Anwalt zweigt Mandantengelder für sich ab

70-Jähriger zeigte sich selbst an. Ihm werden 69 Fälle der Untreue vorgeworfen. Schaden: Fast 350 000 Euro.
John Schneider |
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München - Der 70-Jährige kann sich selber nicht erklären, wo das ganze Geld geblieben ist. Sagt er. Immerhin dreht es sich um fast 350 000 Euro, die Hans K. (Name geändert) aus Rechtsstreitigkeiten für sich abgezweigt hat, statt sie seinen Mandanten zukommen zu lassen. 69 Fälle der Untreue sind angeklagt.

Immer und immer wieder bohren Richterin und Staatsanwalt in der Verhandlung am Montag vor dem Landgericht nach. Die Antwort bleibt immer dieselbe: Dass er Mandantengelder – seine Kunden waren vor allem große Versicherungsgesellschaften   – für sich abgezweigt hat, gibt Selbstanzeiger Hans K. durchaus zu. Dass er damit in Saus und Braus gelebt hat, bestreitet er.

„Ich habe weder einen Porsche gekauft, noch eine Villa im Tessin erworben.“ Das mag sein. Dafür hat er aber im Dreitage-Rhythmus jeweils hunderte von Euro abgehoben. Geld, dass eigentlich nicht ihm gehörte, sondern seinen Mandanten zustand.

Wozu die großen Barabhebungen, will Richterin Elisabeth Ehrl wissen. Was Hans K. aber als Erklärung anbietet (zum Beispiel, dass das viele Geld bei Reisen zu Auswärtsterminen verbraucht wurde) überzeugt die Richterin nicht.

„Um Löcher zu stopfen“, springt seine Anwältin Birgit Schwerdt dem ehemaligen Anwalt zu Seite. In einer Art Schneeballsystem befriedigte der Anwalt die Forderungen von Mandanten, die ihn am meisten dazu drängten. Der Rest schaute in die Röhre.

Seine Zulassung hat der 70-Jährige inzwischen zurückgegeben. „Mein Mandant ist ein guter Jurist, aber die Buchhaltung hatte er nie im Griff“, erklärt Schwerdt. Wo die 350 000 Euro geblieben sind, kann sie aber auch nicht restlos klären. Jedenfalls hat ihr Mandant gelernt, bescheidener zu leben. „Ich komme jetzt mit 420 Euro aus, die mir die Stadt zahlt.“

Zuvor berichtete Hans K. dem Gericht noch, wie er als Anwalt in der Kanzlei seines Vaters angefangen hat, wie er zum Alkoholiker wurde, dass er sich das Trinken aber wieder abgewöhnt hat und dass er zwei Lebensgefährten durch Krankheiten jeweils sehr plötzlich verloren hat.

Möglich, dass der Tod des zweiten Partners ihn aus der Bahn geworfen hat. Aber auch das bleibt an diesem Tag Spekulation.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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