„Atomkraft verletzt die Menschenrechte“
MÜNCHEN - Heute werden die beiden Anti-Atom-Aktivisten Jillian Marsh und Manuel Pino mit dem „Nuclear-Free Award 2008“ im Alten Rathaussaal in München geehrt – für ihren Kampf gegen Uranabbau und Umweltzerstörung.
Manuel Pino ist ein Läufer zwischen Himmel und Erde. In seiner Kultur dient das Rennen nicht nur der körperlichen Ertüchtigung, sondern ist Meditation und Kommunikation mit der unsichtbaren Welt. Er kommt aus „Sky City“, wie Touristenführer seine Heimat Acoma Pueblo bezeichnen. Doch die Wirklichkeit rund um das Lehmziegeldorf der Tewa-Indianer westlich von Albuquerque im US-Staat New Mexico sieht seit Jahrzehnten weniger himmlisch aus. In der Nachbarschaft des Dorfes auf dem steilen Tafelberg, wo Pino 1950 geboren wurde, entstand damals die größte Tagebaumine zur Uranförderung der USA.
„Keine Gefahr für die Bevölkerung“, lautete die Auskunft der Behörden. Schon als Jugendlicher, als Pino manchmal mehrmals täglich auf den Tafelberg rannte, glaubte er der Propaganda der Minenbetreiber nicht: Der Wind trug den Läufern den radioaktiven Staub der Halden entgegen und viele kleine Kinder seines Volkes erkrankten an Krebs.
"Unsere Kinder erkranken an Krebs"
Seit den 70er Jahren engagiert sich Manuel Pino deshalb als Umweltaktivist gegen die Atomindustrie. Als Professor der Soziologie in Scottsdale in Arizona versucht er auch seine Studenten für die dramatischen Folgen des Uranabbaus zu sensibilisieren.
Heute wird Manuel Pino gemeinsam mit der australischen Umweltaktivistin Jillian Marsh mit dem „Nuclear-Free Future Award 2008“ im Alten Rathaussaal in München ausgezeichnet. „Es geht leider alles wieder von vorne los. Seitdem die Atomlobby Kernkraft als Klimaretter verkauft, werden wieder neue Uranminen eröffnet – besonders auf indianischem Boden in South Dakota und New Mexico“, sagt Pino zur AZ. „Und wir Indianer sind wieder die ersten Opfer: Unser Grundwasser wird verseucht und unsere Kinder erkranken an Krebs.“ Dabei seien die Folgen des früheren Uranabbaus noch nicht einmal behoben: „Die alten Uranhalden verursachen nach wie vor eine hohe Strahlenbelastung und viele Krebstote.“
1998 hatte der Münchner Journalist Claus Biegert den „Nuclear-Free Future Award“ ins Leben gerufen. Längst hat sich die Auszeichnung zum international wichtigsten Antiatompreis entwickelt (www.nuclear-free.com). „Die reichen Industrieländer betreiben bis heute einen Nuklearkolonialismus“, kritisiert Biegert: „Atomkraft verletzt Menschenrechte.“ Betroffen sind meist die Ureinwohner. Deshalb fordert die Preisträgerin Jillian Marsh als Aborigine von den „Neubürgern“: „Alle Australier müssen ihr Denken entkolonisieren und als Bürger erwachsen werden und lernen, Verantwortung zu übernehmen.“
Michael Backmund
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