Lösungen. Dabei werden auch neue Fertigungsverfahren ausprobiert. So bietet die Firma mittlerweile einen Scheinwerfer-Adapter aus dem 3D-Drucker an.

Sicherheit

Nicht nur der Helm bietet Sicherheit. Damit das Radl nicht geklaut wird, sind auch Schlösser und Ortungssysteme für den Pressedienst relevant. "Auf allen Seiten wird aufgerüstet", weiß Fehlau. Nicht nur die Sicherheitsmaßnahmen würden besser, auch die Diebe seien immer gewiefter.

  • Der bewegungssensitive Fahrradalarm ertönt, wenn das Gefährt unerlaubt bewegt wird. Via Bluetooth kann das Fahrrad außerdem geortet werden. Der "Scout" der Firma Knog kostet 59,99 Euro.
  • Auch die Entwicklung der Lichter ist nicht stehengeblieben. Mit dem "Dart E Brex" (44,90 Euro) kann sich der Radler ein Brems- und Notbremslicht ans (E-)Bike schnallen.
  • Helmtechnisch ist Fehlau vom "Hud-y" der Firma Abus überzeugt (139,95 Euro). "Den trage ich selbst", sagt er. Der magnetische Riemenverschluss sei leicht zu öffnen und ebenfalls magnetisch befestigen lässt sich ein Rücklicht am hinteren Teil des Helms.

Zukunft der Mobilität

Digitalisierung ist auch bei Fahrrädern ein großes Thema. l Das Schweizer Unternehmen Fit sucht nach Lösungen, um Soft- und Hardware eines Fahrrads miteinander zu verbinden. Durch die "E-Bike-Systemintegration" kann das Display über nötige Wartungsintervalle informieren. Ein mit der Technik ausgestattetes E-Bike kann über eine Fernbedienung aktiviert werden.

  • Besonders begeistert ist Fehlau vom Lastenrad "Multitinker" für 5.699 Euro. "Das ist die Zukunft der Mobilität", findet er. Durch einen verlängerten, besonders stabilen Gepäckträger lassen sich Personen bis zu 65 Kilo transportieren.
  • Eher Spielerei für absolute Fahrradliebhaber ist die "Speedmachine" von HP Velotechnik für 8.690 Euro. Das einspurige Liegerad schafft eine Unterstützung von 45 Kilometer pro Stunde. "Das ist ein Heidenspaß. Kann aber auch gefährlich sein", sagt Fehlau.

Gunnar Fehlau: Ein Nomade auf zwei Rädern

Für den Termin am Montag ist Gunnar Fehlau (49) ausnahmsweise mit dem Auto angereist. "Bei manchen beruflichen Terminen geht es nicht anders", sagt er. Sonst macht Fehlau alles nur noch mit dem Fahrrad. Wenn er nicht auf zwei Rädern unterwegs ist, schläft er im Zelt: Der 49-Jährige lebt für ein Jahr lang quasi draußen in ganz Deutschland.

"Ich habe meinen Hausstand aufgelöst und bin seitdem mit dem E-Cargobike unterwegs", erzählt er. Das ganze nennt er "Workpacking"; eine Wortneukreation aus "Homeoffice und Bikepacking". Er arbeitet mit seinem Smartphone und seinem Laptop von unterwegs, reist mit seinem Fahrrad nur mit Minimalgepäck.

Vor dem Verkehrszentrum an der Schwanthalerhöhe führt Gunnar Fehlau noch das einspurige Liegerad "Speedmachine" vor. Auf seiner Tour fährt er mit einem elektrischen Lastenfahrrad.
Vor dem Verkehrszentrum an der Schwanthalerhöhe führt Gunnar Fehlau noch das einspurige Liegerad "Speedmachine" vor. Auf seiner Tour fährt er mit einem elektrischen Lastenfahrrad. © Daniel von Loeper

Für Gunnar Fehlau ist es ein Experiment. Am 2. Januar startete er in Göttingen, Ende Dezember will er zurück sein. Seine Stationen ziehen sich durch ganz Deutschland: Frankfurt, Köln, Berlin, München, Hamburg.

Noch scheint er frisch und motiviert, ob das so bleibt, wird sich zeigen. Für Fehlau ist es ein Experiment. "Ich habe mich dazu entschieden, Arbeit und Abenteuer zu verbinden. Bisher ist es eine tolle Erfahrung", sagt er.

Fehlaus Strecke lässt sich im Internet unter www.workpacking.de verfolgen.

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