Auf die Knie gesunken
Nachträglich gratuliert: Das Staatsorchester besucht seinen ehemaligen Chef Wolfgang Sawallisch in Grassau.
Wolfgang Sawallisch war gerührt. Nach dem Ständchen zum 85. Geburtstag, das ihm Kent Nagano und Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters ein wenig verspätet in seinem Altersruhesitz Grassau gebracht hatten, ergriff er das Mikrofon und meinte: „So herrlich, wie ihr den langsamen Satz der Brahms-Serenade musiziert habt – ich weiß nicht, ob ich das geschafft hätte. Und ich kenne das Stück!“
Kent Nagano war vor dem greisen Maestro bereits zuvor auf die Knie gesunken: „Sie haben uns das Tor zur Zukunft geöffnet und uns damit das größte Geschenk gemacht, das man geben kann.“ Viel Prominenz samt Fernsehen war in den Chiemgau gekommen, um dem langjährigen Chefdirigenten und Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper artig die Ehre zu erweisen. Kunstminister Thomas Goppel, verspätet wegen eines Staus auf der Autobahn, konstatierte liebevoll: „Bayern liegt Ihnen zu Füßen.“ Staatsopernchef Nikolaus Bachler streute Rosen: „Sie haben dieses Haus nachhaltig geprägt. Und das ist gut so.“ Andere, wie Landtagspräsident Alois Glück, die designierte Intendantin der Dresdner Semperoper Ulrike Hessler oder der ehemalige EMI-Chef Peter Alward sagten nichts – und das war ebenfalls gut so.
Denn so kam dann doch noch die Musik zu ihrem Recht. Markus Wolf und Roland Metzger spielten Mozarts „Sinfonia Concertante“ energisch und ohne romantische Allüren. Danach die vom Jubilar zu Recht gefeierte erste Serenade von Brahms. Ein Stück, das Kent Nagano am Herzen zu liegen scheint. Selten hat man ihn so engagiert erlebt. Plötzlich spielte die missliche Akustik des kleinen Saals im Gasthof zur Post keine Rolle mehr. Da wurde aus vollem Herzen musiziert: für einen, der sich um Münchens Oper nun wirklich verdient gemacht hat – und für einen guten Zweck. Die Einnahmen erhält die Wolfgang-Sawallisch-Stiftung, die besonders talentierte Schüler der Musikschule Grassau unterstützt. „Georg, das Stiftungsschwein“, eine Sparbüchse draußen an der Kasse, hatte allen Grund, sich zu freuen.
Volker Boser