Anwohner am Haken

MÜNCHEN - After-Urlaubsschock: Eine Münchnerin stellt nach ihrer Rückkehr entsetzt fest, dass ihr Auto abgeschleppt wurde, obwohl es ordnungsgemäß abgestellt war. Ursache: Es war dem Hans-Sachs-Straßenfest im Weg. Glück im Unglück: Den Strafzettel muss sie nicht bezahlen, da ihr Auto vor dem Urlaub korrekt geparkt war.
Böse Überraschung nach dem Urlaub: 14 Tage war Vivian D. (27) am Strand. Als sie nach der Rückkehr am Sonntag nach ihrem Auto schaute, stellte die Münchnerin geschockt fest: Es war weg! Ein Anruf bei der Polizei brachte Gewissheit: Der Wagen, der – korrekt mit Parklizenz – im Glockenbachviertel abgestellt war, wurde letzte Woche abgeschleppt. Weil er dem Hans-Sachs-Straßenfest im Weg war.
Ein teurer Ärger. „Ich habe extra in der Ickstattstraße geparkt, weil in der Hans-Sachs-Straße immer wieder Feste stattfinden“, berichtet die Münchnerin. Ab vom Schuss fühlte sie sich sicher vor Problemen mit kurzfristigen Parkverboten. Dass auch dort für das Fest vom letzten Samstag abgeschleppt werden würde, hätte Vivian D. nie gedacht. Und außerdem: „Mein Parken war korrekt. Ich kann doch schließlich nicht in die Zukunft schauen!“
Kurze Hoffnung
Auch der Polizist, der sie am Telefon mit der Abschleppnachricht beglückte, pflichtete dieser Einschätzung bei: Die Autobesitzerin müsse unbedingt Beschwerde gegen die Abschleppkosten einlegen. Schließlich sei in einer Liste dokumentiert, dass ihr Wagen dort schon vor der ersten Hinweis-Aktion auf das befristete Parkverbot abgestellt gewesen sei. Vivian D. schöpfte kurzfristig Hoffnung. Schließlich ging’s um ganz schön viel Geld: 238 Euro hatte sie an der Verwahrstelle in Trudering bezahlen müssen, um ihr Auto wieder zu bekommen.
Dazu kam noch ein 25 Euro- Knöllchen. Aber aus dem Gratis-Abschleppen wird nichts. Denn, so Polizeisprecher Christoph Reichenbach: Vivian D. muss zahlen wie die anderen sieben Autobesitzer, deren Untersatz im Rahmen des Straßenfestes an den Haken genommen wurde. Rechtlicher Hintergrund ist ein Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichts aus dem Jahr 1996. In dem heißt es in schönstem Beamtendeutsch:
Verletzung der Sorgfaltspflicht?
„Die Wirksamkeit eines ordnungsgemäß aufgestellten Verkehrszeichens hängt nicht von der subjektiven Kenntnisnahme des davon betroffenen Verkehrsteilnehmers ab.“ Und: „Es verstößt grundsätzlich nicht gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit, wenn ein zunächst erlaubtermaßen geparkter Kraftwagen vier Tage nach Aufstellen eines Halteverbotszeichens auf Kosten des Halters abgeschleppt wird.“
Anders gesagt: Wer vier Tage lang nicht nach seinem Auto schaut – oder Freunde, Verwandte oder Bekannte damit beauftragt –, verletzt seine Sorgfaltspflicht. Denn, so Polizeisprecher Reichenbach: Der Straßenraum in einer Großstadt sei in einem so stetigen Wandel begriffen, dass man als Halter nicht annehmen dürfe, es könne sich in vier Tagen nichts ändern. Einziger Lichtblick für Vivian D.: Ihren Strafzettel muss sie nicht bezahlen – weil sie ja ursprünglich korrekt geparkt hatte.
Rudolf Huber