Auch bei ausbleibender Zahlung: Nur die Polizei darf Mieter rauswerfen
München - Mit manchen Dingen rechnet man nicht am Mittwochnachmittag. Zum Beispiel damit, dass der Schlüssel zur eigenen Wohnung plötzlich nicht mehr sperrt. Allerdings lässt sich das Rätsel schnell einordnen, wenn am Tag zuvor die Vermieterin telefonisch, Kündigung und Räumung angekündigt hat. So erlebte es ein Mieter im vergangenen Mai im Westend.
Als der Mann nun also vor seiner verschlossenen Wohnung stand, rief er zunächst die Polizei an, über deren Vermittlung es zu einem Treffen von Mieter und Vermieter vor besagter Wohnung kam. Der Zutritt zur Wohnung blieb verweigert, die Beamten waren in der Zivilsache nicht zuständig.
So machte der Mieter zu späterer Stunde von seinem Recht Gebrauch, in die eigene Wohnung einzubrechen, und wurde am nächsten Tag von Mitarbeitern der vermietenden Firma dort angetroffen. Die riefen nun ihrerseits die Polizei, allerdings waren die Beamten auch in der Sache einer Wohnungsräumung nicht zuständig. Da nun die Türe offenstand, schlüpften die Mitarbeiter der Vermieterin in die Wohnung und setzten die angekündigte Räumung in die Tat um und schafften die Möbel des Mieters fort.
Knackpunkt ist die Regelung der Selbstjustiz
Eine Vorgehensweise, die freilich eher unkonventionell ist – und auch unzulässig, wie das Amtsgericht jetzt geurteilt hat. Damit bestätigte das Gericht auch eine einstweilige Verfügung, die dem Mieter unmittelbar nach dem Rausschmiss im Mai zugesprochen worden war.
Knackpunkt ist die Regelung der Selbstjustiz, die hier von beiden Seiten Anwendung fand. Im Fall des sich wieder Zutritt zur Wohnung verschaffenden Mieters ist sie rechtmäßig, sie fand unmittelbar nach dem Rauswurf statt – hätte er abgewartet, hätte auch der Mieter den Rechtsweg beschreiten müssen. Bis in die Nacht, als der Vermieter weg war, durfte er warten. Die Selbstjustiz der Vermieterin allerdings, also die eigenmächtige Räumung der Wohnung ist unzulässig. Die ist nur per Gerichtsbeschluss möglich. Die Vermieterin ist in diesem Fall gesetzlich dazu verpflichtet, die Wohnung wieder an den Mieter zu übergeben und auch mit seinen Möbeln wieder so herzustellen, wie sie vorher war.
Die Vermieterin begründet ihr Vorgehen damit, dass der von vorne herein befristete Mietvertrag abgelaufen und die Mietzahlungen vom Jobcenter eingestellt worden waren. Allerdings, äußerte das Gericht Zweifel an der Wirksamkeit der Befristung.
Die ganze Geschichte wurde dann noch zusätzlich um die Fundstücke erweitert, auf die die Mitarbeiter der Vermieterin in den Schränken stießen. Dort fanden sich comicartige Zeichnungen, die den Mieter in den Verdacht des Besitzes kinderpornografischer Schriften brachten. Nach eigener Angabe bewahrte er diese für seinen Bruder auf.
Da von den Zeichnungen aber keine Gefahr für Leib und Leben anderer ausging – wie es beispielsweise bei Waffen der Fall gewesen wäre – sah das Gericht deren Auffindung auch nicht als relevant in der Streitsache um die Wohnung im Westend an.
"Der Vermieter kann den Mieterschutz nicht dadurch aushebeln, dass er den Mieter mit Gewalt aus der Wohnung holt. Gerade auf einem Wohnungsmarkt, der derart angespannt ist, wie der in München, kann ein Verhalten, wie das der Beklagten schlicht nicht gedultet werden", heißt abschließend es im Urteil des Amtgerichts.
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