Anwalt ohne Robe: Richter setzt Prozess aus

München Um es vorwegzunehmen: Alle Prozessebeteiligten hatten Roben an. Das wäre an sich nicht der Rede wert, wenn nicht der Robenzwang am Donnerstag das zentrale Thema der Verhandlung am Oberlandesgericht gewesen wäre.
Geklagt hatte Norman Synek (48). Der Münchner Anwalt war in einer Zivilsache am 10. November 2014 nach Augsburg gefahren. Doch die Verhandlung dauerte nur zwei Minuten. Der Amtsrichter brach die Verhandlung ab. Begründung: Anwalt Synek hatte keine Robe dabei.
„Ich stand da wie ein Depp. Wie ein Schuljunge wurde ich nach Hause geschickt“, erbost sich der 48-Jährige bis heute. Für ihn auch deswegen besonders peinlich, weil er seinen Mandanten erst kurz zuvor zum ersten Mal getroffen hatte.
Synek klagte gegen das Vorgehen des Richters, verlangte 700 Euro Schadenersatz – und verlor. Das Augsburger Landgericht entschied im Sommer, dass der Richter im Recht war. In Augsburg bestehe ein Gewohnheitsrecht, das für Anwälte auch in Zivilsachen das Tragen der Robe vorsehe.
Synek ging in Berufung und durfte sich jetzt freuen. Schadenersatz wird er zwar nicht bekommen, weil es schwer nachzuweisen sei, dass der Richter grob fahrlässig handelte, aber das Gewohnheitsrecht Robenzwang kippte der Senat.
Der Vorsitzende Richter Thomas Steiner kritisierte das wenig einfühlsame Verhalten des Richters und gab Synek Recht. Das alte Gewohnheitsrecht sei inzwischen von der Zeit und einem Paragrafen der Berufsordnung für Rechtsanwälte überholt worden. Dort heißt es unter anderem: „Eine Berufspflicht zum Erscheinen in Robe besteht beim Amtsgericht in Zivilsachen nicht.“
Das gilt jetzt wohl auch für Augsburg.