Asbest-Alarm in Bogenhausen

Beim Abbau der giftigen Wandplatten an fünf Hochhäusern geht alles schief : 400 Wohnungen sind betroffen, die Bewohner haben Angst um ihre Gesundheit, einer hat Strafanzeige erstattet
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Betreten verboten: Der Rasen vor den Häusern in der Buschingstraße ist gesperrt - hier liegt das Lungengift.
Gregor Feindt Betreten verboten: Der Rasen vor den Häusern in der Buschingstraße ist gesperrt - hier liegt das Lungengift.

Beim Abbau der giftigen Wandplatten an fünf Hochhäusern geht alles schief : 400 Wohnungen sind betroffen, die Bewohner haben Angst um ihre Gesundheit, einer hat Strafanzeige erstattet

MÜNCHEN Alina D. und ihre Freundin Sabine L. wollen nur noch weg von hier. Die jungen Frauen aus der Parkstadt Bogenhausen haben je eine kleine Tochter, Sabine L. erwartet bald ein zweites Kind. Die Buschingstraße ist aber gerade kein guter Ort für Kinder: Warnschilder stecken im Rasen vor den vierzehnstöckigen Türmen, drumherum flattern rot-weiße Absperrbänder: Asbest-Alarm.

Die 24-jährige Alina D. wohnt in einem der fünf Hochhäuser in der Buschingstraße, Sabine L. (27) lebt im Nebengebäude. In der letzten Juliwoche rückte eine Dachdeckerfirma aus Emmering an und montierte an den Häusern Nummer 41, 43, 45, 65 und 69 Dutzende quadratmetergroße Platten ab. Der Kabelfernsehbetreiber „Kabel & Medien Service“ wollte darunter neue Leitungen verlegen.

Das Problem: Die Platten bestehen aus dem krebserregenden Stoff Asbest – und sie liegen alle genau neben Fenstern und Balkonen. Die Arbeiter der Firma trugen keine Gesichtsmasken und keine Schutzanzüge, berichtet Sabine L. – dabei flexten sie manche der giftigen Platten ab, die Spuren sind noch heute an den Gebäuden zu sehen. Der Staub wirbelte herum, drang in offene Fenster und legte sich auf die Balkone.

Die Anwohner ahnten nichts. „Wir wurden überhaupt nicht informiert“, sagt Alina D. Das Gewerbeaufsichtsamt hatte auch keine Ahnung – dabei „wäre es die Pflicht der Firma gewesen, die Arbeiten anzuzeigen“, sagt die Amtssprecherin zur AZ. Erst als ein Bewohner dem Amt einen Tipp gab, stoppten die Beamten den Bau. Ein weiterer Bewohner hat Strafanzeige gegen den Firmenchef erstattet.

Das Gewerbeaufsichtsamt erließ einen Bußgeldbescheid in Höhe von rund 1000 Euro wegen Verstößen gegen Arbeitsschutzgesetz, Chemikaliengesetz und Gefahrstoffverordnung: Der Bauleiter konnte keine mehrjährige Erfahrung mit Asbest-Arbeiten nachweisen, seine Männer waren vor den Arbeiten nicht medizinisch untersucht worden.

„Das ist aber unbedingt nötig, weil Menschen mit Lungenkrankheiten viel gefährdeter sind“, so die Amtssprecherin. Die Bewohner hätten auch benachrichtigt werden müssen – damit sie wenigstens ihre Fenster schließen können. „Das ist hier wohl nicht passiert“, sagt die Sprecherin.

Jetzt fragen sich die Bewohner der 400 Wohnungen: Ist unsere Gesundheit in Gefahr? Genaue Untersuchungen gab es bis jetzt nicht. Auch der Geschäftsführer des Auftraggebers „Kabel & Medien Service“, Günther Ernstberger, kann nur hoffen, dass niemand unter dem Pfusch leiden muss – genau weiß er es nämlich nicht: „Ich ging davon aus, dass die Firma sich damit auskennt“, sagt er zur AZ. „Wir hoffen jetzt, dass keiner zu Schaden kommt.“

Seit dem 20. November montiert eine neue Firma die Platten wieder an die Hausmauern – diesmal vorschriftsmäßig, unter den wachsamen Augen der Gewerbeaufsicht. Ein Bewohner im Haus 45 traut dem Frieden trotzdem nicht: Er hat seinen Balkon mit einer blauen Plastik-Plane abgedeckt. Thomas Gautier

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